Revision wird für die Beklagte bezüglich des Urteilsausspruchs zu I. zugelassen.

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Versetzung. Entzug eines Teiltätigkeitsbereiches. Mitbestimmung des Betriebsrates

 

Leitsatz (amtlich)

Der Entzug eines Teiltätigkeitsbereichs, der weniger als 50 % der gesamten Tätigkeit ausmacht, ist dann eine Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG, wenn das Gesamtbild der Tätigkeit gerade auch durch diesen Teiltätigkeitsbereich maßgeblich geprägt und durch den Entzug desselben eine qualitativ erhebliche Veränderung erfährt.

Dies muß insbesondere dann gelten, wenn dieser Teiltätigkeitsbereich früher der Haupttätigkeitsbereich des Arbeitnehmers war, der ihm durch zahlreiche Entscheidungen, die jeweils nicht die Qualität einer Versetzung erreichten, Schritt für Schritt „schleichend” entzogen worden ist.

 

Normenkette

BetrVG § 95 Abs. 3, § 99

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 01.03.1995; Aktenzeichen 51 Ca 15910/94)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 1. März 1995 – 51 Ca 15910/94 – teil – weise geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger an mindestens 11 Arbeitstagen im Monat jeweils halbtags als Neuwagen-Verkäufer in den Verkaufsräumen … Berlin, und/oder … Berlin, zu beschäftigen.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 1. März 1995 – 51 Ca 15910/94 – wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Die Revision wird für die Beklagte bezüglich des Urteilsausspruchs zu I. zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob und in welchem Umfang die Beklagte den Kläger als Neuwagenverkäufer in ihren Verkaufsräumen zu beschäftigen hat, sowie über die private Nutzung des dem Kläger überlassenen Vorführfahrzeuges. Diesem Streit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

1. Einsatz in den Verkaufsräumen

Der Kläger ist aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 3. Mai 1979 in der Fassung vom 9. Mai 1985 als Autoverkäufer bei der Beklagten tätig. Nachdem der Kläger bis Ende Juli 1990 ausschließlich als Gebrauchtwagenverkäufer in den Verkaufsräumen … eingesetzt worden war, versetzte ihn die Beklagte mit Schreiben vom 21. Juni 1990 in ihre Neuwagen-Verkaufsabteilung. Der dagegen vom Kläger erhobenen Klage ist rechtskräftig stattgegeben worden.

Mit einem Schreiben vom 29. Januar 1991 wies die Beklagte dem Kläger einen Arbeitsplatz in ihren Verkaufsräumen am … zu. Auf die dagegen vom Kläger erhobene Klage verhandelten die Parteien außergerichtlich über einen Einsatz des Klägers als Neuwagen-Verkäufer für ein bestimmtes Verkaufsgebiet. Im Zuge dieser Vergleichsverhandlungen teilte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten auf deren Vergleichsvorschlag am 29. Oktober 1991 mit, daß der Kläger zur Anknüpfung von Geschäftskontakten nach wie vor auf einen Einsatz in einem der Ladengeschäfte Wert lege und sich insoweit eine wöchentliche Ladendienstzeit von ca. 12 Stunden an drei Tagen, verteilt auf Vormittags- und Nachmittagsschichten vorstelle.

Am 9. Januar 1992 schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht Berlin einen Vergleich, der unter anderem die folgenden Bestimmungen enthält:

„1. Der Kläger wird von der Beklagten ab 01. Dezember 1991 als Neuwagenverkäufer für das Gebiet Nr. 12 mit den statistischen Bezirken

eingesetzt.

8. Die Beklagte verpflichtet sich, den Kläger nach den jeweils geltenden Regelungen und unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes die Verkaufstätigkeit im Ladengeschäft einzuräumen.”

Nach Abschluß dieses Vergleiches wurde der Kläger von der Beklagten an jeweils elf Tagen pro Monat halbtags als Verkäufer in ihren Verkaufsräumen … und … eingesetzt.

Mit einem Schreiben vom 20. April 1994 (vgl. Bl. 31 d.A.) kündigte die Beklagte dem Kläger an, daß er im Zusammenhang mit einer weiteren Intensivierung der Gebietsarbeit Ladendienst künftig nur noch an Samstagen wahrnehmen könne. Am 3. Mai 1994 erhielt der Kläger vom zuständigen Mitarbeiter der Beklagten einen Ladendienstplan (vgl. Bl. 30 d.A.), der für den Kläger im Zeitraum von Mai bis Mitte Juli 1994 lediglich einen Ladendienst am 28. Mai 1994 vorsah. Dementsprechend ist der Kläger seit dieser Zeit nur noch sporadisch an Samstagen im Ladendienst eingesetzt worden. Dasselbe gilt für die anderen sogenannten Gebietsverkäufer, die seit 1. Mai 1994 ebenfalls nur noch an Samstagen im Ladendienst eingesetzt werden.

2. Nutzung des Vorführwagens

Im Hinblick auf seine Tätigkeit als Verkäufer stellte die Beklagte dem Kläger ein Vorführfahrzeug zur Verfügung. Dem lagen die in der Anlage II zum Arbeitsvertrag enthaltenen Nutzungsbedingungen zugrunde. In diesen von der Beklagten formulierten Bedingungen, auf deren Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird (vgl. Bl. 91 f d.A.), heißt es unter anderem:

„…

3.4 Die private Nutzung des Vorführfahrzeuges durch den Verkäufer ist im Umkreis

von 150 km

bis auf Widerruf gestattet. Eine darüber hinausgehende Nutzung bedarf der Genehmigung der Geschäftsleitung. Dies gilt...

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