Entscheidungsstichwort (Thema)

„Alt”-Arbeitnehmer i.S.v. § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA. Keine Verdrängung der Definitionen der §§ 6 und 7 TVöD. Wechselschicht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Übergangsregelung des § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA, wonach die darin aufgezählten Tarifverträge über Schichtlohnzuschläge für gewisse „Alt”- Arbeitnehmer „einschließlich der zu ihrer Anwendung maßgeblichen Begriffsbestimmungen” einstweilen weitergelten, kann nicht als eine die Definitionen der §§ 6 und 7 TVöD allgemein und umfassend verdrängende Anordnung der Fortgeltung der Begriffsbestimmungen des alten Tarifrechtes (hier des vormals einschlägigen BMT-G) ausgelegt werden. Diese Begriffsbestimmungen gelten vielmehr nur insoweit fort, als es bei Anwendung der in § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA genannten Tarifverträge auf sie ankommt.

2. Deshalb richtet sich auch für einen „Alt”-Arbeitnehmer i.S.d. § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA die Frage, ob er Wechselschichtarbeiter ist, weil er in der dafür erforderlichen Häufigkeit und Regelmäßigkeit Nachtarbeit geleistet hat, und deshalb seine gesetzlich vorgeschriebenen Pausen gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 TVöD in die Arbeitszeit einzurechnen sind, ausschließlich nach den Definitionen des § 7 TVöD.

 

Normenkette

TVöD § 6 Abs. 1 S. 2, § 7 Abs. 1 S. 3; TVÜ-VKA § 23 Abs. 2; TV FDGHG

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 11.09.2008; Aktenzeichen 6 Ca 3325/08)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 11.09.2008 – 6 Ca 3325/08 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Auslegung tarifvertraglicher Regelungen im Hinblick auf die Frage, ob Pausenzeiten des Klägers zu bezahlen sind.

Der Kläger ist seit Jahren bei der Beklagten im Schichtdienst tätig. Auf das Arbeitsverhältnis sind die jeweils für die Beklagte maßgebenden Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anwendbar.

Die Beklagte erbringt Bodenabfertigungsdienstleistungen am Flughafen Düsseldorf. Sie ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen (KAV). Aufgrund besonderer firmentarifvertraglicher Regelungen galt bei ihr noch bis zum 31.12.2007 das alte Tarifrecht des öffentlichen Dienstes, d. h. im Falle des Klägers der BMT-G nebst ergänzender Tarifverträge. Zum 01.01.2008 fand die Überleitung in den „Tarifvertrag öffentlicher Dienst für den Dienstleistungsbereich Flughäfen” (TVöD-F) statt. Rechtliche Grundlage hierfür bildete der „besondere Überleitungstarifvertrag für Beschäftigte der Flughafen Düsseldorf Ground Handling GmbH in den TVöD-F” (TV FDGHG) vom 01.12.2007. Wegen dessen Inhalt wird auf die von Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 24.06.2008 als Anlage zu den Akten gereichte Kopie Bezug genommen.

§ 6 TVöD-F normiert die regelmäßige Arbeitszeit und enthält unter Abs. 1 Satz 2 die folgende, dem Wortlaut des vormals geltenden § 14 BMT-G entsprechende Regelung:

„Bei Wechselschichtarbeit werden die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen in die Arbeitszeit eingerechnet.”

§ 7 TVöD-F lautet auszugsweise wie folgt:

„(1) Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen Beschäftigte durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen werden.

Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, Werktags, sonntags und Feiertags gearbeitet wird.

Nachtschichten sind Arbeitsschichten, die mindestens zwei Stunden Nachtarbeit umfassen.

(5) Nachtarbeit ist die Arbeit zwischen 21:00 Uhr und 6:00 Uhr.”

Gegenüber den Begriffsdefinitionen des vormals geltenden § 67 BMT-G enthält diese Regelung insoweit eine Neuerung, als nunmehr der Begriff der Nachtschicht explizit definiert ist und der Beginn der Nachtarbeit von vormals 20:00 Uhr auf 21:00 Uhr verschoben wurde.

Für den Kläger galt im Jahre 2008 der von ihm mit der Klageschrift als Anlage K1 vorgelegte Jahresdienstplan. Danach hatte er immer wieder Arbeit in Schichten zu leisten, die nach 23:00 Uhr endeten und deshalb den Begriff der Nachtarbeit im Sinne des § 7 Abs. 5 TVöD-F erfüllten. Es ist auch unstrittig, dass diese Arbeitsschichten nach dem Dienstplan so häufig und regelmäßig anfielen, dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 TVöD-F für Wechselschichtarbeit erfüllt waren. Deshalb machte der Kläger, dessen Pausen in Übereinstimmung mit den bislang geltenden Tarifbestimmungen nicht bezahlt worden waren, für die in der Zeit vom 01.01.2008 bis 31.03.2008 geleisteten Schichten unter Berufung auf den seit dem 01.01.2008 geltenden TVöD-F Vergütung der Pausenzeiten geltend.

Die Beklagte verweigerte dies unter Hinweis auf § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA in Verbindung mit § 2 Abs. 17 TV FDGHG.

§ 23 Abs. 2 TVÜ-VKA hat folgenden Inhalt:

„Bis zum In-Kraft-Treten der Entgeltordnung gelten für Beschäftigte gemäß § 1 Abs. 1, auf die bis zum 30. September 2005 der Tarifvertrag betreffend Wechselschicht- und Schichtzulagen für Angestellte vom 01. Juli 1981, der Tarifvertrag betreffend ...

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