Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Erfüllung des Zitiergebots bei Vereinbarung einer Befristung nach dem WissZeitVG. Voraussetzungen der Verlängerungsmöglichkeit der Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein allgemeiner Hinweis auf das WissZeitVG im Arbeitsvertrag ist zur Erfüllung des Zitiergebots gem. § 2 Abs. 4 S. 1 WissZeitVG ausreichend.

2. Für die Verlängerungsmöglichkeit nach § 2 Abs. 1 S. 3 WissZeitVG bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren um 2 Jahre kommt es nicht darauf an, ob es sich um ein eigenes Kind des befristet Beschäftigten handelt. Voraussetzung ist nur, dass es im Haushalt der Wissenschaftlerin bzw. des Wissenschaftlers lebt, also betreut wird. Ob dieser diesem das Sorgerecht zugesteht, ist nicht entscheidend, sodass auch Pflegekinder von der gesetzlichen Regelung erfasst werden. Die gilt jedenfalls im Falle der Adoption.

 

Normenkette

WissZeitVG § 2 Abs. 4 S. 1, Abs. 1 S. 3, § 1 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen-Bremerhaven (Entscheidung vom 03.03.2015; Aktenzeichen 4 Ca 4042/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.04.2018; Aktenzeichen 7 AZR 181/16)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Br. - Bremerhaven vom 3. März 2015 - 4 Ca 4042/14 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung.

Die 1969 geborene Klägerin hat nach einem erfolgreich abgeschlossenen Lehramtsstudium in Germanistik, Englisch und Weltliteratur an der Universität Aschgabat in Turkmenistan ab dem Sommersemester 1998 ein Promotionsstudium an der Universität Bonn in den Fächern Ältere und Neuere Germanistik/Sprach- und Kulturwissenschaft/Turkologie absolviert. Die mündliche Prüfung im Promotionsverfahren legte die Klägerin am 7. Mai 2003 ab. Das Doktordiplom wurde der Klägerin im Rahmen einer feierlichen Promotion am 19. Juni 2004 ausgehändigt. Seit diesem Tag ist die Klägerin nach der Promotionsordnung der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn berechtigt, den Titel "Dr. phil." zu führen (Bl. 166 ff. d. A.).

Seit dem 1. April 2005 stand die Klägerin zunächst an den Universitäten in G. und B. und seit dem 1. April 2010 bis zum 31. März 2014 bei der Beklagten an der Universität Br. in befristeten Arbeitsverhältnissen. Die Gesamtbeschäftigungszeit seit dem 1. April 2005 betrug 6 Jahre, 10 Monate und 5 Tage.

Die Klägerin erhielt zuletzt ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von € 5.400,00.

Nach einem Schreiben des Amtes für Soziale Dienste - Adoptionsstelle - vom 10. Juni 2011 (Bl. 182 d. A.) wurde der Klägerin "das Kind I., C. L., ... 2009 am 10.06.2011 in Pflege mit dem Ziel der späteren Adoption vermittelt". Es liegt eine Erklärung der Klägerin gegenüber der Beklagten vor, wonach die Klägerin dieses Kind während ihrer Beschäftigung als wissenschaftliche Mitarbeiterin "in der Zeit vom 01.10.12 bis 15.01.14" in ihrem Haushalt betreut habe (Bl. 183 d. A.).

Aufgrund von Dienstverträgen vom 15. März 2010 (Bl. 143 f. und 145 f. d. A.) und 15. Februar 2011/16. März 2011 (Bl. 147 f. d. A.) war die Klägerin bei der Beklagten zunächst als Vertretungsprofessorin für das Fach "Deutsch als Zweitsprache" tätig.

Ab dem 1. Oktober 2012 wurde die Klägerin auf Grundlage von zwei befristeten Arbeitsverträgen vom 4. September 2012 (Bl. 153 d. A.) und 13. Januar 2014 (Bl. 156 d. A.) als Universitätslektorin für den Aufgabenbereich "Deutsch als Zweitsprache" im Fach "Germanistik/DaZ" beschäftigt. Im bis zum 15. Januar 2014 befristeten Arbeitsvertrag vom 4. September 2012 heißt es auszugsweise:

"§ 2

Es handelt sich um ein befristetes Beschäftigungsverhältnis gemäß § 2 Abs. 1 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) [...]"

Den bis zum 31. März 2014 befristeten Arbeitsvertrag vom 13. Januar 2014 schloss die Klägerin unter dem Vorbehalt, "dass nicht bereits ein unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgrund des Arbeitsvertrages vom 04.09.2012 besteht". Im Arbeitsvertrag vom 13. Januar 2014 heißt es unter anderem:

"§ 2

Es handelt sich um ein befristetes Beschäftigungsverhältnis gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) [...] in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG (Betreuung von C. L., geb. ... 2009 [...]"

Den Arbeitsverträgen vom 4. September 2012 und 13. Januar 2014 war jeweils eine Aufgabenbeschreibung (Bl. 154 und158 d. A.) beigefügt, in der es auszugsweise lautet:

"Frau Dr. S. hat [...] mit voller Arbeitszeit die Aufgaben einer Universitätslektorin gemäß § 24a des Bremischen Hochschulgesetzes (BremHG) in der jeweils geltenden Fassung wahrzunehmen.

In diesem Rahmen obliegt ihr die selbständige Durchführung von Lehrveranstaltungen nach Maßgabe des Lehrveranstaltungsplans für den Aufgabenbereich

Deutsch als Zweitsprache

im Fach Germanistik/DaZ, des Fachbereichs 10 sowie anteilig im Fachbereich 12 (Heterogenitätsmodul).

Darüber hinaus sind im Zusammenhang mit der L...

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