Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahmeverzug. Provisionsanspruch. Vorauszahlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Annahmeverzugslohn hat keinen vorläufigen Charakter und kann daher nicht mit Provisionsansprüchen aus einem vorangegangenen Zeitraum verrechnet werden.

2. Eine Klausel in einem Formulararbeitsvertrag, nach der ein Provisionsanspruch auf sog. Nachmieterlöse bei der Vermittlung von Leasingverträgen nach Ausscheiden entfällt, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist nach § 307 BGB unwirksam.

 

Normenkette

BGB § 615 S. 1, § 307

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Urteil vom 06.10.2009; Aktenzeichen 7 Ca 1830/09)

 

Tenor

A. Auf die Berufung des Klägers wird das Schlussurteil des ArbG Essen vom 06.10.2009, Az.: 7 Ca 1830/09, wie folgt abgeändert:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 51.993,96 EUR brutto zu zahlen.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger über die aus von ihm abgeschlossenen und ihm zugeordneten Leasingverträgen erzielten Nachmieterlöse Auskunft zu erteilen.
  3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

B. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Zahlung von variabler Vergütung sowie Auskunft über sog. Nachmieterlöse.

Der Kläger war bei der Beklagten, einem Unternehmen im Leasingbereich, vom 01.10.2004 bis zum 31.03.2009 als Vertriebsmitarbeiter in der Region West-Mitte beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der Arbeitsvertrag vom 14.07.2004 (Bl. 7 ff. d. A.). Im Arbeitsvertrag heißt es auszugsweise:

„§ 4 Vergütung

(1) Der Mitarbeiter erhält für seine vertragliche Tätigkeit eine variable Vergütung. Für die Berechnung und Zahlung der variablen Vergütung gilt die „Regelung zur variablen Vergütung” der Firma in ihrer jeweils gültigen Fassung. Die bei Vertragsabschluss geltende Fassung ist diesem Vertrag als Anlage beigefügt.

(2) Der Mitarbeiter erhält ein monatliches Fixgehalt in Höhe von 3.000,00 EUR brutto, das jeweils am 22. des Monats fällig ist. Das Fixgehalt ist Bestandteil der variablen Vergütung und wird dem Mitarbeiter garantiert.

(3) Die Firma leistet weiterhin auf die zu erwartende variable Vergütung eine monatliche Vorauszahlung in Höhe von 3.500,00 EUR brutto. Diese ist bis zum 31. März 2005 oder entsprechend ab dem Einstellungsdatum sechs Monate dem Mitarbeiter garantiert.

(4) Für das Geschäftsjahr 2004 liegt der gemäß Regelung zur variablen Vergütung anzuwendende Vergütungssatz bei 20 %. Wird für das jeweils folgende Geschäftsjahr kein neuer Vergütungssatz vereinbart, so verlängert sich die vorgenannte Vereinbarung um ein weiteres Geschäftsjahr.

(5) Auf der Basis der Umsatz- und Margenplanung ergibt sich daraus für das Geschäftsjahr 2004 ein Zielgehalt von 80.000,00 EUR brutto. Auch bei Übererfüllung der vereinbarten Ziele ist das maximale Jahresgehalt auf 88.000,00 EUR brutto begrenzt. Falls die vereinbarten Neugeschäftsumsatz- und Margenziele eines Geschäftsjahres um mehr als 30 % übererfüllt werden, so besteht Einigkeit darüber, dass das Zielgehalt des Folgejahres um den Prozentsatz der Übererfüllung im Einklang mit der Neugeschäftsumsatz- und Margenplanung des Folgejahres angepasst wird. …”

Die „Regelung zur variablen Vergütung” bei der Beklagten lautet auszugsweise (Bl. 12 ff. d. A.):

„3 Berechnung der variablen Vergütung

3.1 Zielvereinbarung / Berechnung der variablen Vergütung

Jeder Mitarbeiter im Außendienst des Vertriebes der ULG erhält zu Beginn jedes Geschäftsjahres über die von ihm zu erreichenden qualitativen und quantitativen Ziele eine individuelle Zielvereinbarung. Diese wird mit dem zuständigen Vertriebsdirektor geschlossen, der die Verantwortung für die Gesamtentwicklung seiner Region trägt. Aus der individuellen Umsatz- und Margenplanung resultiert das Zielgehalt (variable Vergütung); das vertraglich vereinbarte Fixgehalt ist Bestandteil der variablen Vergütung.

Die Berechnung der variablen Vergütung erfolgt nach folgendem Schema:

Netto-Barwertmarge (aus Neugeschäft)

+ ggf. anfallende Vormieten und Bearbeitungsgebühren

+ ggf. anfallende Nachmieterlöse__________________

= Gesamtpotenzial für variable Vergütungen***

X Vergütungssatz in Prozent______________________

= variable Vergütung

Vormieten und die Netto-Barwertmarge gehen sofort in die Vergütung ein, Nachmieterlöse erst bei ihrem Entstehen bzw. beim Abschluss eines Verlängerungsvertrages. Als Nachmieterlöse gelten alle Erlöse, die als Zahlungseingang beim Leasinggeber nach Erreichen des Vollamortisationszeitpunktes eingehen. Insbesondere sind dies: Verlängerungsraten (abgezinst nach der gleichen Methodik wie Neu-Verträge) und Kaufpreiszahlung.

Von der so errechneten variablen Vergütung wird das Jahres-Fixgehalt sowie etwaige Vorauszahlungen auf die zu erwartende variable Vergütung in Abzug gebracht.

3.2 Vorauszahlung / Abrechnung der variablen Vergütung

(1) Der Anspruch auf variable Vergütung entsteht mit der Aktivierung des dem Mitarbeiter zuzuordnenden Vertrages. Die Firma unterrichtet den Mitarbeiter monatlich über die von ihm persönlich akquirierten und aktivierten...

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