Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung. Reinigungskraft. Mittelbare Diskriminierung. Entgeltdiskriminierung. Geschlechterdiskriminierung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Anlagen 1d und 18 der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland stellen keine unzulässige Diskriminierung wegen des Geschlechts dar und sind rechtswirksam. Diese Regelungen verstoßen weder gegen § 612 Abs. 3, § 611a Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 3 GG noch Art. 141 EG-Vertrag.

 

Normenkette

BGB § 612 Abs. 3, § 611a Abs. 1; GG Art. 3; EG-Vertrag Art. 141; AVR-Diakonie

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 19.10.2000; Aktenzeichen 48 Ca 11217/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.01.2005; Aktenzeichen 4 AZR 172/03)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 18. Oktober 2000 – 48 Ca 11217/00 – wird zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Eingruppierung der seit dem 29 Mai 1986 bei dem Beklagten als Reinigungskraft beschäftigten Klägerin.

Der Beklagte ist Mitglied im D. Werk Berlin-Brandenburg e.V. (DW BB).

Nach dem Arbeitsvertrag vom 28. Juli 1986 (Bl. 24 d.A.) finden auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien für Anstalten und Einrichtungen, die dem D. Werk der E. Kirche Deutschland angeschlossen sind (AVR), in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Laut Arbeitsvertrag war die Klägerin zunächst in die Vgr. H 6 AVR eingruppiert. Mit Einführung eines neuen Vergütungsgruppensystems zum 1. Oktober 1990 wurde die Klägerin in die Vgr. H 2 und mit Wirkung vom 1. Juni 1992 in die Vgr. H 2 a eingruppiert.

Aufgrund eines Beschlusses der arbeitsrechtlichen Kommission der E. Kirche Deutschlands (AK DW EKD) wurden die AVR am 1. September 1998 mit Wirkung zum 1. Oktober 1998 dahingehend geändert, dass bestimmte Vergütungsgruppen der Berufsgruppe H 1, H 2, H 2 a, H 3 Ziff. 4, H 3 a ersatzlos gestrichen und durch die Vergütungsgruppen W 1 bis W 4 (Anlage 18 i.V.m. 1 (d) zu den AVR) ersetzt wurden. Die Vergütungsgruppen W sehen eine geringere Vergütung als die bisherigen Vergütungsgruppen H vor. Ziel dieser Regelung war es gemäß Anlage 18 AVR, weitere Auslagerungen bzw. Fremdvergaben zu verhindern und die bestehenden Arbeitsplätze innerhalb der D. zu erhalten. Bereits beschäftigte Arbeitnehmer erhalten zunächst eine persönliche Zulage in Höhe der Differenz zwischen der Grundvergütung nach Berufsgruppeneinteilung W und der Grundvergütung nach Berufsgruppeneinteilung H, die jedoch im Laufe der Zeit durch Vergütungserhöhungen und Höhergruppierungen abgeschmolzen wird.

Im September 1999 erhielt die Klägerin eine Mitteilung der Beklagten aus August 1999, wonach sie mit Wirkung vom 1. September 1999 in die (neue) Vgr. W 4 eingruppiert werde. Nach Widerspruch der Klägerin beließ es die Beklagte (zunächst) bei der (alten) Eingruppierung.

Ende Februar 2000 teilte der Beklagte der Klägerin erneut mit, dass sie ab dem 1. März 2000 in die Vgr. W 4 eingruppiert werde und eine monatliche Ausgleichszahlung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der alten und der neuen Vergütungsgruppe erhalte.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Eingruppierung und Bezahlung entsprechend der Vgr. A VIII der Berufsgruppeneinteilung A (Anlage 1 a) der AVR ab 1. März 2000.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Berufsgruppeneinteilung W (Anlage 1 d) sei unwirksam und sie sei infolge des Entfallens der Berufsgruppeneinteilung H nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1 a Einzelgruppenplan 01 bzw. 60 einzugruppieren.

Die Unwirksamkeit der Berufsgruppeneinteilung W ergebe sich unter mehreren Gesichtspunkten. Zunächst scheitere eine Wirksamkeit für den Bereich der DW BB schon an der erforderlichen, aber fehlenden Übernahme durch die arbeitsrechtliche Kommission des D. Werkes Berlin-Brandenburg (AK DW BB).

Weiter folge die Unwirksamkeit der Regelung aus § 319 BGB, denn diese sei offenbar unbillig. Außerdem liege sowohl ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und 12 Abs. 2 GG als auch ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Letztlich sei die Berufsgruppeneinteilung W gemäß § 134 BGB i.V.m. § 612 BGB wegen mittelbarer Diskriminierung unwirksam.

Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Klägerin in erster Instanz insoweit wird auf die Klageschrift vom 13. April und ihren Schriftsatz vom 8. August 2000 Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, dass ihre vom Beklagten ab 01.03.2000 verfügte Eingruppierung in die Vergütungsgruppe W 4 rechtsunwirksam ist,
  2. den Beklagten zu verurteilen, an sie mit Wirkung ab 01.03.2000 Vergütung entsprechend der Vergütungsgruppe A VIII Fallgruppe 6 (Einzelgruppenplan 01) bzw. A VIII Fallgruppe 8 (Einzelgruppenplan 60) der AVR DW EKD zu zahlen in Höhe von 3.426,51 DM brutto unter fortlaufender Anpassung an die Vergütungsentwicklung der genannten Vergütungsgruppe,

    hilfsweise

    festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der klagenden Partei mit Wirkung a...

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