Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats zur personellen Einzelmaßnahme bei unterlassener innerbetrieblicher Stellenausschreibung. Kein einseitiger Verzicht auf die innerbetriebliche Stellenausschreibung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die auf die Unterlassung einer gemäß § 93 BetrVG erforderlichen Ausschreibung gestützte Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG ist nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen, wenn nicht mit internen Bewerbern zu rechnen ist (wie Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 14. September 2012 - 5 TaBV 18/12 -, juris).

2. Auch die arbeitgeberseitige Argumentation, dass nur ein externer Bewerber die erforderliche Qualifikation in Gestalt von Objektivität, Neutralität, Distanz und vor allem Unabhängigkeit zu und von den betroffenen Arbeitnehmern gewährleiste, gibt keine Veranlassung, auf eine interne Ausschreibung von vornherein zu verzichten.

 

Normenkette

BetrVG §§ 99, 93

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Entscheidung vom 04.07.2018; Aktenzeichen 4 BV 23/18)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Beschwerde des Betriebsrates wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 04.07.2018 - 4 BV 23/18 - teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

    1. Es wird festgestellt, dass die mit Wirkung vom 26.02.2018 erfolgte vorläufige Einstellung von Herrn E. G. als OP Manager aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
    2. Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
  • II.

    Die weitergehende Beschwerde des Betriebsrates wird zurückgewiesen.

  • III.

    Die Rechtsbeschwerde wird für die Antragstellerin zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung eines Leiharbeitnehmers, der dauerhaft als OP-Manager tätig werden soll, sowie um die dringende Erforderlichkeit der vorläufigen Einstellung.

Die Antragstellerin (im folgenden: Arbeitgeberin) betreibt ein Lungenzentrum am Universitätsklinikum F.. Sie ist eine 100-prozentige Tochter des Universitätsklinikums F.. Der Beteiligte zu 2. ist der im Betrieb der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat.

Die Arbeitgeberin ist konzernrechtlich verbunden mit dem Universitätsklinikum F. und verfügt über vier Operationssäle. Am 15.02.2018 schloss sie mit dem Universitätsklinikum F. einen Vertrag über die dauerhafte konzerninterne Überlassung des am Universitätsklinikum langjährig tätigen OP-Managers Herrn G. nach Bedarf für maximal durchschnittlich acht Stunden pro Woche. Wegen der vollständigen Fassung des Vertrags wird auf die mit der Antragsschrift als Anlage AST2 vorgelegte Kopie Bezug genommen.

Die Arbeitgeberin hatte diese Stelle nicht intern ausgeschrieben, obgleich der Betriebsrat nach dem übereinstimmenden Vortrag beider Beteiligten zu einem früheren Zeitpunkt die interne Ausschreibung sämtlicher zu besetzenden Stellen nach § 93 BetrVG verlangt hatte.

Mit Schreiben vom 19.02.2018, dem Betriebsrat am Folgetag zugegangen, unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die geplante Einstellung nach § 99 BetrVG und beantragte dessen Zustimmung. Ausweislich des Unterrichtungsschreibens, wegen dessen vollständiger Fassung auf die mit der Antragsschrift als Anlage AST1 vorgelegte Kopie verwiesen wird, erhoffe sie sich eine strategische Optimierung des OP-Managements. Ihre vier OP-Säle seien regelmäßig nicht voll bzw. nicht optimal ausgelastet, da von der ursprünglichen Belegungsplanung vielfach kurzfristig und ohne Not abgewichen werde. Der externe OP-Manager werde unmittelbar der Geschäftsführung unterstellt und gegenüber sämtlichen ihrer Arbeitnehmer, mit denen eine Zusammenarbeit im Rahmen der OP-Planung erforderlich sei, mit der erforderlichen Kompetenz ausgestattet. Speziell der Einsatz eines externen OP-Managers solle zu einer signifikanten Reduzierung der bisher vielfachen Änderungen an den OP-Plänen führen. Der in Aussicht genommene OP-Manager verfüge über langjährige Erfahrung und erziele im Universitätsklinikum sowie dem weiteren Krankenhaus, in dem er tätig sei, gute Erfolge. Da er nicht unmittelbar in einem Arbeitsverhältnis zur Arbeitgeberin stehe, könne er eine objektive und freie Entscheidung über die OP-Planung vornehmen. Dadurch sei zu erwarten, dass die OP-Planung von den betroffenen Arbeitnehmern einschließlich der leitenden Ärzte nicht leicht infrage gestellt werde. Als Externer sei er der internen Hierarchie entzogen und unterliege damit keinen internen Zwängen. Der betroffene Arbeitnehmer sei mit der Tätigkeit bei ihr einverstanden.

Mit Schreiben vom 22.02.2018, der Arbeitgeberin am selben Tag zugegangen, verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung zur geplanten Einstellung. Er berief sich auf insgesamt sieben Punkte, von denen schon im erstinstanzlichen Verfahren zuletzt nur noch die ausgebliebene interne Ausschreibung strittig blieb.

Unter dem 26.02.2018 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die vorläufige Einstellung, wobei sie auf die bisherige mangelhafte OP-Auslastung und die drohenden Nachteile auf Seiten der Arbeitnehmer verwies; der Betriebsrat bes...

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