Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anspruch eines noch nicht 60jährigen auf Abschluß eines Altersteilzeitbeschäftigungsverhältnisses. Altersteilzeit im öffentlichen Dienst

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung der Tarifvertragsparteien, nach § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) für Arbeitnehmer, die das 55, aber noch nicht das 60. Lebensjahr vollendet haben, eine „Kann”-Regelung zuzulassen, führt dazu, daß der Arbeitgeber gegenüber Arbeitnehmern, die noch nicht das 60. Lebensjahr vollendet haben, einen weitergehenden Entscheidungsspielraum hat als gegenüber denjenigen Arbeitnehmern, die das 60. Lebensjahr vollendet haben.

2. Die Ablehnung eines Antrags eines Arbeitnehmers, der das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, auf Abschluß eines Altersteilzeitbeschäftigungsverhältnisses muß nur billigem Ermessen entsprechen.

3. Danach reicht es zur Ablehnung des Antrages grundsätzlich aus, wenn für die Stelle des Antragstellers eine strikte Einstellungssperre besteht.

 

Normenkette

BGB § 315 Abs. 1; TV ATZ § 2 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 10.05.1999; Aktenzeichen 93 Ca 5957/99)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10. Mai 1999 – 93 Ca 5957/99 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die vom Kläger begehrte Verpflichtung der Beklagten, mit ihm ein Altersteilzeitbeschäftigungsverhältnis zu begründen.

Der am 23.09.1943 geborene Kläger war seit dem 16.02.1973 bei der Beklagten zunächst als Arbeiter, nach einer Weiterbildung seit dem 01.01.1997 als Angestellter in Vollzeit, zuletzt als Bürosachbearbeiter Ausbildung in der Geschäftsstelle Potsdam des Landesbeauftragten für Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt des Technischen Hilfswerks beschäftigt. Der Umfang der Weiterbildungsmaßnahmen ist zwischen den Parteien streitig.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme (vgl. dazu den letzten Arbeitsvertrag vom 08.06.1998, Bl. 7 d. A.) der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 05.05.1998 Anwendung. Dort heißt es in § 2:

§ 2

Voraussetzungen der Altersteilzeit:

(1) „Der Arbeitgeber kann mit vollbeschäftigten Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr und eine Beschäftigungszeit (z.B. § 19 BAT/BAT-O) von 5 Jahren vollendet haben und in den letzten 5 Jahren an mindestens 1080 Kalendertagen mit der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt waren, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren. Geringfügige Unterschreitungen der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sind unbeachtlich. Als vollbeschäftigt gelten auch Arbeitnehmer, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit durch eine besondere tarifvertragliche Regelung herabgesetzt worden ist.

(2) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber 3 Monate vor dem Beginn der Altersteilzeit über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren; von der Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.

(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.

(4) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von 2 Jahren vereinbart werden. Es muß vor dem 01. August 2004 beginnen.”

Mit Schreiben vom 16.12.1998 (vgl. dazu das Schreiben in Kopie Bl. 8 d. A.) stellte der Kläger einen Antrag auf Altersteilzeit im Blockmodell, beginnend mit dem 01.06.1999, welcher mit Schreiben vom 07.01.1999 abgelehnt wurde (vgl. dazu das Schreiben in Kopie Bl. 9–10 d. A.), wobei sich die Beklagte auf „dringende betriebliche Gründe” berief.

Mit seiner am 24.02.1999 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 23.03.1999 zugestellten Klage hat der Kläger sein Begehren weiter, verfolgt. Er hat behauptet, daß er lediglich einen dreiwöchigen Anpassungslehrgang besucht hätte sowie einen einwöchigen Fachverwendungslehrgang. Weitere Schulungen und Einarbeitungsmaßnahmen hätten nicht stattgefunden. Von daher könne die Beklagte sich nicht auf einen großen personellen und finanziellen Aufwand hinsichtlich seiner Umschulung berufen, so daß die Beklagte verpflichtet sei, ihr Ermessen in Richtung des Abschlusses eines Altersteilzeitvertrages zu üben.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, mit ihm eine Altersteilzeitvereinbarung abzuschließen auf der Basis des Blockmodells, beginnend am 01.06.1999 bis zum 31.07.2001 mit der Arbeitsphase und vom 01.08.2001 bis zum 30.09.2003 mit der Freistellungsphase.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, daß der Kläger über einen Zeitraum von 2 Jahren hinweg geschult und an seine jetzige Funktion herangeführt worden sei. Daher hätte sie ein berechtigtes Intere...

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