Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 24.04.1998; Aktenzeichen 83 Ca 3995/98)

 

Tenor

I.

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.04.1998 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 83 Ca 3995/98 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

III.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte ist ein Unternehmen des Baugewerbes, in dem insgesamt etwa 80 Arbeitnehmer/innen beschäftigt werden. Sie stellte den Kläger vom 01.06.1992 an ein und beschäftigte ihn als Baufacharbeiter der Löhngruppe V. Mit Schreiben vom 28.01.1998 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen fristgemäß zum 28.02.1998, stellte später aber richtig, daß Kündigungstermin der 31.03.1998 sei. Mit seiner am 05.02.1998 eingegangenen Klage im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger die Kündigung nach Maßgabe der Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes als rechtsunwirksam angegriffen und beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28.01./25.02.1998 nicht zum 31.03.1998 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Kündigung wie folgt begründet: Im Hinblick auf die sinkende Nachfrage nach Bauleistungen im öffentlichen Bereich und den damit einhergehenden Preisverfall habe sie um die Jahreswende 1997/1998 die unternehmerische Entscheidung getroffen, ihre Bauleistung für das Jahr 1998 niedriger anzusetzen als für 1997 und deswegen den Personalbestand nach unten anzupassen. Sie habe die dauerhafte Reduzierung des Stellenplans um einen Werkpolier (Berufsgruppe I), einen Vorarbeiter (Berufsgruppe II) und einen Baufacharbeiter (Berufsgruppe V) vorgesehen. Unter Berücksichtigung der Dauer der Betriebszugehörigkeit, des Lebensalters und der Unterhaltspflichten der insgesamt beschäftigten fünfzehn Arbeitnehmer der Berufsgruppe V sei die Auswahl auf den Kläger gefallen.

Das Arbeitsgericht hat durch am 24.04.1998 verkündetes Urteil nach dem Klageantrag erkannt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Urteil ist dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am 09.06.1998 zugestellt worden. Die Berufung der Beklagten ist am 30.06.1998, die Berufungsbegründung ist – nach Fristverlängerung bis zum 30.08.1998 – am 22.08.1998 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen.

Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt die Beklagte vor: Wie sie bereits in erster Instanz vorgetragen habe, habe sie mit ihrer Entscheidung, den Personalbestand um insgesamt drei Stellen, davon eine Stelle eines Baufacharbeiters, entfallen zu lassen, die Entscheidung verbunden, die nach der Reduzierung des Stellenplanes dann jeweils vorhandene Arbeitsmenge von dem dann noch vorhandenen Personal bewältigen zu lassen, also sich möglicherweise ergebende Arbeitsverdichtungen bewußt in Kauf zu nehmen. Sie habe die getroffene Entscheidung auch umgesetzt. Die weggefallene Stelle des Klägers sei nicht wieder besetzt worden und werde auch nicht wiederbesetzt werden. Vielmehr werde der gesamte Betrieb zum 31.12.1998 stillgelegt. Zur Zeit des Ausspruchs der hier streitigen Kündigung habe es auch keine anderen Mittel zur Vermeidung der Kündigung gegeben. Kurzarbeit oder Verzicht auf – ohnehin kaum durchgeführte – Überstunden seien keine geeigneten milderen Mittel gewesen, weil nicht zu erwarten gewesen sei, daß eine Verringerung des Personalbedarfs nur vorübergehend sein würde und etwaige Mehrarbeiten öfter anfallen würden. Die Sozialauswahl sei unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen Kriterien durchgeführt worden. Der Kläger sei nicht schutzbedürftiger als die von ihm benannten Arbeitnehmer.

Wegen des weiteren Vorbringens zur Begründung der Berufung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 21.08.1998 (Bl. 80–87 d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

das angefochtene Urteil in vollem Umfang aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht sich die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zu eigen und trägt weiter vor: Die Entscheidung der Beklagten zur Kündigung könne selbst nicht als Kündigungsgrund anerkannt werden. Dringende betriebliche Gründe, die die Kündigung rechtfertigen könnten, könnten nur Gründe sein, die über die eigentliche Kündigung hinaus bestünden und sie als Folge erscheinen ließen. Allein der Hinweis der Beklagten, daß eine Leistungsverdichtung hingenommen werden würde, reiche nicht aus. Die Beklagte hätte vielmehr vortragen müssen, wie die vermeintlich beschlossenen und umgesetzten Maßnahmen betrieblich verwirklicht würden. Die Arbeitnehmer … und … seien sozial weniger schutzwürdig als er, der Kläger.

Wegen des weiteren Vorbringens zur Beantwortung der Berufung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 25.09.1998 (Bl. 92–96 d. A.) verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig Sie ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG), und sie ist fris...

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