Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Betriebsvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Kläger, der mit der Beklagten eine Aufhebungsvereinbarung unter Bezugnahme auf eine Betriebsvereinbarung geschlossen hat, beansprucht die Einbeziehung einer Tarifänderung in Höhe von 3,2 % in die Berechnung seines ruhegeldfähigen Einkommens. Die Tarifvertragsparteien haben das Vergütungsgefüge durch Einführung einer nicht ruhegehaltsfähigen Zulage verändert. Die Parteien streiten, ob diese Zulage in die Berechnung des ruhegeldfähigen Diensteinkommens des Klägers einfließen muss. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben den Anspruch des Klägers verneint.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Auslegung einer Betriebsvereinbarung richtet sich nach den für die Auslegung von Tarifverträgen geltenden Regeln.

2. Durch Tarifänderungen kann sich über eine Betriebsvereinbarung die Berechnung des ruhegeldfähigen Einkommens eines Arbeitnehmers durch Einführung einer nicht ruhegeldfähigen Zulage ändern.

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Urteil vom 18.05.2005; Aktenzeichen 6 Ca 411/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am18.05.2005 verkündeteUrteil des Arbeitsgerichts Essen – 6 Ca 411/05 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger – außertariflicher Mitarbeiter – war bei der Beklagten vom 01.01.1980 bis zum 31.03.2000 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete, nachdem der Kläger das 55. Lebensjahr erreicht hatte, durch Aufhebungsvereinbarung vom 27.09.1999. Die „Zeit der 55er-Regelung” begann am 01.04.2000 und endete am 30.09.2004. Seit dem 01.10.2004 bezieht der Kläger Leistungen der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversicherung.

Nr. 3 der Aufhebungsvereinbarung lautet:

„Zum Ausgleich der durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Nachteile erhält Herr T. eine Abfindung. Unter Anrechnung von Leistungen Dritter, z.B. Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Krankengeld, Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung, gesetzlichen Rentenversicherung sowie Bezügen aus anderweitiger beruflicher Tätigkeit, garantiert S. Energie Herrn T. eine Gesamtleistung von insgesamt DM 342.905,40 netto. Die Einzelheiten der Berechnung der Abfindungsleistung sowie über die Beendigung des Anspruchs auf die Abfindungsleistung richten sich nach der Betriebsvereinbarung zur vorzeitigen Auflösung von Arbeitsverhältnissen (55 er Regelung) vom 03.02.1999. Die endgültige Ermittlung der Abfindungsleistung erfolgt auf der Grundlage der im Austrittsmonat geltenden Berechnungsgrößen.

In Nr. 7 heißt es:

Nach Beendigung des Anspruchs auf Frühpensionsleistung wird das Ruhebeziehungsweise Hinterbliebenengeld nach Maßgabe der jeweils geltenden Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der S. Energie und der Betriebsvereinbarung zur vorzeitigen Auflösung von Arbeitsverhältnissen (55er-Regelung) vom 03.02.1999 gezahlt.”

Die in Bezug genommene 55er-Regelung, die die Beklagte und der bei ihr bestehende Gesamtbetriebsrat am 03.02.1999 schlossen, enthält, so weit hier von Interesse, folgende Regelungen:

„2:

a) Die ausgeschiedenen Mitarbeiter erhalten eine in monatlichen Teilbeträgen gezahlte Abfindung, deren Höhe sich aus dem letzten ruhegeldfähigen Diensteinkommen gemäß § 5 der Betriebsvereinbarung vom 09.02.1989 beziehungsweise § 5 der Betriebsvereinbarung vom 19.12. 1989 einschließlich Gelderheberzulage zuzüglich der monatlichen vermögenswirksamen Leistung ergibt.

c) Änderungen der zu Grunde liegenden Berechnungsgrößen während der Laufzeit der Frühpensionierung bleiben grundsätzlich unberücksichtigt. Die Erhöhung des Arbeitslosengeldes gemäß § 138 SGB III wird nicht angerechnet.

e) Für die Einbußen in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Grund der verminderten Beiträge während der Arbeitslosigkeit erhält der Mitarbeiter einen pauschalen Ausgleich nach Maßgabe der als Anlage beigefügten Tabelle mit folgenden Verwendungsmöglichkeiten.

7. b) Während der Zeit der 55er-Regelung wird das ruhegeldfähige Diensteinkommen entsprechend der in dieser Zeit erfolgten Vergütungsentwicklung für aktive Mitarbeiter (prozentuale Veränderung der Vergütungstabelle für Arbeitnehmer der Mitglieder des Arbeitgeberverbandes von Gas-, Wasser- und Elektrizitätsunternehmungen e.V.) angepasst.

Die Abschläge in der gesetzlichen Rentenversicherung, die durch die Anhebung der Altersgrenze entstehen, werden gemäß § 7 Nr. 2 der Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung nicht ausgeglichen.”

Die Beklagte erhöhte während der Laufzeit der Betriebsvereinbarung vom 03.02.1999 das ruhegeldfähige Diensteinkommen des Klägers entsprechend Nr. 7 b der Betriebsvereinbarung jeweils entsprechend der Erhöhung der Tabellenvergütung. Es ist bei der Beklagten ständige Übung, dass auch bei den außertariflichen Mitarbeitern die jeweiligen Tariferhöhungen weitergegeben werden.

Am 20.11.2003 schlossen der Arbeitgeberverband von Gas-, Wasser- und Elektrizitäts-Unternehmungen e. V. (AGWE) und der Verein Rheinischer ...

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