Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsstillegung im Gegensatz zum Betriebsübergang im Gesamtvollstreckungsverfahren

 

Normenkette

KSchG § 15 Abs. 4; BGB § 613a; EGBGB Art. 232 § 5 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Teilurteil vom 12.09.1995; Aktenzeichen 23 Ca 17356/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.09.1997; Aktenzeichen 8 AZR 493/96)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. September 1995 – 23 Ca 17 356/95 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten für diesen Teil des Rechtsstreits tragt der Kläger.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer dem Kläger am 31. März 1995 zugegangenen Kündigung, die vom Beklagten zu 1) und von der Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin unterzeichnet wurde und mit der Begründung ausgesprochen wurde, zum 31. März 1995 werde der Geschäftsbetrieb eingestellt.

Am 17. März 1995 hatte die Gemeinschuldnerin Antrag auf Durchführung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt. Mit Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg von Berlin wurde am 21. März 1995 vor Eröffnung des Verfahrens die Sequestration angeordnet und der Beklagte zu 1) zum Sequester bestellt. Mit Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg von Berlin vom 31. März 1995 um 18.00 Uhr wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1) zum Verwalter bestellt.

Der im Jahre 1944 geborene Kläger ist seit dem 1. April 1964 bei der Gemeinschuldnerin bzw. deren Rechtsvorgängerin als Möbeltischler mit einem Verdienst von zuletzt 3.500,– DM brutto/Monat beschäftigt. Der Kläger ist Vorsitzender des seit April 1994 im Betrieb der Gemeinschuldnerin bestehenden Betriebsrates.

In einer Betriebsversammlung am 17. März 1995 wurde die Belegschaft der Gemeinschuldnerin über den Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens am selben Tage informiert. In einer weiteren Betriebsversammlung am 22. März 1995 wurde die Belegschaft in Anwesenheit des Beklagten zu 1) dahin unterrichtet, daß über die Möglichkeit einer Fortführung in einer Auffanggesellschaft nachgedacht werde, sich aber eine Lösung bisher nicht abzeichne; jedenfalls sei eine Fortführung mit dem aktuellen Personalbestand nicht möglich, so daß Entlassungen anstünden. Am 24. März 1995 wurde dem Betriebsrat im Betriebe der Gemeinschuldnerin mitgeteilt, daß ein mögliches Übernahme- und Fortführungskonzept bisher konkrete Formen nicht angenommen habe und daß der Beklagte zu 1) (als Sequester) und die Geschäftsführung beschlossen hätten, den Betrieb zum 31. März 1995 stillzulegen. An der Besprechung nahmen auf Seiten des Betriebsrates der Kläger als Vorsitzender und drei weitere Mitglieder des Betriebsrates teil. Dem Betriebsrat wurde eine vollständige Personalliste übergeben, in welcher die persönlichen Daten der Arbeitnehmer und der beabsichtigte Entlassungstermin angeführt waren. In einer weiteren Betriebsversammlung am 29. März 1995 wurde die Belegschaft darüber informiert, daß alle Arbeitnehmer spätestens am 31. März 1995 ihre Kündigung – verbunden mit einer Freistellung – erhalten würden.

Mit Schreiben vom 30. März 1995, welches dem Beklagten zu 1) am selben Tage übergeben wurde, widersprach der Betriebsrat der Kündigung des Klägers mit der Begründung, das Gesamtvollstreckungsverfahren sei lediglich beantragt worden. Mit weiterem Schreiben vom 31. März 1995 teilte der Betriebsrat dem Beklagten zu 1) unter anderem mit, er habe den Kündigungen der fünf Betriebsratsmitglieder und zwei Ersatzmitgliedern deshalb widersprochen, weil bis zum 31. März 1995 keine Betriebsstillegung erfolgt sei und die Absicht hierzu keinen ausreichenden Grund darstelle.

Am 29. März 1995 sprach die Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin bereits am Rande der Betriebsversammlung verschiedene Arbeitnehmer an, wonach diese sich für eine Weiterbeschäftigung bereithalten sollten. Am 1. April 1995 wurden ca. 20 Arbeitnehmer zu Hause angerufen und aufgefordert, am Montag, dem 3. April 1995 die Arbeit anzutreten. Mit etwa 27 ehemaligen Arbeitnehmern der Gemeinschuldnerin wurde in deren Betriebsräumen am 3. April 1995 die Produktion aufgenommen. Dem Kläger und weiteren Betriebsratsmitgliedern wurde am selben Tage durch die Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin schriftliches Hausverbot erteilt.

Mit Kaufvertrag vom 5. April 1995 verkaufte der Beklagte zu 1) in seiner Eigenschaft als Gesamtvollstreckungsverwalter der „Abwicklungsghesellschaft … die im Eigentum der Gemeinschuldnerin stehende Büro- und Geschäftsausstattung gemäß Anlage. Im Vertrag ist weiterhin geregelt, daß sich der Käufer verpflichte, 30 Arbeitnehmer des Verkäufers ab dem 1. April 1995 zu beschäftigen, wobei die 30 Arbeitnehmer in einer Anlage namentlich aufgeführt wurden. Von Ansprüchen, die diese Arbeitnehmer ab dem 1. April 1995 gegenüber dem Beklagten zu 1) geltend machen könnten, stellte der Käufer den Beklagten zu 1) frei. Mit weiterem Vertrag vom 5. April 1995 zwischen d...

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