Entscheidungsstichwort (Thema)

unechtes Versäumnisurteil. Aufhebung durch das Revisionsgericht. erneuter Termin. keine Ladung der ehemals säumigen Partei

 

Leitsatz (amtlich)

Wird durch das Revisionsgericht ein unechtes Versäumnisurteil des Berufungsgerichts aufgehoben mit dem Hinweis, dass das Berufungsgericht ein Versäumnisurteil hätte erlassen müssen, dann ist zu der nachfolgenden Verhandlung vor dem Berufungsgericht die ehemals säumige Partei nicht zu laden. Dies ergibt sich aus der analogen Anwendung des § 336 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

 

Normenkette

ZPO analog § 336 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 21.10.2003; Aktenzeichen 98 Ca 61795/03)

 

Tenor

I. Das Versäumnisurteil vom 07.06.2006 wird aufgehoben.

II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21.10.2003 – Az.: 98 Ca 61795/03 – wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Säumnis in den Terminen vom 08.07.2003 und vom 07.06.2006, die der Beklagte zu tragen hat.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte im Kalenderjahr 2003 einen von den allgemeinverbindlichen Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes erfassten Betrieb unterhalten und deshalb für die Monate Januar bis März 2003 Auskünfte zu erteilen und im Falle nicht fristgerechter Auskunftserteilung eine Entschädigung in Höhe von 660,00 EUR zu zahlen hat.

Der Kläger ist die tarifvertraglich bestimmte Einzugsstelle der Sozialkassen des Baugewerbes. Der Beklagte besitzt einen Lastkraftwagen und einen Bagger. Er firmiert unter der Bezeichnung „Bagger- und Erdarbeiten” und führt auch nach der Gewerbeanmeldung diese Arbeiten durch. Das Arbeitsamt St. stellte in seinem Bericht über eine Betriebsprüfung am 7. Juli 1998 fest, dass im Betrieb des Beklagten zu 100 % Kabelleitungstiefbauarbeiten erbracht werden. In einem Schreiben vom 5. August 2002 teilte der Beklagte der Z unter anderem mit, dass er auch Baggerarbeiten ausführt. Im Kalenderjahr 2003 beschäftigte der Beklagte als einzigen Arbeitnehmer seinen Sohn R Sch.

Der Kläger hat behauptet, der Sohn des Beklagten habe im Kalenderjahr 2003 zu mehr als 50 % seiner persönlichen Arbeitszeit Tiefbauarbeiten (Erdbewegungs-/Baggerarbeiten) durchgeführt.

Auf Antrag des Klägers hat das Arbeitsgericht am 8. Juli 2003 ein Versäumnisurteil erlassen und den Beklagten verurteilt,

  1. dem Kläger auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viel gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzl. Rentenversicherung – (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Januar bis März 2003 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,
  2. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an den Kläger eine Entschädigungssumme in Höhe von 660,00 EUR zu zahlen.

Gegen dieses Versäumnisurteil hat der Beklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt. Mit Urteil des Arbeitsgerichts vom 21. Oktober 2003 ist das Versäumnisurteil vom 8. Juli 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen worden. Wegen der Begründung wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung (Bl. 40 bis 46 d.A.) verwiesen.

Gegen dieses ihm am 4. November 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. November 2003 Berufung eingelegt und diese mit einem beim Landesarbeitsgericht am 4. Dezember 2003 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Über die Behauptung des Klägers, im Betrieb des Beklagten seien im Jahre 2003 zu mehr als 50 % der Arbeitszeit des einzigen Arbeitnehmers R Sch und auch zu mehr als 50 % der insgesamt im Betrieb des Beklagten geleisteten Arbeitszeit Tiefbauarbeiten ausgeführt worden, ist Beweis erhoben worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme vor dem ersuchten Arbeitsgericht St. wird auf die Protokolle vom 17. Februar 2004 (Bl. 88 bis 91 d.A.) und vom 22. Juni 2004 (Bl. 113 bis 115 d.A.) verwiesen.

In der Berufungsverhandlung am 10. November 2004 war der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten. Der Kläger hat beantragt, durch Versäumnisurteil das Urteil des Arbeitsgerichts vom 21. Oktober 2003 abzuändern und das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts vom 8. Juli 2003 aufrechtzuerhalten. Das Landesarbeitsgericht hat das von dem Kläger beantragte Versäumnisurteil nicht erlassen. Es hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Nachdem der Kläger die tatsächlichen Angaben des Zeugen als eigenen Sachvortrag übernommen habe, seien die Bekundungen des Zeugen als Vorbringen des Klägers im Sinne von § 539 Abs. 2 ZPO zu werten. Die Schätzung des Zeugen, wonach im Gesamtjahr 2003 von den Gesamttätigkeiten im Betrieb des Beklagten ca. 50 % auf Baggerarbeiten entfielen, sei in sich unschlüssig.

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