Entscheidungsstichwort (Thema)

Eröffnung Rechtsweg Arbeitsgericht bei "Arbeitsvertrag" mit Fremdgeschäftsführer. Keine gerichtliche Korrektur bei vorgenommener Vertragstypenwahl. Feststellung des Status' des Vertragsverhältnisses im Ganzen kein sic-non-Fall

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur sic-non-Einstufung von Kündigungsschutzanträgen bei außerordentlicher Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages im Nachgang zur neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.01.2019 (9 AZB 23/18, siehe hierzu auch bereits LAG Düsseldorf vom 12.11.2019 - 3 Ta 377/19).

2. Vereinbaren die Vertragsparteien die vertragliche Grundlage der Tätigkeit eines Fremdgeschäftsführers ausdrücklich als "Arbeitsvertrag", ist diese Vertragstypenwahl regelmäßig bindend. Eine gerichtliche Korrektur anhand der praktischen Vertragsdurchführung findet hier nicht statt. Damit ist automatisch auch der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten begründet.

 

Normenkette

ArbGG §§ 2, 5; BGB §§ 611, 611a; HGB § 84 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 14.08.2019; Aktenzeichen 12 Ca 3106/19)

 

Tenor

  • I.

    Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 03.09.2019 gegen den Rechtswegbeschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 14.08.2019 - Az.: 12 Ca 3106/19 - wird zurückgewiesen.

  • II.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

  • III.

    Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 16.111,11 € festgesetzt.

  • IV.

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Vertragsverhältnisses durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung mit Schreiben der Beklagtenvertreter vom 22.05.2019 sowie über weitere von dem Kläger geltend gemachte Ansprüche aus einem von ihm behaupteten Arbeitsverhältnis und in diesem Zusammenhang vorab über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten.

Der Kläger war bei der Beklagten auf der Grundlage des schriftlichen "Geschäftsführerdienstvertrages" vom 04.12.2017 mit Wirkung ab 01.07.2018 als Geschäftsführer zu einer Jahresbruttovergütung in Höhe von - nach seinen Angaben in der Klageschrift - 145.000,- € beschäftigt. In dem "Geschäftsführerdienstvertrag" ist eingangs ausdrücklich geregelt, dass zwischen der Beklagten und dem Kläger "folgender Arbeitsvertrag" geschlossen werde. Wegen des nachfolgenden weiteren Inhalts des Vertrags wird auf Blatt 11 ff. der Akte Bezug genommen.

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 11.09.2017 wurde der Kläger mit Wirkung zum 01.07.2018 zum Geschäftsführer bestellt.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 22.05.2019 (Blatt 19 f. der Akte) kündigte die Beklagte den "Geschäftsführerdienstvertrag" außerordentlich fristlos sowie hilfsweise ordentlich fristgerecht zum 30.06.2023 und weiter hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Gleichzeitig wurde dem Kläger unter Beifügung des entsprechenden Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 16.05.2019 (Blatt 21 f. der Akte) mitgeteilt, dass er mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen sei.

Hiergegen richtet sich die am 11.06.2019 vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf erhobene Klage, mit der der Kläger sich im Wesentlichen gegen die Beendigung seines Vertragsverhältnisses, welches er für ein Arbeitsverhältnis hält, wendet. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass das Arbeitsgericht zuständig sei. Die Beklagte selbst habe, so sein Vortrag, ihn als Arbeitnehmer angesehen, denn im Rubrum des Geschäftsführerdienstvertrages heiße es ausdrücklich, dass ein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien abgeschlossen werde.

Der Kläger hat die Anträge angekündigt,

  1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die von der Beklagten ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 22.05.2019 nicht aufgelöst worden ist;
  2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die von der Beklagten hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 22.05.2019 nicht aufgelöst worden ist;
  3. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30.06.2023 hinaus fortbesteht;
  4. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung im Arbeitsverhältnis erstreckt;
  5. hilfsweise, für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrages weiter zu beschäftigen;
  6. für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1., die Beklagte zu verurteilen, ihm ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung im Arbeitsverhältnis erstreckt.

Die Beklagte hat den Antrag angekündigt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zudem Rechtswegrüge erhoben und die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Düsseldorf beantragt, da der Kläger als Geschäftsführer und damit nicht als Arbeitnehmer tätig geworden sei.

Mit Beschluss vom 14.08.2019, ...

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