Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückzahlung von darlehensweise gewährten Unterbringungskosten während einer auswärtigen Berufsausbildung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Arbeitgeber hat die Kosten für eine außerhalb seines Ausbildungsbetriebes durchgeführte Ausbildung zu tragen.

2. Zu den vom Ausbilder zu tragenden Kosten gehören nicht nur die für die unmittelbare Wissensvermittlung, sondern auch die Aufwendungen, die mit der Durchführung einer außerbetrieblichen Ausbildungsmaßnahme eng verbunden sind, also insbesondere die Übernachtungs- und Verpflegungskosten.

3. Diese Grundsätze gelten auch für eine Berufsausbildungsmaßnahme, die sich über den gesamten, mehr als zwei Jahre dauernden Berufsausbildungszeitraum erstreckt (hier: eine eine Ausbildung eines Auszubildenden aus Eberswalde (Bundesland Brandenburg) zum Bankkaufmann bei einer „Partnerbank” des Ausbilders in Opladen (Nordrhein-Westfalen)).

4. Der Ausbilder kann deshalb einen darlehensweise gewährten Mietzuschuß zu den Unterbringungskosten am auswärtigen Ausbildungsort nicht wirksam nach Beendigung des anschließenden Arbeitsverhältnisses (anteilig) zurückfordern.

 

Normenkette

BBiG § 5 Abs. 2 Nr. 1; Gesetz über die Inkraftsetzung des Berufsbildungsgesetzes in der Deutschen Demokratischen Republik vom 19.7.1990

 

Verfahrensgang

ArbG Eberswalde (Entscheidung vom 05.04.1994; Aktenzeichen 2 Ca 2528/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.09.1995; Aktenzeichen 5 AZR 994/94)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des ArbG Eberswalde vom 5.4.1994 – 2 Ca 2528/93 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückzahlung eines Darlehens, das die Klägerin dem Beklagten anläßlich seiner Berufsausbildung zum Bankkaufmann gewährt hat.

Am 24.09.1990 schlossen die Parteien einen Berufsausbildungsvertrag ab, in dem als Berufsausbildungsbeginn der 27.09.1990 vereinbart wurde. Als Ausbildungsvergütungen erhielt der Kläger im 1. Ausbildungsjahr 925,00 DM, im 2. Ausbildungsjahr 1.010,00 DM und im 3. Ausbildungsjahr 1.105,00 DM. Die Ausbildung des Beklagten, der bis zu seinem Ausbildungsbeginn bei seinen Eltern … wohnte, fand nicht am Sitz der Klägerin, sondern bei der … in L. statt. Die Klägerin hatte am 05.06.1990 einen Partnerschaftsvertrag mit der … abgeschlossen. Die Parteien und die … unterzeichneten am 24.09.1990 eine Vereinbarung, die u. a. regelte:

  1. „Die Ausbildung findet im Auftrag der … im Hause der … statt gemäß dem zwischen Herrn H. und dieser geschlossenen Ausbildungsvertrag vom 24.09.1990 und dem bei der … eingeführten Ausbildungsplan.
  2. Das Ausbildungsverhältnis wird unmittelbar zwischen Herrn H. und der … auf der Basis des Ausbildungsvertrages und der gesetzlichen und sonstigen Bestimmungen begründet. Herr H. unterliegt während der Ausbildungszeit ausschließlich den Weisungen der
  3. Nach Beendigung der Ausbildung wird Herr H. von der … nicht in ein Anstellungsverhältnis übernommen. Vielmehr verpflichten sich Herr H. und die … danach einen unbefristeten Anstellungvertrag für eine Tätigkeit des Herrn H. in E. einzugehen.
  4. Während der Ausbildung ist Herr H. im Wohnheim des christlichen Jugenddorfes … untergebracht. Zur Bestreitung der Kosten für Unterkunft und Verpflegung, soweit sie den Betrag von monatlich DM 190,00 übersteigen, gewährt die … ein zinsloses Darlehen, welches frühestens einen Monat nach Beendigung der Ausbildung fällig wird. Die Inanspruchnahme des Darlehens erfolgt in monatlichen Raten mit Fälligkeit der DM 190,00 übersteigenden Kosten für Unterkunft und Verpflegung.
  5. Für den Fall, daß ein Anstellungsvertrag zwischen Herrn H. und der … nicht zustande kommt, ist das Darlehen fällig und spätestens einen Monat nach Beendigung der Ausbildung zurückzuzahlen. Wird ein Anstellungsvertrag abgeschlossen und vor Ablauf von drei Jahren durch Kündigung von seiten des Herrn H. beendet, so ist das Darlehen ebenfalls zurückzuzahlen. Dabei vermindert sich der Rückzahlungsbetrag für jedes volle zum Wirksamwerden der Kündigung zurückgelegte Jahr um ein Drittel.
  6. Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages nicht wirksam sein, so bleiben alle anderen Bestimmungen trotzdem in Kraft. …”;

auf den weiteren Inhalt der Vereinbarung, Blatt 24 der Akte, wird Bezug genommen.

Diese Vereinbarung vom 24.09.1990 wurde am 06.11.1990 zu Ziffer 4 ergänzt, weil der Beklagte nach den ersten drei Monaten, in denen er in dem Wohnheim gewohnt hatte und auch verpflegt worden war, er mit anderen Personen zusammen eine Wohnung bezogen hatte. Die Parteien vereinbarten in Ergänzung zur Ziffer 4

„daß bei einer anderweitigen Unterbringung die Kosten hierfür ebenfalls von der … übernommen werden, maximal jedoch bis zur Höhe der Nettokosten für die Unterbringung im Wohnheim des christlichen Jugenddorfes in …. Der Abzug von der Ausbildungsvergütung von monatlich DM 190,00 entfällt in diesem Fall. …”;

auf der Inhalt der Ergänzungsvereinbarung vom 06.11.1990, Blatt 25 der Akte, wird Bezug genommen.

Während des Aufenthaltes im Wohnheim des christlic...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge