Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Beschluss vom 19.09.2001; Aktenzeichen 2 Ca 2363/01)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 11.09.2002; Aktenzeichen 5 AZB 3/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom19.09.2001 – 2 Ca 2363/01 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 10.826,23 DM.

Die weitere sofortige Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtswegs.

Der Kläger, eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft, macht gegenüber der Beklagten, einem baugewerblichen Unternehmen, Ansprüche auf Zahlung von Urlaubskassenbeiträgen für den Zeitraum Januar bis Juli 2000 nach §§ 1 a Satz 1, 1 Abs. 3 Satz 2 AEntG in Verbindung mit §§ 18 Abs. 1 Satz 2, 22 Abs. 1 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe i. d. F. vom 20.12.1999 geltend.

Die Beklagte hatte das polnische Bauunternehmen M. mit der Erbringung von Rohbauarbeiten auf verschiedenen Baustellen beauftragt. Die Firma M. beschäftigte auf den Baustellen im Zeitraum Januar bis Juli 2000 aus Polen entsandte gewerbliche Arbeitnehmer.

Der Kläger hat vorgetragen, dass die Firma M. ihrer Verpflichtung zur Abführung der Beiträge zum Urlaubsverfahren nicht nachgekommen sei. Die Beklagte hafte für seinen Anspruch gegenüber der Firma M. als selbstschuldnerische Bürgin gem. § 1 a Satz 1 AEntG.

Für diesen Rechtsstreit sei der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben. Die Zuständigkeit ergebe sich aus § 8 Satz 1 AEntG, § 48 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG in Verbindung mit § 27 Abs. 1 VTV.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass der vorliegende Rechtsstreit nicht in die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen falle. § 8 Satz 2 AEntG greife nicht ein, da die vorliegende Rechtsstreitigkeit keine Beitragsschuld, sondern eine Bürgenschuld zum Gegenstand habe.

Das Arbeitsgericht Mönchengladbach hat mit Beschluss vom 19.09.2001 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt und zur Begründung ausgeführt, dass die Zuständigkeit aus § 8 Abs. 2 AEntG folge. Die dort normierte Zuständigkeitsregelung umfasse auch die Bürgeninanspruchnahme im Sinne des § 1 a AEntG. Nach § 8 Satz 2 AEntG sollen alle Rechtsstreite „im Bezug auf die ihr zustehenden Beiträge” in die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen fallen, wozu nicht nur die originäre Beitragsschuld, sondern auch die dazu akzessorische Bürgenschuld gehöre.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist der Beklagten am 09.11.2001 zugestellt worden. Mit der am 21.11.2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde wiederholt die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag und rügt, dass das Arbeitsgericht seine Entscheidung letztlich nicht begründet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft und zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

1. Vorliegend kann dahinstehen, ob § 8 AEntG über die Frage der internationalen Zuständigkeit hinaus überhaupt eine eigenständige Regelung zur Rechtswegzuständigkeit enthält, wie beklagtenseits bezweifelt wird.

Dahinstehen kann auch, ob die vom Arbeitsgericht vorgenommene Auslegung zutrifft, wonach die in § 8 AEntG angesprochene Klagemöglichkeit – soweit es um Ansprüche einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien aus § 1 Abs. 3 AEntG geht – für alle diesbezüglichen Rechtsstreitigkeiten gelten soll, unabhängig davon, wer insoweit in Anspruch genommen wird: der ausländische Arbeitgeber oder der nach § 1 a AEntG haftende Unternehmer.

2. Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen folgt hier jedenfalls aus § 2 Abs. 1 Nr. 6 ArbGG in Verbindung mit § 3 ArbGG. Nach dieser Vorschrift besteht die in den §§ 2 und 2 a begründete Zuständigkeit auch in den Fällen, in denen der Rechtsstreit durch einen Rechtsnachfolger oder durch eine Person geführt wird, die kraft Gesetzes anstelle des sachlich Berechtigten oder Verpflichteten hierzu befugt ist. Die Beklagte ist im Sinne dieser Vorschrift als Rechtsnachfolgerin der Firma M. anzusehen.

a) Der Begriff der Rechtsnachfolge im Sinne von § 3 ArbGG ist nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum weit auszulegen (BAG vom 15.03.2000 – 5 AZB 70/99 – AP Nr. 71 zu § 2 ArbGG 1999 m. w. N.; BAG vom 23.10.1990 – 3 AZR 23/90 – AP Nr. 18 zu § 2 ArbGG 1979 m. w. N.). § 3 ArbGG gilt deshalb nicht nur bei einer Forderungsabtretung oder einer Schuldübernahme, sondern auch bei einem Schuldbeitritt, bei einer Pfändung oder Verpfändung von Ansprüchen, bei der Verfolgung von Ansprüchen aus Verträgen zugunsten Dritter oder mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Für die erweiterte Zuständigkeit spielt es keine Rolle, ob der Schuldner einer arbeitsrechtlichen Verpflichtung wechselt oder ein Dritter als Schuldner derselben Verpflichtung neben den Arbeitgeber tritt. § 3 ArbGG will verhindern, dass über Inhalt oder...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge