Entscheidungsstichwort (Thema)

ZVK-Verfahren Brot- und Backwarenindustrie industrielle Herstellung von tiefgefrorenen Backwaren

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Betrieb zur industriellen Produktion halbfertiger, tiefgefrorener Backspezialitäten wird vom fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse für die Beschäftigten in der Brot- und Backwarenindustrie dann erfasst, wenn die Produkte mit Waren aus dem Angebot der handwerklichen Bäckereien auf dem Markt unmittelbar konkurrieren (hier: Backwaren zum Aufbacken bzw. Fertigbacken).

 

Normenkette

TVG § 1; ZVK-TV Brot- und Backwarenindustrie § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 08.04.2005; Aktenzeichen 12 Ca 8668/04)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 08.04.2005 – 12 Ca 8668/04 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin einen Beitrag zur Zusatzversorgung zu zahlen.

Die Klägerin ist eine gemeinsame Einrichtung des Verbandes der Deutschen Brot- und Backwarenindustrie und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten aufgrund des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse für die Beschäftigten der Brot- und Backwarenindustrie in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin-West in der Fassung vom 28.06.1996 (im Folgenden: ZVK-TV). Zweck der Zusatzversorgungskasse ist es, aus den ihr zufließenden Mitteln Beihilfen zur Erwerbsunfähigkeitsrente oder zum Altersruhegeld zu zahlen. Die Regelungen zum Geltungsbereich in § 1 ZVK-TV lauten:

  1. „Räumlich:

    Für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin-West im Geltungsbereich des Grundgesetzes vor dem 3. Oktober 1990.

  2. Fachlich:

    1. Für Betriebe der Brot- und Backwarenindustrie sowie Betriebe, die Brot- und Backwaren vertreiben und verkaufen (Verkaufsstellen), insbesondere für Mitglieder der Industrie- und Handelskammern mit Ausnahme der dem Revisionsverband Deutscher Konsumgenossenschaften angeschlossenen Unternehmen mit Bäckereien.
    2. Erfasst werden auch solche Betriebe, die im Rahmen eines mit den unter Nr. 1 erfassten Betrieben bestehenden Zusammenschlusses – unbeschadet der gewählten Rechtsform – ausschließlich oder überwiegend für die angeschlossenen Betriebe nach Nr. 1 die kaufmännische Verwaltung, den Vertrieb, Planungsarbeiten, Laborarbeiten oder Prüfarbeiten übernehmen, soweit diese Betriebe nicht von einem speziellen Tarifvertrag erfasst werden.
  3. Persönlich:

    Für alle Arbeitnehmer der vom fachlichen Geltungsbereich erfassten Betriebe – ausgenommen sind Arbeitnehmer, die unterhalb der sozialversicherungsrechtlichen Geringfügigkeitsgrenze (§ 8 SGB IV) beschäftigt werden.

Gemäß § 4 ZVK-TV ist der Arbeitgeber verpflichtet, in jedem Kalenderjahr 0,66 % der Entgeltsummen des Vorjahres, die von den dem Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften angeschlossenen Berufsgenossenschaften für die Berechnung des Beitrages zur gesetzlichen Unfallversicherung zugrunde gelegt werden, spätestens bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres an die Klägerin zu zahlen. Der hinsichtlich des Geltungsbereichs gleichlautende und ebenfalls allgemeinverbindliche Verfahrenstarifvertrag bestimmt in § 3 Abs. 2 Satz 3, dass für Beiträge, die nach dem 31. Dezember eines Geschäftsjahres bei der Zusatzversorgungskasse eingehen, Verzugszinsen in Höhe von 4 % erhoben werden.

Die Beklagte stellt in ihrem Betrieb im C.er Stadtbezirk O. tiefgefrorene Backspezialitäten her „Backwaren mit Frischegarantie”) und vertreibt diese Produkte. Dabei handelt es sich nach der zu den Akten gereichten Artikelliste vor allem um Semmeln und Brötchen, Brötchenspezialitäten, Partygebäck (Minibrötchen), Baguettes, feine Butterbackwaren, fertiggebackene Butterbackwaren, traditionelle Backspezialitäten wie Ciabatta, Laugenbrezeln usw., Snacks (u.a. sog. Pizza-Zungen), Kirmesbrötchen, gefüllte Baguettes, Strudel und Blätterteig sowie Cash & Carry-Produkte (vgl. zum Sortiment: Bl. 89 ff. und Bl. 98 ff.). Abnehmer der Produkte der Beklagten sind sowohl Großverbraucher als auch der Einzel- und Großhandel. Im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg ist als Gegenstand des Unternehmens die Herstellung und der Vertrieb von frischen und gefrosteten Backwaren aller Art und die Führung aller hiermit in Zusammenhang stehenden Geschäfte genannt. Die Beklagte wirbt in ihrem Internetauftritt „mit einem anspruchsvollen und vielseitigen Backwarenangebot für Großverbraucher, Caterer und Händler.”

Die Beklagte beschäftigt in dem Betrieb insgesamt 180 Arbeitnehmer, davon ca. 70 % in der Produktion. Der Produktionsleiter ist ein im Fachbereich Stärke ausgebildeter Lebensmitteltechniker. Die Fertigung läuft im Dreischichtbetrieb ab. Es gibt drei Schichtleiter, die über eine Ausbildung als Elektriker bzw. Schlosser verfügen. Unter den 14 Maschinenbedienern befinden sich ein Bäckermeister, sieben Bäcker, ein Konditor, v...

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