Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsfolgen der Zustellung eines erstinstanzlichen Beschlusses ohne Nennung der mitwirkenden Richter, des Tags der mündlichen Verhandlung und ohne Entscheidungsformel. Tariffähigkeit der Neuen Assekuranzgewerkschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird ein erstinstanzlicher Beschluss ohne Nennung der mitwirkenden Richter, des Tags der mündlichen Verhandlung und ohne Entscheidungsformel zugestellt, beginnt die Beschwerdebegründungsfrist nicht. Es fehlt an der Zustellung eines vollständig abgefassten Beschlusses.

2. Die Neue Assekuranzgewerkschaft (NAG) ist keine tariffähige Gewerkschaft. Dies steht aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 09.04.2015 (9 TaBV 225/14) auch für die Zeit bis zum 19.05.2015 fest. In der Zeit vom 09.04.2015 bis zum 19.05.2015 - dem Tag der hier in Rede stehenden Aufsichtsratswahl - ist keine wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse eingetreten. Für die Zeit nach dem 19.05.2015 hat die erkennende Kammer keine Aussage zur Frage der Gewerkschaftseigenschaft der NAG getroffen.

 

Normenkette

GG Art. 9 Abs. 3; ArbGG § 9 Abs. 5, § 66 Abs. 1, § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 3, § 97 Abs. 5; MitbestG §§ 12, 16 Abs. 2, § 17 Abs. 2, § 21 Abs. 1, § 22 Abs. 2; ZPO §§ 148, 313 Abs. 1, 5

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 11.07.2017; Aktenzeichen 6 BV 206/15)

 

Tenor

  1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1), 2), 3) und 6) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 11.07.2017 - 6 BV 206/15 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

Die Beteiligten streiten zuletzt noch über die Anfechtung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den zu 16) beteiligten Aufsichtsrat.

Die Beteiligten zu 1), 2 und 3) sind Arbeitnehmer der Beteiligten zu 5), einem Unternehmen eines international aufgestellten Versicherungskonzerns (im Folgenden Arbeitgeberin) mit Sitz in E. und zwar seit 1991, 1982 und 1992. Die Beteiligte zu 6) ist ein eingetragener Verein (im Folgenden NAG), der sich die gewerkschaftliche Vertretung der Arbeitnehmer in der Versicherungsbranche zum Vereinsgegenstand gesetzt hat. Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind Mitglieder des NAG. Die Beteiligte zu 7) ist eine bundesweit agierende Gewerkschaft mit Mitgliedern bei der Arbeitgeberin. Die Beteiligten zu 8) - Dr. I. -, 9) - Q. -, 11) - N. -, 12) - S. -, 13) - O. - 15) - G. und 19) - Dr. T. als nachgerücktes Ersatzmitglied -, sowie Q. H. als vom Gericht bestelltes Aufsichtsratsmitglied sind Arbeitnehmervertreter im zu 16) beteiligten Aufsichtsrat (im Folgenden Aufsichtsrat). Die Beteiligten zu 3) - I. -, 17) - E. -, 18) - D. -, 20) - L. -, 21) - L. -, 24) - M. - sind Ersatzmitglieder im Aufsichtsrat. Die Arbeitgeberin unterliegt dem Anwendungsbereich des MitbestG. Sie beschäftigt verteilt auf mehrere Betriebe in der Regel mehr als 3.500 Arbeitnehmer.

Für die Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat hatte der NAG am 02.02.2015 bei dem Wahlvorstand einen Wahlvorschlag eingereicht. Unter dem 16.02.2015 wies der Wahlvorstand den Wahlvorschlag mit der Begründung zurück, bei dem NAG handele es sich um keine Gewerkschaft. Unter dem 20.02.2015 legte der NAG gegen die Zurückweisung Einspruch ein. Mit Schreiben vom 02.03.2015 teilte der Wahlvorstand mit, dass man sich mit dem Einspruch befasst habe, aber an der Zurückweisung des Wahlvorschlags festhalte. Mit Beschluss vom 23.03.2015 (Az.: 23 BVGa 3/15) lehnte das Arbeitsgericht Hamburg einen Eilantrag des NAG auf Zulassung seines Vorschlags zur Wahl ab. Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde wurde durch das Landesarbeitsgericht Hamburg am 22.04.2015 (Az.: 6 TaBVGa 1/15) zurückgewiesen, weil der NAG seine Tariffähigkeit nicht nachgewiesen habe.

Mit Beschluss vom 09.04.2015 (Az.: 9 TaBV 225/14) stellte das Hessische Landesarbeitsgericht auf die mündliche Anhörung vom 09.04.2015 in einem am 05.09.2014 eingeleiteten Statusfeststellungsverfahren nach § 97 Abs. 1 bis 3 ArbGG fest, dass der NAG keine tariffähige Gewerkschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 TVG ist. Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wurde nicht zugelassen. Mit Beschluss vom 17.11.2015 (Az.: 1 ABN 39/15) wies das Bundesarbeitsgericht die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts zurück. Hierauf legte der NAG Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts ein, die bei dem Bundesverfassungsgericht unter dem Aktenzeichen 1 BvR 1/16 geführt wird. Diese war im Zeitpunkt der mündlichen Anhörung der Beteiligten am 15.08.2018 bei dem Bundesverfassungsgericht anhängig. Ein Entscheidungstermin war nicht bestimmt.

Am 22.04.2015 fand die Wahl der Delegierten für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder statt. Das Ergebnis der Wahl der Delegierten wurde am 24.04.2015 ausgehängt. Am 28.04.2015 führte der NAG in Hamburg einen Warnstreik mit 150 Teilnehmern durch. Die Wahl der Arbeitnehmervertreter für den Aufsichtsrat fand am 19.05.2015 statt. Das Ergebnis der Wahl d...

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