Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifauslegung. Eingruppierung eines Erziehers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Regelung des § 1 Nr. 2 MTV Pro Seniore hindert weder das Inkrafttreten des Tarifvertrags insgesamt nach § 27 MTV Pro Seniore noch wird durch diese Regelung der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags erforderlich.

2. Ein staatlich anerkannter Erzieher, der in einem sozialtherapeutischen Wohnprojekt psychisch kranke Menschen betreut, ist nicht in die Vergütungsgruppe Vb, hilfsweise Vc, der Anlage B des Manteltarifvertrags zwischen der Pro Seniore Consulting & Conception für Senioreneinrichtungen AG und der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di v. 24. 09.2004 einzugruppieren.

 

Normenkette

TVG § 1; MTV Pro Seniore §§ 12b, 1 Nr. 2, § 27; MTV Pro Seniore § 24; BGB § 158

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 29.11.2006; Aktenzeichen 35 Ca 11570/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29.11.2006 – 35 Ca 11570/06 – teilweise abgeändert und die Zahlungsklage (Ziffer 1 des Tenors im angefochtenen Urteil) sowie die Feststellungsklage (Ziffer 2 des Tenors im angefochtenen Urteil) abgewiesen.

II. Auf die klageerweiternde Berufung des Klägers wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 258,63 EUR brutto (zweihundertachtundfünfzig 63/100) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.08.2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klageerweiterung abgewiesen.

III. Im Übrigen werden die Berufungen des Klägers und der Beklagten zurückgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 9/10, die Beklagte zu 1/10.

V. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die tarifrechtliche Eingruppierung des Klägers, Vergütungsansprüche für die Zeit von Dezember 2005 bis einschließlich Mai 2006 und Ansprüche des Klägers auf Urlaubsgeldzahlung für 2005 und 2006.

Der 1968 geborene Kläger ist seit dem 01.10.1991 staatlich anerkannter Erzieher. Er ist seit dem 01.07.2006 verheiratet, im Übrigen einem Kind gegenüber unterhaltspflichtig. Die Beklagte, Teil einer Unternehmensgruppe mit bundesweit über 100 Seniorenresidenzen und ca. 6 000 beschäftigten Arbeitnehmern, betreibt ein Krankenheim und ein sozialtherapeutisches Wohnprojekt. Der Kläger, der auf der Basis des am 01.03.1998 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgeschlossenen Arbeitsvertrages, auf dessen Inhalt Bl. 11 bis 26 d. A. Bezug genommen wird, als Erzieher mit 40 Wochenstunden tätig ist, betreut in dem sozialtherapeutischen Wohnprojekt 10 Personen, die an verschiedenen Formen der Schizophrenie leiden, daneben als Mitbetreuer weitere 10 Personen in einer anderen Wohngruppe der Beklagten. Zum Inhalt der klägerischen Tätigkeit wird auf das Zwischenzeugnis vom 01.11.1999, Bl. 54 d. A., auf den Flyer der Beklagten, Bl. 50 f. d. A., und auf die Anlage K 11, Bl. 119 f. d. A. im Einzelnen Bezug genommen. Die Finanzierung der Einrichtung erfolgt gemäß §§ 53, 54 SGB XII.

Die Beklagte zahlte an den Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum die regelmäßige Grundvergütung in Höhe von 1 878,93 EUR sowie die Leistungszulage gemäß § 16 der Anlage zum Arbeitsvertrag in Höhe von 276,31 EUR brutto. Urlaubsgeld zahlte die Beklagte nicht.

Der Kläger, der seit dem 01.10.2004 Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, machte seine Urlaubsgeldansprüche mit Schreiben vom 25.01.2006 und vom 02.02.2007 geltend.

Mit seiner am 20.06.2006 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger Zahlung nach Vergütungsgruppe Vb, hilfsweise Vc, der Anlage B – Beschäftigungstherapeuten – zum Manteltarifvertrag zwischen der P. S. Consulting und Conception für Senioreneinrichtungen AG und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vom 24.09.2004 sowie die Zahlung eines Urlaubsgeldes für das Jahr 2005 geltend gemacht. Dazu hat er im Wesentlichen vorgetragen, er sei als Beschäftigungstherapeut in der Betreuung von schwerwiegend psychisch erkrankten Menschen mit dem Ziel der langfristigen Rehabilitation tätig. Das sozialtherapeutische Wohnprojekt sei als psychiatrische Einrichtung anzusehen. Da der Manteltarifvertrag keine Vergütungsgruppen für staatlich anerkannte Erzieher vorsehe, sei davon auszugehen, dass Erzieher wie Beschäftigungstherapeuten einzugruppieren seien. Er erfülle auch schwierige Aufgaben gemäß Vergütungsgruppe Vc. Wegen der abgelaufenen Bewährungszeit sei er inzwischen in Vergütungsgruppe Vb einzugruppieren. Im Übrigen schulde die Beklagte die Zahlung des Urlaubsgeldes aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen an den Kläger 2 816,22 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

    1. aus weiteren 438,91 EUR seit dem 06.01. 2006,
    2. aus weiteren 438,91 EUR seit dem 07.02.2006,
    3. aus weiteren 438,91 EUR seit dem 07.03.2006,
    4. aus weiteren 499,83 EUR seit dem 07.04.2006,
    5. aus weiteren 499,83 EUR seit dem 08.05.2006,
    6. aus weiteren 499,83 EUR seit dem 08.06.2006

    zu zahlen;

  2. festzustellen, dass der...

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