Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Polizeiangestellten im Objektschutz. Begriff der "gründlichen Fachkenntnisse" im Sinne des BAT. Unerlässliche tatsächliche und rechtliche Kenntnisse zur Begründung gründlicher Fachkenntnisse

 

Leitsatz (amtlich)

Die Tätigkeit eines oder einer Polizeiangestellten im Objektschutz erfordert gründliche Fachkenntnisse im Sinne der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1b der Anlage 1a zum BAT-/BAT-O.

 

Normenkette

BAT-O § 22 Abs. 2; TVÜ-Länder § 17 Abs. 1; ZPO § 91 Abs. 1, § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 16.07.2021; Aktenzeichen 21 Ca 4301/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 30.11.2022; Aktenzeichen 4 AZR 195/22)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Juli 2021 - 21 Ca 4301/15 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger nach Entgeltgruppe 6 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) zu vergüten und die Bruttonachzahlungsbeträge ab dem Ersten des jeweiligen Folgemonats beginnend mit dem 3. April 2015 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

II. Die Kosten der I. Instanz haben der Kläger zu 67,19 % und das beklagte Land zu 32,81 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat das beklagten Land zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

Der Kläger ist gelernter Maschinist für Wärmekraftanlagen und war seit 1983 als Wachtmeister bzw. Oberwachtmeister bei der Volkspolizei der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in Neubrandenburg und Berlin tätig. Seit dem 12. Juli 1993 ist er bei dem beklagten Land unter Anrechnung von Vordienstzeiten seit dem 1. November 1985 als vollbeschäftigter Angestellter beschäftigt und als Wachpolizist im zentralen Objektschutz tätig. Vom 28. März bis zum 29. April 1994 absolvierte er mit Erfolg einen Grundlehrgang der Wachpolizei für den Objektschutz. In den Jahren 2005, 2007, 2012 und 2014 nahm er an Fortbildungslehrgängen und im Jahr 2017 an einem Schießtraining teil.

Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 16. Februar 1994 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die mit dem Land Berlin bzw. dem Arbeitgeberverband, dem das Land Berlin angehört, bisher vereinbarten, noch geltenden und künftig abzuschließenden Tarifverträge über Arbeitsbedingungen der Angestellten, deren Arbeitsverhältnisse in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet begründet worden sind, Anwendung. Wegen des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages wird auf dessen Ablichtung (Blatt 15 f. (folgende) der Akten) verwiesen. Vom 1. Juli 1990 bis zum 30. September 2017 war der Kläger Mitglied der Gewerkschaft der Polizei.

Der Objektschutzdienst umfasst den Postendienst sowie den Fuß-, Rad- und motorisierten Streifendienst. Voraussetzung für die Tätigkeit ist ein Hauptschulabschluss und die erfolgreiche Absolvierung eines mittlerweile etwa 16-wöchigen Einführungslehrgangs. Die im Objektschutz tätigen Polizeiangestellten - so auch der Kläger - bewachen Botschaften, Konsulate, das Reichstagsgebäude, jüdische Einrichtungen und Wohnungen von Politikern oder Personen des öffentlichen Lebens, um die Gebäude und die in den Gebäuden befindlichen Personen vor jeglicher Gewalt und Gefahr zu schützen. Zunächst wurde der Kläger als Springer an wechselnden Schutzobjekten eingesetzt. Seit November 2017 wird er schwerpunktmäßig an den Schutzobjekten in der Herbartstraße 24-26 und der Dernburgstraße 36 (jüdisches Pflegeheim Hermann Strauß, Synagoge sowie jüdisches Seniorenzentrum mit Synagoge) eingesetzt. Als Dienstausstattung führt der Kläger einen Schlagstock, ein Reizstoffsprühgerät und als Dienstwaffe eine Handfeuerwaffe sowie je nach Einsatz auch eine Maschinenpistole mit sich. Für die verschiedenen Objekte gibt es jeweils "Posten- und Streifenanweisungen", in denen die örtlichen Verhältnisse und Besonderheiten der Schutzobjekte sowie die vorgesehenen Objektschutzmaßnahmen näher beschrieben sind. Wegen der Einzelheiten wird auf die Posten-/Streifenanweisung für die Objekte, an denen der Kläger schwerpunktmäßig eingesetzt ist, (Blatt 263 ff. (fortfolgende) der Akten) sowie auf die vom Kläger beispielhaft eingereichten Posten-/Streifenanweisungen für die Botschaft und Residenz des Staates Israel (Blatt 504 ff. der Akten) und das Privathaus einer Richterin (Blatt 623 ff. der Akten) verwiesen.

Es existiert eine Muster-Beschreibung des Aufgabenkreises (Muster-BAK) aus dem Jahr 1984. In der Anlage zu Ziffer 5 der Muster-BAK ist der Arbeitsvorgang unter der laufenden Nr. 1 Buchstabe a wie folgt beschrieben:

"Schutz von Objekten im Rahmen des Posten- sowie d...

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