Entscheidungsstichwort (Thema)

Überprüfung der arbeitsgerichtlichen Einsetzung des Vorsitzenden einer Einigungsstelle durch das Landesarbeitsgericht

 

Leitsatz (amtlich)

1)

Bei der Einsetzung einer Einigungsstelle im Rahmen des Beschwerdeverfahrens trifft das Landesarbeitsgericht keine eigene Ermessensentscheidung hinsichtlich der Person des Vorsitzenden der Einigungsstelle. Denn die Beschwerde dient lediglich der Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung, nicht deren Ersetzung. Nur dann, wenn das Ermessen der erstinstanzlichen Entscheidung unzutreffend ausgeübt worden ist, kommt eine eigene Ermessensentscheidung des Landesarbeitsgerichtes in Betracht.

2)

Im Bestellungsverfahren nach § 98 ArbGG besteht nach zutreffender und überwiegender Auffassung keine Bindung des Gerichts an den Vorschlag eines der Beteiligten.

3)

Eine Person ist nur dann zum Vorsitzenden der konkreten Einigungsstelle zu bestellen, wenn sie tatsächlich das Vertrauen beider Betriebspartner genießt. Insoweit besteht ein weitreichender Ermessensspielraum des Arbeitsgerichtes bei der Bestimmung des Vorsitzenden der Einigungsstelle. Besteht aber ein weitreichender Ermessensspielraum, kann auch ein schlichtes "nein" der Gegenseite dazu führen, dass das Arbeitsgericht einen Dritten als Vorsitzenden einsetzt. Denn auch dann, wenn keine konkreten Einwendungen gegen den Kandidaten der jeweiligen Gegenseite vorgebracht werden, kann ein Dritter eingesetzt werden, um die Belastung des Einigungsstellenverfahrens zu vermeiden. Dafür spricht auch, dass die Gegenseite gezwungen wäre, ansonsten die Gründe offen zu legen, die gegen die benannte Person sprechen, was - insbesondere dann wenn sie nicht für ausreichend gehalten werden - je nach Art des mitgeteilten Grundes die Verhandlungen mit dem jeweiligen Vorsitzenden ganz erheblich belasten könnte. Zudem darf nicht übersehen werden, dass jede andere Sichtweise einen "Wettlauf" um den ersten Antrag auslösen würde. Derjenige, der zuerst den Antrag auf Einsetzung der Einigungsstelle stellt, erhielte einen entscheidenden strategischen Vorteil für die Besetzung der wichtigen Position des Vorsitzenden.

 

Normenkette

ArbGG a.F. § 98 Abs. 2; BetrVG a.F. § 76 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Entscheidung vom 02.06.2014; Aktenzeichen 5 BV 58/14)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 02.06.2014 Az.: 5 BV 58/14 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren nur noch über die Person des Vorsitzenden einer Einigungsstelle. Die Zuständigkeit der Einigungsstelle selbst und die Anzahl der Beisitzer sind außer Streit. Thematisch geht es bei der Einigungsstelle um den Umfang der Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden.

Die Antragstellerin betreibt die Entsorgung in der Stadt F.. Sie beschäftigt ca. 1.000 Arbeitnehmer.

Beteiligter zu 2) ist der bei ihr gewählte Betriebsrat.

Die turnusmäßigen Betriebsratswahlen haben stattgefunden. Nach Konstituierung des Gremiums wählte es Herrn U. B. zum Vorsitzenden. Am 05.05.2014 beschloss der Betriebsrat die Freistellung von Herrn B. sowie weiterer zwei Mitglieder, Bl. 4 GA. Hierüber unterrichtete der Betriebsrat die Antragstellerin am 06.05.2014. Sie erwiderte mit Schreiben vom 16.05.2014, Bl. 5 GA, dass sie die Freistellung von Herrn B. aus sachlichen Gründen nicht für vertretbar halte und rief die Einigungsstelle an.

Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte der Betriebsrat mit, dass weder mit dem vorgeschlagenen Vorsitzenden noch mit je zwei Beisitzern Einverständnis bestünde, Bl. 6 GA. Zudem verwies sie darauf, dass die Einigungsstelle unzuständig sowie rechtsmissbräuchlich sei.

Die Beteiligten haben im Termin vor dem Arbeitsgericht am 02.06.2014 einen Teilvergleich über die Einsetzung der Einigungsstelle als solche und die Anzahl der Beisitzer geschlossen.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, Herr C., Vorsitzender Richter am LAG I. a.D. sei zum Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen. Er verfüge über die notwendige Sachkenntnis und sei unparteiisch.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

zum Vorsitzenden der Einigungsstelle, zum Thema Freistellung des neu gewählten Betriebsratsvorsitzenden Herrn U. B., nach § 38 BetrVG den Vorsitzenden Richter des Landesarbeitsgerichts I. a.D., Herrn Q. C. zu bestellen,

Der Beteiligte zu 2) beantragte erstinstanzlich,

den Antrag zurückzuweisen und Herrn B. L. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen.

Der Beteiligte zu 2) hat sich erstinstanzlich zuletzt nur noch gegen die Person des Vorsitzenden gewendet und gemeint, statt Herrn C. sei Herr L., Direktor des Arbeitsgerichtes X. a.D. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat dem Antrag teilweise stattgegeben, indem es die Einigungsstelle eingesetzt hat, jedoch den Richter am Arbeitsgericht E., Herrn N. L., zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellte. Es hat ausgeführt, dass die Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig sei....

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