Entscheidungsstichwort (Thema)

Stellenbewerber. Geschlechtsbezogene Diskriminierung. Ernsthaftigkeit der Bewerbung

 

Leitsatz (amtlich)

1.)

Macht ein Bewerber Entschädigung wegen geschlechtsbezogener Diskriminierung bei der Einstellung geltend, so setzt dies voraus, dass er sich subjektiv ernsthaft beworben hat und objektiv für die zu besetzende Stelle in Betracht gekommen ist (BAG vom 12.11.1998 – 8 AZR 365/97 – NZA 1999, 371).

2.)

Aus Indizien im Zusammenhang mit der Bewerbung kann geschlussfolgert werden, dass eine ernsthafte Bewerbung nicht gewollt war.

3.)

Ein subjektiv ernsthafter Bewerber wird in seiner Bewerbung alles tun, um ein positives Bild von seiner Person und seinen – auf den Text der Stellenausschreibung bezogenen – Fähigkeiten abzugeben.

4.)

Gegen eine subjektiv ernsthafte Bewerbung spricht es dann z.B., wenn der Bewerber in seiner – auch Kurz – Bewerbung zu einer als wesentlich erkennbaren Einstellungsvoraussetzung keine Angaben macht, oder wenn er z.B. eine weit überzogene Vergütungsvorstellung äußert.

 

Normenkette

BGB § 611a

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 24.11.2005; Aktenzeichen 75 Ca 8232/05)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. November 2005 – 75 Ca 8232/05 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Entschädigung wegen geschlechtsbezogener Diskriminierung bei der Einstellung.

Dem liegt zugrunde, dass die Beklagte, ein Unternehmen, dass sich u.a. mit Personalvermittlung befasst, am 19.12.2004 in der Zeitung „B. M.” eine Stellenanzeige geschaltet hatte, in der sie eine „Chefsekretärin/Assistentin für den Geschäftsführer eines renommierten, international tätigen mittelständigen Berliner Industrieunternehmens suchte. In der Stellenanzeige waren als Kompetenzen u.a. erwartet worden „Erfahrung in der Führung und Organisation des Chefsekretariats”, „sehr gute Englisch- und Französischkenntnisse in Wort und Schrift”, „sicherer Umgang mit PC und MS-Office” sowie „selbständiges Arbeiten im Team, Engagement und Belastbarkeit”.

Der 1955 geborene Kläger, der Diplom-Soziologe ist, bewarb sich mit Schreiben vom 23.12.2004 auf diese Stelle; u.a. nannte er in dem Bewerbungsschreiben eine Gehaltsvorstellung von ca. 52.000,00 EUR pro Jahr bei einer Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche.

Mit Schreiben vom 03.01.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass man sich für einen anderen Bewerber entschieden habe. Mit Schreiben vom 18.01.2005 begehrte der Kläger seinerseits von der Beklagten Entschädigung wegen zu Unrecht erfolgter Diskriminierung wegen des Geschlechts.

Mit der vorliegenden, bei Gericht am 06.04.2005 eingegangenen Klage verfolgt er diesen Anspruch weiter.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die dort gewechselten Schriftsätze sowie auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 24.11.2005 den Kläger mit seiner Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ihm stehe ein entsprechender Anspruch nicht zu, weil er nicht wegen seines Geschlechtes benachteiligt worden sei. Zwar sei die Stelle nicht geschlechtsneutral ausgeschrieben gewesen, der Kläger sei aber objektiv für die Stelle nicht geeignet gewesen. So habe er keine Erfahrung in der Führung eines Chefsekretariats; auch lägen die geforderten Fremdsprachenkenntnisse nicht vor, da der Kläger nur einen Sprachkurs in Englisch vorweisen könne und nur auf allgemeine Französischkenntnisse verweise. Die Beklagte habe davon ausgehen müssen, dass der Kläger damit nicht über ausreichende Fremdsprachenkenntnisse verfüge. Damit stelle sich der Kläger als ungeeigneter Bewerber dar, hinsichtlich dessen eine Diskriminierung nicht im Sinne des Gesetzes vorgenommen werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 135 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses am 02.12.2005 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die er mit einem beim Landesarbeitsgericht am 30.12.2005 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 31.01.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Der Kläger hält dafür, dass er objektiv für die ausgeschriebene Position geeignet gewesen sei. Dies betreffe zumindest auch die ausgeschriebene Stelle eines Assistenten. Er sei früher in einer solchen Funktion beschäftigt gewesen, was sich aus beigefügten Zeugnissen ergebe. Er habe auch sonstige Arbeitsstellen innegehabt, die ihn als „Assistenten” qualifizierten. So sei er verantwortlicher Leiter in der Sozialbetreuung sowie stellvertretender Leiter einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber gewesen. Er verfüge auch über die erforderlichen Sprachkenntnisse. Er habe einen Kurs in Business-Englisch mit der Note „sehr gut” abgeschlossen und verfüge über Französischkenntnisse. Dabei spiele es keine Rolle, ob man diese Fähigkeiten bereits aus seiner Kurzbewerbung habe erkenne...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge