Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezugnahmeklausel. Gleichstellungsabrede

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Bezugnahmeklausel ist als Gleichstellungsabrede zu verstehen, wenn ein neu gegründetes Unternehmen zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses zwar noch nicht tarifgebunden war, der Verbandsbeitritt aber unmittelbar bevorstand und der konzernangehörige Arbeitgeber nach den konzerninternen Gepflogenheiten gehalten war, dem Arbeitgeberverband unverzüglich beizutreten.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 133, 157; TVG §§ 3, 4 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Eberswalde (Urteil vom 27.11.2002; Aktenzeichen 3 Ca 1480/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 01.12.2004; Aktenzeichen 4 AZR 50/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom27. 11. 2002 – 3 Ca 1480/02 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der an den Kläger zu zahlenden Vergütung. Dabei geht es darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, die seit dem 01.06.2002 erfolgte tarifliche Gehaltserhöhung an den Kläger weiterzugeben.

Der Kläger war seit dem 01.09. 979 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern als Einkäufer beschäftigt.

In dem am 30.05.1991 geschlossenen Arbeitsvertrag heißt es unter anderem:

„Für das Dienstverhältnis kommen die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg (Tarifgebiet II) in der jeweils gültigen Fassung zur Anwendung, sofern nachfolgend nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist.”

Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen der M. S. GmbH, die wiederum dem Konzernverbund der M. AG angehörte. Die Beklagte wurde am 27.05.1991 gegründet und am 29.09.1991 in das Handelsregister eingetragen.

Im Zeitpunkt der Entstehung der Beklagten war die damals am Standort

B. ansässige M. S. GmbH Mitglied im Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie; ebenso waren alle anderen der Konzernobergesellschaft M. AG angehörenden Unternehmen Mitglieder der entsprechenden Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie. Bei der M. AG sowie bei ihren konzernangehörigen Unternehmen wurden durchgehend Arbeitsverträge verwendet, die Bezugnahmeklauseln auf die jeweiligen Branchen-Tarifverträge enthielten.

Die Beklagte trat am 01.01.1992 dem Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie Berlin und Brandenburg bei. Zum 31. Dezember 2001 trat die Beklagte aus diesem Verband aus. Der zu diesem Zeitpunkt gültige Entgelttarifvertrag für das Tarifgebiet II Berlin und Brandenburg wurde von der IG Metall zum 30. April 2002 gekündigt. Zum 01.06.2002 trat in diesem Tarifgebiet ein neuer Vergütungstarifvertrag in Kraft.

Der Kläger hat die Zahlung der Differenz zwischen den Bedingungen des zum 30. April 2002 gekündigten Entgelttarifvertrags, die dem Kläger weiter gewährt wurden, und den Beträgen der ab dem 01.06.2002 geltenden Lohntabelle für die Monate Juni bis September 2002 geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 98,13 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.08.2002 zu zahlen;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 557,31 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 22.11. 2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit Urteil vom 27.11.2002 hat das Arbeitsgericht Eberswalde die Klage abgewiesen und den Wert des Streitgegenstandes auf 655,44 EUR festgesetzt.

Gegen das ihm am 02.01.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Januar 2003 Berufung eingelegt und diese am Montag, dem 03.03.2003 begründet.

Er trägt vor: Eine Gleichstellungsabrede liege nicht vor, da die Beklagte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages noch nicht tarifgebunden war. Zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses sei nicht absehbar gewesen, ob die Beklagte tatsächlich in den Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie eintreten würde. Die Verbandszugehörigkeit der Muttergesellschaft ziehe nicht automatisch tarifvertragliche Ansprüche für die von der Muttergesellschaft gegründeten Unternehmen nach sich. Dies zeige sich insbesondere bei dem Standort L, da die Beklagte nicht Mitglied des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie in Sachsen-Anhalt geworden sei. Darüber hinaus könne grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass eine arbeitsvertragliche Inbezugnahme nur eine Gleichstellungsabrede sei; vielmehr handele es sich hierbei um eine konstitutive Regelung in dem Sinne, dass unabhängig von der Tarifbindung der Parteien die tarifvertraglichen Regelungen in der jeweils gültigen Form Anwendung fänden.

Der Kläger beantragt,

auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde – 3 Ca 1480 /02 – vom 27.11.2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

  1. an den Kläger 98,13 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2002 zu zahlen,
  2. die Beklagte zu ...

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