Entscheidungsstichwort (Thema)

Mehrbetrag und Verfahrensgebühr. Anderweitig rechtshängige Forderung und Vergleich. Einbeziehungsverfahren und Terminsgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird eine anderweit rechtshängige Forderung in einen Vergleich einbezogen, erhöht sich nach VV 3101 RVG Nr. 2 die Verfahrensgebühr in diesem Einbeziehungsverfahren. Nach VV 3101 RVG Abs. 1 ist der hierdurch entstehende Mehrbetrag auf die Verfahrensgebühr anzurechnen, die wegen desselben Gegenstandes im anderweitigen Verfahren entsteht. Das gilt auch in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen.

2. Aus VV 3104 RVG Abs. 2 lässt sich entnehmen, dass sich in der unter 1. geschilderten Fallgestaltung im Einbeziehungsverfahren die Terminsgebühr erhöht. In dem mit verglichenen anderweitigen Verfahren hingegen entsteht keine Terminsgebühr.

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 3101; VV RVG Nr. 3104; RPflG § 11 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wesel (Entscheidung vom 22.07.2013; Aktenzeichen 3 Ca 3086/11)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 17.02.2014; Aktenzeichen 10 AZB 81/13)

 

Tenor

  • 1.

    Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 08.08.2013 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wesel vom 22.07.2013 - 3 Ca 3086/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • 2.

    Beschwerdewert: 659,26 €.

  • 3.

    Die Rechtsbeschwerde wird für den Antragsteller bezogen auf die verlangte Terminsgebühr zugelassen.

 

Gründe

A.

Im Ausgangsverfahren haben die Parteien über Vergütungsansprüche gestritten. Während des anhängigen Berufungsverfahrens haben sie anlässlich eines Termins in einem anderweitigen Rechtsstreit beim Arbeitsgericht Wesel (- 6 Ca 1698/12 -) einen Vergleich geschlossen, der auch das Berufungsverfahren erledigt hat. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung hat vor der Berufungskammer nicht stattgefunden. Mit Beschluss vom 11.01.2013 hat das Landesarbeitsgericht der Beklagten die Kosten des Berufungsrechtszugs auferlegt. In beiden Rechtsstreitigkeiten ist der Kläger durch denselben Prozessbevollmächtigten vertreten worden.

Mit Antrag vom 07.04.2013 begehrt der Kläger die Festsetzung der ihm im Berufungsverfahren entstandenen Kosten. Er verlangt u.a. die Festsetzung einer ungeminderten Verfahrensgebühr sowie einer Terminsgebühr, unter Einbeziehung eines bereits durch Aufrechnung erhaltenen Betrages insgesamt 1.014,14 €.

Mit Beschluss vom 22.07.2013 hat das Arbeitsgericht einen Betrag von 354,88 € festgesetzt. Die verlangte Verfahrensgebühr hat es um den Betrag gekürzt, um den sich die Verfahrensgebühr in dem anderweitigen Rechtsstreit durch die Einbeziehung des hiesigen Ausgangsverfahrens in den Vergleich erhöht hat. Die Terminsgebühr hat das Arbeitsgericht abgesetzt, da im Ausgangsverfahren zweitinstanzlich kein Termin stattgefunden habe.

Mit seiner am 09.08.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde wendet sich der Antragsteller gegen die Absetzungen.

B.

1.Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist nach §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO statthaft und auch fristgerecht (§ 569 Abs. 1 ZPO) eingelegt worden. Zwar hat das Arbeitsgericht dem Antragsteller den angefochtenen Beschluss nicht förmlich zugestellt, obwohl er durch diesen beschwert ist. Ausweislich der Akte ist der Beschluss jedoch erst am 26.07.2013 gefertigt und abgesandt worden, kann dem Antragsteller also frühestens am 27.07.2013 zugegangen sein. Die am 09.08.2013 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde hat die Frist des § 567 Abs. 2 ZPO daher in jedem Fall gewahrt. Auch die Beschwerdesumme von 200,- € ist erreicht.

2.Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend hat der Rechtspfleger die beantragte Verfahrensgebühr gekürzt und die Terminsgebühr abgesetzt.

a) Verfahrensgebühr

Durch Einbeziehung einer anderweit rechtshängigen Forderung in einen Vergleich erhöht sich nach VV 3101 RVG Nr. 2 die Verfahrensgebühr in diesem Einbeziehungsverfahren. Nach VV 3101 RVG Abs. 1 ist der hierdurch entstehende Mehrbetrag auf die Verfahrensgebühr anzurechnen, die wegen desselben Gegenstandes im anderweitigen Verfahren entsteht.

Dass eine solche Anrechnung womöglich zu unterbleiben hat, wenn in den Verfahren unterschiedliche Rechtsanwälte für die Partei tätig sind, spielt hier keine Rolle, da der Kläger in beiden Verfahren vom selben Prozessbevollmächtigten vertreten worden ist.

Dass im Arbeitsgerichtsprozess eine Kostenerstattung in erster Instanz nicht stattfindet, ändert am Ergebnis ebenfalls nichts. Die anzuwendenden Vorschriften gelten auch für das arbeitsgerichtliche Verfahren erster wie zweiter Instanz. Zudem hat der Kläger den Vergleich freiwillig geschlossen. Die gesetzlichen Kostenfolgen hat er auch dann hinzunehmen, wenn er sie nicht gekannt haben sollte. Es wäre seine Sache gewesen, der von ihm empfundenen Ungerechtigkeit durch eine Kostenregelung im Vergleich Rechnung zu tragen. Auch hätte der anwaltlich vertretene Kläger darauf drängen können, den Vergleich nicht in dem anderweitigen Verfahren, sondern im Berufungsverfahren abzuschließen. In der Liter...

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