Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Zustimmungsverweigerung nach § 38 MVG.EKD

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die gemäß § 38 Abs.3 S.5 des Mitarbeitervertretungsgesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG.EKD) erforderliche Begründung einer Zustimmungsverweigerung muss so gefasst sein, dass der Arbeitgeber erkennen kann, worauf es der Mitarbeitervertretung ankommt. Wird die Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung nach Ablauf der Probezeit verweigert, so muss die Begründung es als möglich erscheinen, dass die Kündigung gegen eine Rechtsvorschrift, eine arbeitsrechtliche Regelung, eine andere bindende Bestimmung oder eine rechtskräftige Entscheidung verstößt (vgl. § 41 Abs.2 MVG.EKD). Eine Zustimmungsverweigerung, die lediglich erklärt wird, weil sich der Arbeitgeber weigert, die Zahlung einer Abfindung anzubieten, entfaltet keine Wirkung. In diesem Fall gilt die Zustimmung gemäß § 38 Abs.3 S.1 MVG.EKD als erteilt.

2. Fehlt es mangels ausreichender Begründung an einer wirksamen Zustimmungsverweigerung, so kann der Arbeitgeber kündigen, ohne zuvor das Kirchengericht anzurufen.

 

Normenkette

MVG.EKD §§ 38, 41 Abs. 2, § 60 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Oberhausen (Urteil vom 07.07.2011; Aktenzeichen 4 Ca 1877/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.04.2013; Aktenzeichen 2 AZR 299/12)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 07.07.2011 – AZ: 4 Ca 1877/10 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten ordentlichen Kündigung.

Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter der G & A T. Waisenhausstiftung (Schuldnerin). Diese führte ein Waisenhaus. Zuletzt wurde dort eine Wohngruppe mit einer 24-stündigen Betreuung und eine Tagesgruppe mit einer Nachmittagsbetreuung schulpflichtiger Kinder betrieben. Die am 26.12.1954 geborene Klägerin war bei der Schuldnerin seit dem 01.10.2006 als Diplom Sozialpädagogin mit einer Wochenarbeitszeit von 19,25 Stunden gegen ein monatliches Bruttoentgelt von zuletzt 1.624,97 EUR beschäftigt. Arbeitsvertraglich wurde zudem die Geltung des Kirchlichen Arbeitsvertragsrechts für Angestellte – Bundesangestelltentarifvertrag vom 23.02.1961 – in der jeweils im Bereich des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland geltenden Fassung (BAT-KF) vereinbart.

Die Schuldnerin beschäftigte zuletzt vier Vollzeitkräfte, drei Arbeitnehmer/innen mit mehr als zwanzig und nicht mehr als dreißig Stunden wöchentlich sowie einschließlich der Klägerin sechs Mitarbeiter/innen mit nicht mehr als zwanzig Stunden/Woche. Des Weiteren wurde eine Betriebspraktikantin beschäftigt.

Im Betrieb der Schuldnerin wurde auf der Grundlage des Mitarbeitervertretungsgesetzes der Evangelischen Kirche (MVG.EKD) eine Mitarbeitervertretung gewählt. Am 21.09.2010 beschloss das Stiftungskuratorium der Schuldnerin, den pädagogischen Betrieb mit Wirkung zum 31.12.2010 endgültig einzustellen. Hierüber informierte das Kuratorium am 22.09.2010 die Mitarbeitervertretung. In diesem Gespräch nannte der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung den Kuratoriumsmitgliedern sowie dem ebenfalls anwesenden jetzigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten, Rechtsanwalt Klemann, ein von der Mitarbeitervertretung eingerichtetes e-mail-Postfach. Am 24.09.2010, 16.10 Uhr, übersandte Rechtsanwalt Klemann der Mitarbeitervertretung im Auftrag der Schuldnerin acht Anträge auf Zustimmung zu beabsichtigten Kündigungen in Form von Word-Dateien. Darunter befand sich auch ein Anhörungsschreiben betreffend die Klägerin, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 22 und 23 d.A. Bezug genommen wird. Für die Word-Dateien war die Option „automatische Datierung” verwendet worden. Die e-mail ist nebst Anhängen am 24.09.2010 im e-mail-Postfach der Mitarbeitervertretung eingegangen. Am 27.09.2010 bat Rechtsanwalt Klemann die Mitarbeitervertretung um eine Bestätigung des Erhalts der e-mail vom 24.09., erhielt jedoch keine Antwort. Erst am 29.09.2010 las der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung die e-mail vom 24.09.2010 nebst Anhängen und druckte die Schreiben aus. Aufgrund der Funktion „automatische Datierung” enthielten die Schreiben das Ausstellungsdatum „29.09.2010".

Am 30.09.2010 fand eine Sitzung statt, an der Vertreter des Kuratoriums einschließlich Rechtsanwalt Klemann sowie der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung und dessen Stellvertreter teilnahmen. Dabei wurde seitens der Schuldnerin nachgefragt, ob die Mitarbeitervertretung die Anträge auf Zustimmung zur Kündigung erhalten habe. Der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung bestätigte einen Eingang am 29.09.2010. Nach Rückfrage bei Rechtsanwalt Klemann bezüglich der Frist zur Stellungnahme stimmten die anwesenden Sitzungsteilnehmer darin überein, dass die Frist bis zum 13.10.2010 laufe.

Die Mitarbeitervertretung widersprach den beabsichtigten Kündigungen mit einem am 12.10.2010 per Telefax übersandten Schrei...

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