Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezugnahmeklausel. Vereinbarung einer untertariflichen Bezahlung. Vergleichsabschluss. Geschäftsgrundlage eines Vergleichs. Verdachtskündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Richtet sich das Arbeitsverhältnis eines Angestellten mit einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn kraft Bezugnahmeklausel nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT), können die Parteien einen Kündigungsschutzprozess wegen einer außerordentlichen Verdachtskündigung wirksam durch einen Vergleich erledigen, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Vergütung nach einer niedrigeren Vergütungsgruppe, als sie nach beiderseitiger Tarifgebundenheit nach § 22 BAT zur Anwendung käme, vorsieht.

2. Weder ist dieser Vergleich nach § 779 Abs. 1 BGB unwirksam noch entfällt seine Geschäftsgrundlage gemäß § 242 BGB (seit 01.01.2002: § 313 Abs. 1 BGB n. F.), wenn sich der zurzeit seines Abschlusses bestehende Verdacht einer Straftat später als ungerechtfertigt herausstellt. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer auch nicht in Anlehnung an die Rechtsprechung des BAG zu einem Wiedereinstellungsanspruch (grundlegend BAG 14.12.1956 – 1 AZR 29/55 – AP Nr. 3 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht) die Vergütung nach der Vergütungsgruppe (wieder) verlangen, deren Tätigkeitsmerkmale er erfüllt (§ 22 BAT).

 

Normenkette

BGB §§ 242, 779 Abs. 1; BAT § 22; TVG § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 25.03.2003; Aktenzeichen 3 Ca 10065/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.09.2004; Aktenzeichen 4 AZR 9/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom25.03.2003 –3 Ca 10065/02 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers ab dem 01.01.2000.

Der am 03.01.1948 geborene Kläger ist seit dem 01.04.1982 aufgrund eines am 11.11.1981 geschlossenen Arbeitsvertrages bei der Beklagten beschäftigt. Nach § 2 Satz 1 dieses Arbeitsvertrages richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge – besonders des Bezirks-Zusatztarifvertrages hierzu (BZT-A/NRW) – in der jeweils geltenden Fassung.

Seit dem 01.05.1985 hatte der Kläger die Position des Leiters des Planungsamtes bei der Beklagten inne. In dieser Funktion erhielt er eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe I a BAT.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 15.02.2000 erfolgte durch die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Wuppertal die Durchsuchung der Wohnung des Klägers und seiner Diensträume. Begründet wurde dieser Beschluss damit, dass der Anfangsverdacht bestehe, der Kläger habe sich bestechen lassen. Ihm wurde vorgeworfen, dass er im Jahre 1996 ohne die sonst übliche Aufnahmegebühr in den Golfclub Hösel aufgenommen worden sei, Golfunterricht kostenlos erhalten und sich als Gegenleistung dafür eingesetzt habe, dass die baurechtlichen Voraussetzungen für die Erweiterung der Golfplatzes vorlägen.

Am 17.02.2000 suspendierte die Beklagte den Kläger mit sofortiger Wirkung von seinen arbeitsvertraglichen Pflichten. Der Kläger erhielt weiterhin Vergütung nach der Vergütungsgruppe I a BAT.

Mit Schreiben vom 23.01.2002 kündigte die Beklagte nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos. Gegen diese Kündigung reichte der Kläger am 31.01.2002 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf Kündigungsschutzklage ein. In diesem Rechtsstreit gleichen Rubrums – 11 Ca 865/02 – schlossen die Parteien am 25.02.2002 vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf einen Vergleich, in dem es in Ziffer 1 heißt:

„Es besteht Einigkeit, dass das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbesteht. Rückwirkend ab dem 25.01.2002 richtet es sich inhaltlich nach der zum Protokoll gereichten Stellenbeschreibung vom 24.01.2002, insbesondere erhält der Kläger Vergütung nach Vergütungsgruppe I b BAT (Fallgruppe 1 a).”

Der Kläger wurde in der Folgezeit von der Beklagten auf der Grundlage der diesem Vergleich beigefügten Arbeitsplatzbeschreibung vom 24.01.2002, auf deren näheren Inhalt ausdrücklich Bezug genommen wird, in der Funktion „techn.-planerisches Projektmanagement” beschäftigt und wird seit dem 25.01.2002 nach der Vergütungsgruppe I b BAT vergütet.

Mit Schreiben vom 18.04.2002, auf dessen näheren Inhalt im Übrigen ausdrücklich Bezug genommen wird, machte der Prozessbevollmächtigte des Klägers namens seines Mandanten rein vorsorglich dessen Anspruch auf eine Vergütung nach BAT Vergütungsgruppe I, hilfsweise auf eine Vergütung nach Vergütungsgruppe I a BAT geltend.

Durch seinen Beschluss vom 17.06.2002 wies das Amtsgericht Ratingen – 22 Cs 85 Js 301/00 (84/02) – den Antrag der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Wuppertal vom 12.02.2002 auf Erlass eines Strafbefehls gemäß § 408 Abs. 2 StPO zurück. Dieser Beschluss ist rechtskräftig.

Mit seiner am 22.11.2002 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingereichten und der Beklagten am 12.12.2002 zugestellten Klage hat der Kläger...

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