Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratsanhörung und Mitteilung der Sozialdaten. Mitteilung an Betriebsrat über beurlaubtes Beamtenverhältnis. Wiederaufleben des Beamtenverhältnisses bei Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Fällt ein beurlaubter Beamter aufgrund einer Kündigung wieder in das Beamtenverhältnis zurück, so ist dieser Umstand für die sozialen Folgen der Kündigung maßgeblich. Der Arbeitgeber ist daher berechtigt, diesen Umstand zu seinen Gunsten in seine Interessenabwägung mit einzubeziehen. Er ist aber auch verpflichtet, diesen Umstand dem Betriebsrat mitzuteilen.

 

Normenkette

BetrVG § 102 Abs. 1 Sätze 1-3; BGB § 626 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 08.01.2013; Aktenzeichen 5 Ca 2710/12 -1)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 08.01.2013, 5 Ca 2710/12-1 wird in Bezug auf den Tenor 1. zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine außerordentliche und eine ordentliche Kündigung. Die Klägerin ist seit dem 23.10.1989 Beamtin der Deutschen Bundespost. Im Rahmen einer Beurlaubung ist sie seit dem 01.05.2004 für die Beklagte als Leiterin des U. Shops City-Arkaden in X. tätig. Die Klägerin ist 44 Jahre alt und verheiratet. Ihr durchschnittliches Bruttomonatsgehalt beträgt 4.000,00 €. Die Beklagte beschäftigt ständig mehr als zehn Arbeitnehmer.

Die Abteilung Konzernsicherheit erhielt eine an das Betriebsratsmitglied Q.-C. gerichtete E-Mail vom 08.07.2012 von zwei Mitarbeiterinnen aus dem Shop der Klägerin, in dem diese sich über die Klägerin beschwerten (Bl. 27 ff. d. A.). Im Wesentlichen warfen sie der Klägerin vor, sie habe sie angewiesen, Kunden ohne entsprechende Legitimation in Rahmenverträge zu buchen sowie im Juli 2012 einen Mitarbeiterrabatt auch auf Kunden anzuwenden sowie Zubehör aus einer Kiste über den Buchungsposten Datentransfer zu verkaufen. Weiterhin habe die Klägerin keine Zielvereinbarungsgespräche geführt, im Shop ein Klima von Angst und Drohungen erzeugt sowie dort regelmäßig Alkohol getrunken.

Am 03.08.2012 wurde im Shop eine Sonderprüfung durchgeführt, über die die Beklagte einen Bericht erstellte (Bl. 35 ff. d. A.). Mit der Vertriebsinfo 104/2012 (Bl. 185 d. A.) hatte die Beklagte zuvor die Anweisung erteilt, ab dem 06.07.2012 die Legitimationsunterlagen des Kunden in Kopie an die Neuverträge zu heften. Zuvor reichte ein Vermerk über die Prüfung der Legitimation auf dem Vertrag aus. Im Shop der Klägerin wurden bei der Kassenprüfung am 03.08.2012 insgesamt 40 Verträge aus der Zeit nach dem 06.07.2012 ohne entsprechende Unterlagen insbesondere für die Rahmenverträge Freistaat Sachsen (RV 299), Verdi (MA023) sowie Sparkasse (10049) gefunden. So buchte die Mitarbeiterin U. die Kunden P., P. und E. auf den Rahmenvertrag 299 (Bl. 184 ff. d. A.), ohne dass diese über einen Bezug zum Freistaat Sachsen verfügten. Die Klägerin buchte am 28.07.2012 einen Vertrag mit dem Kunden E. in den Rahmenvertrag ver.di (Bl. 187 ff. d. A.), ohne dass ein Berechtigungsnachweis zum Vertrag genommen wurde. Zudem erfasste die Klägerin am 28.07.2012 für Herrn E. einen weiteren Vertrag, der in den Rahmenvertrag des Personalrats der zentralen polizeitechnischen Dienste NRW gebucht wurde (Bl. 190 ff. d. A.).

Während der Sonderprüfung am 03.08.2012 erstellte die Klägerin nachträglich einen Schulungsnachweis für eine Schulung am 04.06.2012 (Bl. 198 d. A.).

Am 07. und 08.08.2012 befragte die Beklagte diverse Mitarbeiter und erstellte als Ergebnis am 09.08.2012 einen Zwischenbericht (Bl. 44 ff. d. A.). Vom 20.08. bis 24.08.2012 befragte die Beklagte weitere Mitarbeiter. Am 24.08.2012 wurde die Klägerin nach einer vom 06.08. bis 18.08.2012 andauernden Arbeitsunfähigkeit angehört. Es wird Bezug genommen auf die Anhörungsprotokolle (Bl. 326 ff. d. A.). Mit Schreiben vom 03.09.2012 (Bl. 97 ff. d. A.) hörte sie den Betriebsrat zu einer beabsichtigten Kündigung an, wobei sie eine Betriebszugehörigkeit seit 1989 und eine sich daraus ergebende Kündigungsfrist von sieben Monaten mitteilte. Mit weiterem Schreiben vom 04.09.2012 (Bl. 104 d. A.) teilte sie dem Betriebsrat die tatsächliche Betriebszugehörigkeit und den Beamtenstatus mit und wies darauf hin, dass diese Umstände in der Interessenabwägung zu berücksichtigen seien.

Mit Schreiben vom 07.09.2012 (Bl. 3 f. d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, mit Schreiben vom 11.09.2012 (Bl. 5 f. d. A.) hilfsweise ordentlich. Die außerordentliche Kündigung wurde am 07.09.2012 in den Briefkasten der Klägerin eingeworfen, die ordentliche Kündigung am 12.09.2012 durch den Mitarbeiter der Beklagten C. persönlich ausgehändigt.

Mit ihrer am 13.09.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 21.09.2012 zugestellten Klage wandte sich die Klägerin gegen die Kündigungen.

Die Klägerin hat behauptet, die fehlende Umsetzung der Vertriebsinfo 104/2012 beruhe nicht auf ihrer Anweisung, sondern auf einer noch nicht entwickelten Routine. Sie habe aus dem ...

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