Entscheidungsstichwort (Thema)

Verpflichtung eines Hausmeisters zur Errichtung des Hauptwohnsitzes im Arbeitsbereich

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist ein Arbeitnehmer vertraglich verpflichtet seinen Hauptwohnsitz im Arbeitsbereich zu errichten, so stellt es einen Kündigungsgrund dar, wenn er seinen Hauptwohnsitz außerhalb des Arbeitsbereichs errichtet.

 

Normenkette

BGB § 611; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 16.09.2004; Aktenzeichen 40 Ca 11894/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 07.06.2006; Aktenzeichen 4 AZR 316/05)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16.9.2004 – 40 Ca 11894/04 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Rechtswirksamkeit einer arbeitgeberseitigen ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses, die die Beklagte, eine gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft, gegenüber dem seit dem 1. Dezember 1993 als Hausmeister beschäftigten Kläger am 26. April 2004 mit Wirkung zum 30. September 2004 deswegen ausgesprochen hat, weil dieser seinen Hauptwohnsitz in einen Ort verlegt hat, der 77 Kilometer von seinem Arbeitsgebiet entfernt liegt. Im Arbeitsvertrag der Parteien war die Geltung des Mantel- und Lohntarifvertrages für die Arbeiter der Städtischen Wohnungsgesellschaften vom 12. Juni 1980 mit den zusätzlich geschlossenen Tarifverträgen sowie die an seine Stelle tretenden Tarifverträge, und zwar jeweils in der für die Beklagte geltenden Fassung, vereinbart. Im zuletzt geltenden Manteltarifvertrag für die Arbeiter der Beklagten vom 12. September 2001 (Bl. 60 ff. d.A.) ist in § 16 folgende Regelung getroffen:

„…

§ 16 Dienstwohnung

(1) Zur Erfüllung seiner Arbeitsleistung ist der Arbeitnehmer zum Bezug einer Wohnung im Arbeitsgebiet verpflichtet.

Protokollerklärung zu Absatz 1:

Wohnung im Sinne dieses Absatzes bedeutet, dass dort der Lebensmittelpunkt und der Hauptwohnsitz des Arbeitnehmers ist.

…”

Am 23. Februar 2004 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er seinen Hauptwohnsitz nach L. in den Oderbruch verlege, dort wolle er auf einem Bauernhof mit seiner Lebensgefährtin seinen Lebensmittelpunkt errichten. In Berlin wolle er einen Zweitwohnsitz beibehalten. Dem vorangegangen waren eine Reihe von Gesprächen zwischen dem Kläger und der Personalabteilung der Beklagten, in welchen der Kläger seine bevorstehende Absicht kundgetan hatte und von der Beklagten darauf hingewiesen worden ist, dass dies von der Beklagten als Verstoß gegen den Arbeitsvertrag angesehen werde. Nach Mitteilung der Umzugsabsicht kam es zu weiteren Gesprächen, innerhalb derer die Beklagte den Kläger darauf hinwies, dass das Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt werden könne, wenn er seinen Wohnsitz verlege. Der Kläger erklärte, dass er dies über seinen Anwalt klären lassen wolle.

Mit Schreiben vom 26. April 2004 (Bl. 4 ff. d.A.) sprach die Beklagte sodann die hier streitgegenständliche ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2004 aus. Darüber hinaus kam es noch zum Ausspruch zweier Abmahnungen vom 26. April 2004 und vom 8. Juni 2004, deren Berechtigung der Kläger im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreites ebenfalls anzweifelt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass seinerseits keine Verpflichtung bestehe, seinen Hauptwohnsitz im Arbeitsgebiet zu nehmen, dies könne weder durch eine Protokollnotiz noch sonst durch eine tarifliche Regelung festgelegt werden, da es sich dabei um eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts handele. Die in den Abmahnungen erhobenen Vorwürfe seien unzutreffend.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 26. April 2004 nicht mit Ablauf des 30. September 2004 beendet worden ist;
  2. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 26. April 2004 aus der Personalakte zu entfernen;
  3. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 8. Juni 2004 aus der Personalakte zu entfernen und
  4. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreites weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die Bestimmungen im Manteltarifvertrag und auf deren Rechtswirksamkeit hingewiesen. Die Regelung sei insbesondere im Bezugspunkt der Tätigkeit des Klägers als Hauswart verhältnismäßig, da dieser auch außerhalb der Arbeitszeiten erreichbar sein müsse. Insbesondere müsse er auch gegebenenfalls Maßnahmen zur Beseitigung von Gefahren und ähnliches treffen, abgesehen von den Tätigkeiten des Verschließens, des Öffnens von Räumlichkeiten, der Schneebeseitigung und vielem mehr. Es habe viele Versuche gegeben, den Kläger von seinem Umzug abzubringen, dieser habe aber auf seiner Absicht bestanden, möglicherweise, um bezüglich des Hauses im Oderbruch Wohnungsbaumittel in Anspruch nehmen zu können. Jedenfalls sei im Hinblick auf das Verhalten des Klägers eine Abma...

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