Entscheidungsstichwort (Thema)

Equal-Pay-Ansprüche eines Leiharbeitnehmers. Wirksamkeit von Tarifverträgen der CGZP. arbeitsvertragliche Bezugnahme auf einen mehrgliedrigen Tarifvertra. Ausschlussfrist. Differenzlohnklage einer Leiharbeitnehmerin bei unklarer arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf mehrgliedrigen Tarifvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nachdem das Bundesarbeitsgericht mit seiner Entscheidung vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) die Tariffähigkeit der CGZP verneint hat, bedarf es keiner Aussetzung einer Zahlungsklage auf das im Entleiherbetrieb übliche Entgelt nach § 97 Abs. 5 ArbGG (wie LAG Hamm v. 30.06.2011 - 8 Sa 387/11).

2. Eine einzelvertragliche Bezugnahme auf die ab 1. Januar 2010 abgeschlossenen Tarifverträge zwischen dem AMP und der CGZP, der CGM, der DHV, dem BIGD, dem ALEB sowie der medsonet in ihrer jeweils gültigen Fassung verstößt gegen das Transparenzgebot nach § 307 BGB, da insbesondere wegen der dynamischen Bezugnahme nicht erkennbar ist, welche der Regelungen unter welchen Voraussetzungen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollen. Die Anwendung des "blue-pencil-tests" scheidet hier aus, da die Abweichung vom "equal-pay"- Anspruch durch eine rein statische Bezugnahme auf einen Tarifvertrag nicht zulässig wäre.

3. Die einzelvertragliche Ausschlussfrist hat frühestens mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 begonnen. Der Begriff der Fälligkeit ist unter Berücksichtigung der Grundgedanken des Verjährungsrechts auszulegen.

 

Normenkette

AÜG §§ 9-10; ArbGG § 97 Abs. 5; BGB § 307; AÜG § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4; TVG § 2 Abs. 1; BGB § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, 3 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 09.06.2011; Aktenzeichen 3 Ca 422/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.03.2013; Aktenzeichen 5 AZR 954/11)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 09. Juni 2011 - 3 Ca 422/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten - soweit für das Berufungsverfahren relevant - über Vergütungsansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis für den Zeitraum vom 15. Juni 2009 bis zum 30. Juni 2010.

Die Klägerin war auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 30. April 2009 (Bl. 11-14 d.A.) nebst Änderungsvereinbarung vom 6. April 2010 (Bl. 15 d.A.) bei der Beklagten in der Zeit vom 4. Mai 2009 bis zum 30. Juni 2010 als Leiharbeitnehmerin für Montagearbeiten mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Stunden zu einem Bruttostundenlohn von zunächst 6,00 EUR, ab 1. Juli 2009 von 6,15 EUR beschäftigt. Außerdem erhielt die Klägerin 2009 Fahrtkosten und 2010 vermögenswirksame Leistungen. Für die Beträge im Einzelnen wird auf die der Klägerin erteilten Abrechnungen (Bl. 19 - 33 d.A.) Bezug genommen.

Der Arbeitsvertrag vom 30. April 2009 nahm in seinem § 1 die Regelungen der zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträge, bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträge sowie etwaige ergänzende oder ersetzende Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung in Bezug. Weiterhin enthält der Arbeitsvertrag unter § 14 die Vereinbarung einzelvertraglicher Ausschlussfristen. Es heißt dort:

Die Parteien vereinbaren hiermit ausdrücklich einzelvertraglich unabhängig von der Geltung eines Tarifvertrages und der einzelvertraglichen Bezugnahme eines Tarifvertrages im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:

Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

Mit Änderungsvereinbarung vom 6. April 2010 änderten die Parteien rückwirkend ab dem 1. Januar 2010 u.a. die tarifliche Bezugnahmeklausel wie folgt ab:

§ 1 Tarifliche Bestimmungen

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV- die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BGID), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) sowie medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Ent...

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