Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach dem PersVG Berlin bei Kündigung nach dem Einigungsvertrag im Westteil Berlins

 

Leitsatz (amtlich)

Der nach dem Berliner Personalvertretungsgesetz gebildete Personalrat hat (bis zum 15.12.1992) bei außerordentlichen und ordentlichen Kündigungen nach Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5 und 4 der Anlage I zum Einigungs- (hier: Kündigung eines Beschäftigten im Polizeibereich, dessen Dienststelle im Ostteil Berlins organisatorisch nicht aufrechterhalten, sondern in eine Dienststelle im Westteil der Stadt eingegliedert wurde) kein Mitbestimmungsrecht nach §§ 87 Nr. 9, 79 Abs. 1 PersVG Berlin, sondern nur die Beteiligungsrechte nach §§ 79, 77, 72 BPersVG-DDR (§ 6 Nr. 4 Buchst. a) des zweiten Gesetzes über die Vereinheitlichung des Berliner Landesrechts vom 10.12.1990; nach Art. II des 4. ÄndGPersVG vom 26.6.1992 – GBl. S. 210 – nur bis zum 15.12.1992 in Kraft) (ebenso OVG Berlin, Beschlüsse vom 4.9.1992 – OVG PV Bln 24.91 und 27.91 –; a.A.: LAG Berlin, Urteil vom 25.11.1991 – 12 Sa 64/91 –).

 

Normenkette

BPersVG-DDR § 79 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 16.03.1992; Aktenzeichen 75 A Ca 18.662/91)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 16. März 1992 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 75 A Ca 18.662/91 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der am 22. August 1962 geborene Kläger war nach seinen Angaben in der Klageschrift seit dem 1. Mai 1982 und unstreitig seit dem 1. November 1983 bei der Hauptabteilung K (Kriminalpolizei) Abteilung I Dienststelle I/U tätig, und zwar zunächst als Sachbearbeiter und später als Observant, zuletzt – seit 1989 – im Range eines Unterleutnantes der Kriminalpolizei. Die Hauptabteilung K unterstand unmittelbar dem Ministerium des Innern der ehemaligen DDR. Vom 1. Juli 1990 an wurde der Kläger als „Kriminalist Observation” zum Kriminalamt Berlin übernommen.

Nach der Vereinigung Berlins im Oktober 1990 wurde der Kläger in den Polizeidienst des Landes Berlin übernomen und bei der Direktion VB (Verbrechensbekämpfung) … EuS I als Observant eingesetzt, wo er zuletzt beim mobilen Einsatzkommando in … beschäftigt war.

Mit Schreiben der Abteilung Personal und Organisation, … Berlin vom 31. Juli 1991, dem Kläger am 1. August 1991 zugegangen, erklärte der Polizeipräsident in Berlin, er kündige den am 1. November 1983 mit dem Ministerium des Innern abgeschlossenen Dienstvertrag fristlos gemäß Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5 Ziff. 2 der Anlage I zum Einigungsvertrag und außerdem hilfsweise und vorsorglich fristgemäß.

Mit seiner am 8. August 1901 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung der Nichtauflösung des Arbeitsverhältnisses durch diese Kündigung und das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen begehrt. Mit einem am 22. August 1991 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger ferner die Verurteilung des Beklagten zur Weiterbeschäftigung über den 31. Juli 1991 hinaus verlangt.

Wegen der Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien in der ersten Instanz und der dort von ihnen gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Durch am 16. März 1992 verkündetes Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung wegen einer Tätigkeit für das frühere Ministerium für Staatssicherheit seien beim Kläger erfüllt und die erforderliche Zustimmung des Personalrats zu der Kündigung liege vor. – Wegen der Begründung im einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Urteil ist dem Kläger am 17. Juni 1992 zugestellt worden. Die Berufung des Klägers ist am 14. Juli 1992, die Berufungsbegründung ist am 12. August 1992 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt der Kläger vor:

Sinn und Zweck der Vorschrift des Abs. 5 Ziff. 2 a.a.O. der Anlage I zum Einigungsvertrag bestünden darin, über den Weg eines Sonderkündigungstatbestandes die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung in den Fällen zu eröffnen, in denen sich durch die Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit die Vermutung ergebe, daß die betreffende Person Bestandteil des Unterdrückungssystems der ehemaligen DDR gewesen sei. Infolge der vielfältigen Durchdringung des gesamten öffentlichen Lebens durch das Ministerium für Staatssicherheit müsse die Vorschrift des Einigungsvertrages eng ausgelegt werden. Anderenfalls wären fast alle Angehörigen des Öffentlichen Dienstes der ehemaligen DDR zu entlassen. Diese Folge sei aber gerade nicht gewollt.

Es müsse berücksichtigt werden, daß er, der Kläger, nicht organisatorisch dem Ministerium für Staatssicherheit zugeordnet, sondern daß er beim Ministerium des Innern beschäftigt gewesen sei und einen entsprechenden Dienstausweis gehabt habe und entsprechend sozialversichert gewesen sei.

Die Dienststelle I/U h...

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