Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung. Ersatzmitglied des Betriebsrats. Amtsunfähigkeit des Betriebsratsmitglieds bei Arbeitsunfähigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein arbeitsunfähig erkranktes Betriebsratsmitglied ist regelmäßig zugleich auch unfähig sein Betriebsratsamt auszuüben.

2. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung liegt nicht vor, wenn das zweite Ersatzmitglied des Betriebsrats wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des ersten Ersatzmitglieds einen Termin im Zusammenhang mit seiner Betriebsratstätigkeit wahrnimmt.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1; BetrVG § 25 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 28.07.2003; Aktenzeichen 14 Ca 4390/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 28.07.2003 – 14 Ca 4390/03 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung seitens der Beklagten.

Durch Urteil vom 28.07.2003 – 14 Ca 4390/03 –, auf das hiermit zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Düsseldorf der Kündigungsschutzklage des Klägers entsprochen und antragsgemäß festgestellt,

dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 28.04., außerordentlich zum 28.04.2003 oder ordentlich zum 30.09.2003 beendet worden ist.

Mit der hiergegen fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter.

Von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes wird nach der vorliegend gebotenen Anwendung der Regelung des § 69 Abs. 2 ArbGG unter Bezugnahme auf den Inhalt der von den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Völlig zu Recht hat das Arbeitsgericht aufgrund zutreffender Würdigung des Sachvortrages der Parteien mit überzeugender und gleichsam fundierter rechtlicher Begründung der Kündigungsschutzklage antragsgemäß entsprochen. Auf die das Entscheidungsergebnis in jeder Hinsicht tragenden Gründe des angefochtenen Urteils, denen die erkennende Berufungskammer folgt, kann deshalb gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zunächst verwiesen werden.

Gegen die kündigungsrechtliche Würdigung des Arbeitsgerichts wendet sich die Beklagte ohne Erfolg. In Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Berufungsangriffen gelangt die erkennende Berufungskammer ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die von der Beklagten in erster Linie am 28.04.2003 ausgesprochene außerordentliche Kündigung in tatsächlicher Hinsicht nicht auf einen wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB gestützt wird und die gleichzeitig hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung ebenfalls einer hinreichenden sozialen Rechtfertigung aus verhaltensbedingten Gründen i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG entbehrt und somit als rechtsunwirksam anzusehen ist.

Insbesondere ist das Arbeitsgericht aufgrund nicht zu beanstandender Würdigung des erstinstanzlichen Sachvortrags zu dem Ergebnis gelangt, dass vorliegend nicht von einem pflichtwidrigen verhalten des Klägers anlässlich der Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben am 24.04.2003 ausgegangen werden kann. Dem ist auch unter Berücksichtigung des im Berufungsverfahren wiederholten Sachvortrags der Beklagten beizupflichten. Der von ihr erhobene Vorwurf, der Kläger habe am 24.04.2003 als zweites Ersatzmitglied im Betriebsrat keine Betriebsratstätigkeit wahrgenommen und deshalb seinen Arbeitsplatz unberechtigt verlassen, weil der arbeitsunfähig erkrankte Mitarbeiter P als erstes Ersatzmitglied nicht verhindert gewesen sei, die anstehende Betriebsratstätigkeit wahrzunehmen, ist jedenfalls nicht geeignet, eine objektive Arbeitspflichtverletzung des Klägers in diesem Zusammenhang darzutun. Denn der Kläger beruft sich zur Rechtfertigung der von ihn an diesem Tage wahrgenommenen Betriebsratstätigkeit auf die unstreitige Arbeitsunfähigkeit des ersten Ersatzmitglieds und die daraus zugleich abzuleitende Amtsunfähigkeit seines Kollegen. Nur wenn es der Beklagten gelungen wäre, die vom Kläger eingewandte Amtsunfähigkeit des ersten Ersatzmitgliedes, die aufgrund der bestehenden Arbeitsunfähigkeit sogar zu vermuten ist, zu widerlegen, könnte die Annahme einer objektiven Arbeitspflichtverletzung seitens des Klägers gerechtfertigt sein. Den Nachweis einer bestehenden Amtsfähigkeit des ersten Ersatzmitgliedes hat die Beklagte aber auch im Berufungsverfahren nicht erbringen können. Allein die Tatsache, dass der arbeitsunfähig erkrankte Mitarbeiter P auf Aufforderung der Beklagten am 24.04.2003 vormittags im Betrieb erschienen ist und ein Schreiben der Beklagten an den Betriebsrat in Empfang genommen hat, ist noch kein überzeugungskräftiges Indiz dafür, dass Herr P generell und insbesondere auch für die weitere an diesem Tag noch anstehende Betriebsratstätigkeit, die Wahrnehmun...

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