Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialplanabfindungen sind mit ihrem steuerpflichtigen Anteil nicht Bruttoarbeitslohn im tariflichen Sinn und daher nicht beitragspflichtig. Beitragspflicht zur Sozialkasse. Sozialplanabfindungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Sozialplanabfindungen sind mit ihrem steuerpflichtigen Anteil nicht Bruttoarbeitslohn im tariflichen Sinn und daher nicht beitragspflichtig nach § 74 VTV. Beitragspflichtig kann nur der Bruttoarbeitslohn sein, der im bestehenden Arbeitsverhältnis als Gegenleistung für erbrachte Arbeit gezahlt wird.

 

Normenkette

VTV 1998 § 74 Abs. 2, § 74

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 08.02.2002; Aktenzeichen 15 Ca 64841/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.07.2003; Aktenzeichen 10 AZR 625/02)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 8. Februar 2002 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin –15 Ca 64841/01 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über restliche Sozialkassenbeiträge für gewerbliche Arbeitnehmer des damaligen Betriebes der Beklagten für die Monate Juni und Juli 1998. Dem zunächst klageweise verlangten Sozialkassenbeitrag von insgesamt 29.140,89 DM (= 14.899,50 EUR) liegt jeweils der steuerpflichtige Teil der gegen Beendigung der Arbeitsverhältnisse von der Beklagten an diese Arbeitnehmer gezahlten Abfindungen zugrunde. Ab Juni 1998 war der Betrieb der Beklagten in Berlin-West ansässig.

Die Höhe der jeweils gezahlten Abfindungen ergibt sich aus dem am 21. Oktober 1997 zwischen der Beklagten und ihrem Betriebsrat geschlossenen Sozialplan (Bl. 38 bis 42 d.A.). Als Zeiten der Betriebszugehörigkeit sind auch die langjährigen Vorbeschäftigungszeiten der Arbeitnehmer in dem Betrieb der Grundstücksgesellschaft … mbH berücksichtigt worden, der von der Beklagten mit allen Rechten und Pflichten seinerzeit übernommen worden ist.

Nach Klageerhebung hat der Kläger die ursprüngliche Klageforderung durch zweimalige Verrechnung zuviel eingenommener Beiträge für Angestellte auf zuletzt 10.964,97 EUR ermäßigt und in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 08. Februar 2002 die Hauptsache hinsichtlich des Mehrbetrages für erledigt erklärt.

Ausweislich der Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts vom 08. Februar 2002 (Bl. 76 und 77 d.A.) hat der Kläger beantragt.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 10.964,67 (zehntausendneunhundertvierundsechzig 67/100) zu zahlen, im Übrigen die Erledigung der Hauptsache festzustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage insgesamt abzuweisen.

Mit Urteil vom 08. Februar 2002 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Als gestellte Anträge hat es im Tatbestand für den Kläger den Antrag aufgenommen, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 14.899,50 EUR zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Tarifvertragsparteien hätten in § 74 Abs. 2 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (im Folgenden VTV) vom 12. November 1986 in der Fassung vom 10. Dezember 1997 nicht ausdrücklich zu erkennen gegeben, dass sie unter dem Begriff des Bruttoarbeitslohns alle Einkünfte oder alle Bezüge der gewerblichen Arbeitnehmer, soweit sie in der Lohnsteuerkarte oder der Lohnbescheinigung einzutragen seien, der Beitragspflicht hätten unterwerfen wollen. Es hat sodann an einem Beispiel vorgerechnet, dass die Einbeziehung des steuerpflichtigen Teils der Abfindung in den beitragspflichtigen Bruttolohn zu einer sehr viel höheren Urlaubsvergütung führen würde, als diese einem Arbeitnehmer zustünde, der nicht im laufenden Urlaubsjahr gegen Zahlung einer Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide. Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien nunmehr ab 1999 Abfindungen gemäß § 3 Nr. 9 EStG ausdrücklich als nicht zum Bruttolohn gehörend bezeichnet haben, habe nur deklaratorischen Charakter. Daran ändere auch das Schreiben der IG-Bau vom 11. September 1998 nichts, da sich die Tarifvertragsparteien offenbar erst 1998 der Rechtsproblematik bewusst geworden seien, bei der Erschaffung der tariflichen Bruttolohnbeschreibung sich aber keine Gedanken darüber gemacht hätten.

Gegen dieses dem Kläger am 06. Juni 2002 zugestellte Urteil richtet sich seine am 03. Juli 2002 bei dem Landesarbeitsgericht mit Begründung eingegangene Berufung.

Der Kläger wiederholt seine Rechtsansicht, dass die in § 74 Abs. 2 VTV in der damaligen Fassung verwendete Bezeichnung Bruttolohn durch dasjenige definiert werde, was steuerrechtlich als Bruttoarbeitslohn angesehen werde und folglich in die Lohnsteuerkarte bzw. -bescheinigung einzutragen bzw. pauschal zu versteuern sei. Der Begriff „Brutto (Arbeits) Lohn” habe bewusst durch die steuerrechtlichen Tatbestände eindeutig definiert werden sollen, ohne die Definition dieses Begriffes den interpretatorischen Bemühungen der Gerichte in einer Vielzahl von Prozessen zu überlassen.

Mit der in § 74 VTV 1998 verwandten Definition hätten die Tarifvertragsparteien auf § 41 b Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG in der damals geltenden Fassung verwiesen, w...

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