Entscheidungsstichwort (Thema)

Lohnrisiko bei Fernwirkung eines Streits

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach den Grundsätzen des Arbeitskampfrisikos entfällt die Entgeltzahlungspflicht des Arbeitgebers bei einer streikbedingten Betriebsstörung auch dann, wenn als Fernwirkung eines Streiks in der Mittelschicht eines Zeitungsdruckunternehmens die Annahme der Arbeitsleistung arbeitswilliger Arbeitnehmer in der sich anschließenden Nachtschicht jedenfalls unzumutbar ist.

Hinweis: Zum Streik in der Druckindustrie im Jahre 1994.

 

Normenkette

GG Art. 9; BGB § 615

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 22.03.1996; Aktenzeichen 54 Ca 36791/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.02.1998; Aktenzeichen 1 AZR 386/97)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, an die Kläger Arbeitsentgelt zu zahlen, und zwar im Zusammenhang mit dem Streik in der Druckindustrie im Jahre 1994. Dabei sind die Forderungen der Kläger zwischen den Parteien der Höhe nach unstreitig. Sie beziehen sich auf die Nachtschichten im Druckhaus Spandau der Beklagten am 5. Mai, 14. Mai, 15. Mai, 1. Juli und 2. Juli 1994. Zu diesen Nachtschichten waren die Kläger in unterschiedlicher Kombination als Drucker bzw. Fachhilfsarbeiter eingeteilt. Die Kläger wurden in diesen Nachtschichten von der Beklagten nicht beschäftigt. Hieraus ergaben sich Lohnausfälle der Kläger wie folgt:

Der Kläger zu 1)

583,72 DM

der Kläger zu 2)

687,19 DM

der Kläger zu 3)

725,05 DM

der Kläger zu 4)

319,38 DM

der Kläger zu 5)

967,58 DM

der Kläger zu 6)

377,14 DM

der Kläger zu 7)

703,39 DM

der Kläger zu 8)

417,24 DM

der Kläger zu 9)

739,09 DM

der Kläger zu 10)

189,09 DM

der Kläger zu 11)

753,34 DM

der Kläger zu 12)

1.192,24 DM

der Kläger zu 13)

413,24 DM

der Kläger zu 14)

718,47 DM

der Kläger zu 15)

474,03 DM

der Kläger zu 16)

426,92 DM

der Kläger zu 17)

718,47 DM

der Kläger zu 20)

162,49 DM

der Kläger zu 21)

162,49 DM

der Kläger zu 22)

1.088,06 DM

der Kläger zu 23)

944,71 DM

der Kläger zu 24)

1.203,77 DM

der Kläger zu 26)

186,55 DM

der Kläger zu 27)

192,62 DM

der Kläger zu 28)

194,14 DM

der Kläger zu 29)

565,71 DM

der Kläger zu 30)

650,72 DM

der Kläger zu 31)

128,20 DM

der Kläger zu 32)

188,57 DM

der Kläger zu 33)

188,57 DM

der Kläger zu 34)

352,38 DM

der Kläger zu 35)

499,48 DM

der Kläger zu 36)

188,57 DM

der Kläger zu 38)

130,83 DM

der Kläger zu 39)

442,29 DM

der Kläger zu 40)

870,90 DM

der Kläger zu 41)

409,24 DM

der Kläger zu 42)

911,33 DM.

In der Tarifauseinandersetzung 1994 war die Beklagte bundesweit in der Zeit von März bis zum Juli 1994 an insgesamt 115 Tagen in Arbeitskampfmaßnahmen verwickelt. Hierbei entfielen bei der Beklagten (wie sie behauptet) ca. 73500 Arbeitsstunden. Der Betrieb der Beklagten in Berlin-Spandau war an insgesamt 15 Tagen vom Arbeitskampf betroffen. Entsprechend der sogenannten flexiblen Arbeitskampftaktik der Gewerkschaft IG Medien erstreckten sich die Streikmaßnahmen entweder ganz oder auch teilweise auf mehrere oder einzelne Schichten im Druckhaus Spandau, d. h. auf die Frühschicht, die Mittelschicht oder die Nachtschicht. Am 5. Mai, 14. Mai, 15. Mai, 1. Juli und 2. Juli 1994 wurde jeweils in der Früh- und Mittelschicht im Druckhaus Spandau gestreikt. An diesen Tagen wurde die betreffende Nachtschicht nicht beschäftigt.

Im Druckhaus Spandau der Beklagten werden die Zeitungen B.Z., Berliner Morgenpost, Die Welt und Bild gedruckt. In Zeiten ohne Streik erfolgt der Druck in der Nachtschicht auf fünf Druckmaschinen, die jeweils mit fünf Fachkräften und sieben Hilfskräften besetzt sind, so daß in der Nachtschicht insgesamt 25 Fachkräfte und 35 Hilfskräfte benötigt werden. Die Produktion der Zeitungen untergliedert sich in drei Hauptabschnitte, den redaktionellen Teil, den eigentlichen Druckvorgang und den Vertrieb. In Zeiten ohne Streik ist um 15.00 Uhr Redaktionsschluß. Mit Schluß der Redaktion wird im Anschluß unter Einsatz eines zentralen Rechners in Hamburg der Vertrieb vorbereitet. Dem Umfange und damit dem Gewicht der einzelnen Zeitungen entsprechend wird der Einsatz von Transportfahrzeugen unterschiedlicher Größe bestimmt. Die Lieferscheine für die einzelnen Abnehmer werden gedruckt. Dabei wird berücksichtigt, daß die Zeitungspakete einen vorgegebenen Umfang haben, so daß bei dickeren oder dünneren Zeitungen die einzelnen Zeitungspakete weniger oder mehr Zeitungen enthalten. Der eigentliche Druckvorgang in der Nachtschicht wird in der Mittelschicht vorbereitet. Die Druckmaschinen werden eingerichtet, und zwar auch unter Berücksichtigung des geplanten Farbdrucks. Mit dem eigentlichen Druckvorgang wird bereits in der Mittelschicht gegen 19.00 Uhr begonnen. In Zeiten ohne Streik folgt dem Andrucktermin um 19.00 Uhr zeitlich nach hinten verschoben die Aufnahme weiteren Drucks an anderen Druckmaschinen.

Am 28. April 1994 wurde die Streikleitung im Druckhaus Spandau von der Beklagten darauf hingewiesen, daß bis 16.00 Uhr eines jeden Tages mitgeteilt werden müsse, ob in der Nachtschicht gearbeitet oder gestreikt werde. Die Beklagte wies darauf h...

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