Entscheidungsstichwort (Thema)

anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit. Weiterbeschäftigung nach Widerspruch des Betriebsrats

 

Leitsatz (amtlich)

Schließung einer Betriebsabteilung

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2 S. 2; BetrVG § 102 Abs. 5 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 08.07.2010; Aktenzeichen 54 Ca 14/10)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 08.07.2010 – 54 Ca 14/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochenen Kündigung.

Die Beklagte entwickelt Softwareprodukte und -lösungen für die automatisierte Verarbeitung großer Daten- und Dokumentationsmengen und beschäftigt ca. 600 Mitarbeiter an verschiedenen Standorten. Die am 09. November 1980 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Klägerin hat bei der Beklagten in der Zeit vom 01. September 2000 bis zum 25. August 2003 eine Ausbildung zur Fachinformatikerin absolviert und war danach vom 26. August 2003 bis 25. August 2005 befristet bei der Beklagten beschäftigt. Vom 01. September 2005 bis zum 31. März 2006 war sie sodann bei zwei Leiharbeitsunternehmen beschäftigt, aber durchgehend bei der Beklagten eingesetzt. Seit dem 01. April 2006 ist sie unbefristet bei der Beklagten am Standort Berlin als Mitarbeiterin 7/24 Internal Services beschäftigt. Bei der Beklagten ist ein Betriebsrat gebildet.

Während ihrer Elternzeit ging die Klägerin einer Teilzeitbeschäftigung im Bereich Support nach. Zu ihren Aufgaben gehörten dabei die Annahme von Problemen bei Einsatz von Beta- und Partnerprodukten von Kunden und Technikern der Beklagten vor Ort in deutscher und englischer Sprache, die Beantwortung von Fragen zur Funktionsweise von Produkten, die Problemerfassung im Customer-Help-Desk-System einschließlich der Vergabe einer Priorität, die Suche nach vorhandenen Problemlösungen in den vorhandenen Wissensdatenbanken, die Übergabe der Problemmeldungen an den Second Level Support, die Überprüfung und Validierung von Lösungsvorschlägen sowie die Auslieferung und Erläuterung von Antworten und Problemlösungen an die Kunden. Daneben übernahm sie als Sonderaufgaben die Installation und Aktualisierung von hausintern genutzten z/OS-Anwendungen. Nach Beendigung der Elternzeit war die Klägerin ab dem 01. Mai 2009 in Vollzeit gegen ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.300,– EUR mit den schon während der Elternzeit ausgeübten Tätigkeiten betraut.

Der Betrieb der Beklagten ist nach einem Organigramm vom September 2009 (Bl. 99 – 100 d. A) u. a. in eine Abteilung „Services” untergliedert, die sich wiederum unterteilt in den Bereich „Project/Consulting” und „Services/Support IDM”. Zu dem Bereich „Services/Support IDM” gehören als weitere Untergliederungen das „7/24 Service Team” mit vier Mitarbeitern, das „Support Berlin Team” mit acht Mitarbeitern (u. a. der Klägerin) und die „IDM Customer Services” mit vier Mitarbeitern.

Mit Datum vom 10. November 2009 schrieb die Beklagte intern die Stelle eines Presales Consultant DCI/IdM aus, für die als Voraussetzungen folgende Anforderungen verlangt waren:

„(…) Voraussetzungen

  • • Mind. 3 Jahre praktische Erfahrung im Bereich Mainframe-Rechenzentren
  • • Detailkenntnis / praktische Erfahrung im Umgang mit Infrastruktur-Software im Bereich Managed File Transfer
  • • Englisch verhandlungssicher
  • • Gute Präsentationstechnik mit MS Powerpoint und bei Produktdemonstrationen
  • • Gute Kenntnisse von MS-Office und Lotus Notes
  • • Flexibilität und Belastbarkeit
  • • Sehr selbständiges Arbeiten
  • • Kontaktfreude sowie Fähigkeit im Team zu arbeiten
  • • Reisefreudigkeit auch im Ausland

Wünschenswerte Anforderungen

  • • Weitere Fremdsprachen
  • • Erfahrung in Presales oder Consulting von Infrastruktur-Software
  • • Technische Kenntnisse des Beta Systems Produktportfolio speziell der DCI-Produkte (…)”

Auf diese Stelle bewarb sich die Klägerin innerhalb der Bewerbungsfrist. Die Beklagte berücksichtigte die Bewerbung der Klägerin nicht und führte diesbezüglich zur Begründung in einer an die Klägerin gerichteten e-mail vom 23. Dezember 2009 aus, dass bei der Klägerin Qualifikations- und Erfahrungsdefizite bestünden, die nicht innerhalb kurzer Zeit ausgeglichen werden könnten. Die Beklagte ging dabei von drei Monaten aus, um die „volle Handlungsfähigkeit herzustellen”. Weiter nannte die Beklagte folgende, aus ihrer Sicht wesentliche Voraussetzungen, die bei der Klägerin fehlten.

  • • keine Fach- oder Hochschulausbildung
  • • keine Erfahrung in der Koordination, Planung und Realisierung komplexer Vorhaben unter Beteiligung mehrerer Parteien und Personen (z.B. POCs)
  • • nur wenig praktische Erfahrungen im Bereich von Mainframe-Rechenzentren, da sie selber nicht direkt selber in einem tätig war
  • • keinerlei Erfahrungen im Managed Files Transfer Lösungen
  • • nur wenig Erfahrung im Consulting/Beratungsgespräch, ihre Arbeit im 7/24 waren vorwiegend interne Assistenztätigkeiten bzw. im First Level Support n...

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