Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsstrafe. vertragswidrige Beendigung. Verschuldensmaßstab

 

Leitsatz (amtlich)

Verschulden

 

Normenkette

BGB §§ 305, 309 Nr. 6, § 310 Abs. 3 Nr. 1, § 339

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 20.01.2010; Aktenzeichen 56 Ca 1010/10)

 

Tenor

1.) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. Januar 2010 – 56 Ca 20478/09 und 56 Ca 1010/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2.) Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch darum, ob die Klägerin und Berufungsbeklagte wegen vertragswidriger Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Nichteinhaltung der für sie maßgeblichen Kündigungsfrist) zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes verpflichtet ist.

Die Klägerin war bis zu ihrer Eigenkündigung zum 31. Oktober 2009 seit dem 01. August 2004 als Krankenschwester mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einem Grundgehalt in Höhe von 1.950,– EUR bei der Beklagten beschäftigt. In dem letzten zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 07. Dezember 2006 sind u. a. folgende Regelungen enthalten:

„(…)

§ 9

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

(1)

Die Vertragsparteien können mit einer Frist von vier Wochen das Arbeitsverhältnis zur Monatsmitte oder zum Monatsende kündigen. Eine gesetzliche Verlängerung der Kündigungsfrist des Arbeitgebers gilt auch für den Arbeitnehmer. (…)

§ 10

Vertragsstrafe

(1)

Für den Fall der schuldhaften Nichtaufnahme oder vertragswidrigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet sich der Arbeitnehmer, an den Arbeitgeber eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatseinkommens zu zahlen.

(2)

Das Recht des Arbeitgebers, einen weitergehenden Schaden geltend zu machen, bleibt davon unberührt. (…)

§ 11

Verfallklausel

(1)

Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.

(…)”

Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 25. August 2009, zugegangen am selben Tag, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten mit Wirkung zum 31. Oktober 2009.

Zwischen den Parteien herrscht allerdings Streit über die Frage der Dauer der Betriebszugehörigkeit bzw. anzurechnender Betriebszugehörigkeitszeiten bei etwaigen Rechtsvorgängern der Beklagten und der daraus resultierenden Kündigungsfrist für die Klägerin. Denn die Klägerin schloss in der Vergangenheit mehrere Arbeitsverträge mit unterschiedlichen Arbeitgebern für unterschiedliche Tätigkeiten ab. Zunächst schloss die Klägerin am 01. Juni 1999 einen Arbeitsvertrag als Krankenschwester mit der Fa. H.H.M. (Bl. 39 – 40 d. A.). Für die Zeit ab dem 01. April 2004 schloss die Klägerin einen Arbeitsvertrag mit der Fa. H. B. R. GmbH (Bl. 41 – 43 R d. A.) ebenfalls als Krankenschwester mit angegebenem Beginn des Arbeitsverhältnisses ab dem 01. April 2004 ab, an den sich für die Zeit vom 09. bis zum 31. Juli 2004 ein Arbeitsvertrag als Qualitätsbeauftragte für die Fa. H.H.M. mit Beginn des Arbeitsverhältnisses ab dem 09. Juli 2004 anschloss (Bl. 44 – 45 R d. A.). Ab dem 01. August 2004 war sie dann wiederum als Krankenschwester bei der Fa. G. H. M. GmbH mit Einstellungsdatum ab dem 01. August 2004 beschäftigt (Bl. 4 – 6 d. A.), mit der sie am 07. Dezember 2006 einen weiteren Arbeitsvertrag (Bl. 46 – 48 R d. A.) mit Einstellungsdatum ab dem 01. Dezember 2006 abschloss, der mit Änderungsvertrag vom 07. September 2007 (Bl. 7 d. A.) hinsichtlich der Vergütung eine Änderung erfuhr. Die der Klägerin erteilten Gehaltsabrechnungen weisen als Eintrittsdatum den 01. August 2004 aus.

Ausweislich der Gehaltsabrechnung für den Monat Oktober 2009 zog die Beklagte von dem der Klägerin zustehenden Gehaltsabrechnung eine Vertragsstrafe in Höhe von 1.950,– EUR ab und zahlte lediglich einen sich danach ergebenden Auszahlungsbetrag in Höhe von 55,05 EUR an die Klägerin aus.

Gegen den Abzug hat sich die Klägerin mit der am 18. November 2009 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage gewandt und klageweise den in Abzug gebrachten Betrag geltend gemacht. Sie hat gemeint, die Vertragsstrafenregelung sei unwirksam. Jedenfalls habe sie die Vertragsstrafe nicht verwirkt. Sie habe die für sie maßgebliche Kündigungsfrist eingehalten. Selbst wenn die bei den anderen Arbeitgebern zurück gelegten Betriebszugehörigkeitszeiten zu berücksichtigen seien, sei die etwaige Nichteinhaltung der Kündigungsfrist unverschuldet. Schließlich habe die Beklagte durch die Gestaltung der Arbeitsverträge den Eindruck erweckt, dass das Arbeitsverhältnis erst ab dem 01. August 2004 begründet wurde.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.950,– EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und hilfsweise im Wege der Widerklage

die Klä...

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