Entscheidungsstichwort (Thema)

Diskriminierung. Arbeiter. Angestellte. Alter

 

Leitsatz (amtlich)

Versorgungsordnungen sind insoweit unwirksam, wie eine Differenzierung allein am Status Arbeiter/Angestellter anknüpft. Auch wenn für den Fall der Altersrente eine solche Differenzierung sachgerecht sein mag, ist sie gesondert für den Fall der Betriebsrente wegen Erwerbsunfähigkeit zu prüfen.

 

Normenkette

AGG § 7

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 17.04.2008; Aktenzeichen 26 Ca 21339/07)

 

Tenor

I. Die Berufung des erstinstanzlichen Beklagten zu 2) gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. April 2008 – 26 Ca 21339/07 – wird auf seine Kosten bei einem Streitwert von 1.917,– EUR zurückgewiesen.

II. Der Berufungskläger trägt die Kosten der Berufung.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente und dabei konkret ob die reduzierte Berechnungsgrundlage für gewerbliche Arbeitnehmer gegenüber den Angestellten sachlich gerechtfertigt ist.

Der Kläger ist 50 Jahre alt (… 1959) und ist seit dem 1. Oktober 1998 erwerbsunfähig. Er war zuvor vom 6. Juli 1981 bis zum 30. September 1998 bei der Rechtsvorgängerin der F.-Werke GmbH im Werk in der Wupperstr. in Berlin beschäftigt. Dort bezog er nach einer Berechnung der Berufungsklägerin in den letzten 36 Monaten des Arbeitsverhältnisses durchschnittlich pensionsfähige Bezüge von 2.352,57 EUR (Bl. 42 d.A.). Er schied am 30. September 1998 aufgrund eines Aufhebungsvertrages vom 20. September 1998 wegen Erwerbsunfähigkeit aus und bezieht seit dem 1. Oktober 1998 von der Berufungsklägerin eine Betriebsrente in Höhe von 334,92 EUR brutto monatlich.

Die Versorgungsansprüche des Klägers richten sich aufgrund einer Gesamtzusage nach der Versorgungsregelung der F. Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung FO. e.V. vom 14. Dezember 1994 in der Fassung vom 24. Juni 2004. Nach Ziffer 1 d Abs. 3 UA 2 der Versorgungsregelung wird zur Ermittlung der pensionsfähigen Durchschnittsbezüge bei der Berechnung von Arbeitsunfähigkeitsrenten die Grundvergütung der letzten 36 Monate vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zugrunde gelegt. In Ziffer 2c ist geregelt, dass jedes Belegschaftsmitglied, dass vor dem 1. Januar 1993 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit der Firma eingegangen ist, eine Wartezeit von 10 vollendeten Dienstjahren erfüllt und vor Vollendung des normalen Ruhestandsalters völlig und dauernd arbeitsunfähig wird, in den Ruhestand wegen Arbeitsunfähigkeit treten kann.

Weiter ist dort geregelt, dass für die ersten 10 anrechenbaren Dienstjahre die Arbeitsunfähigkeitsrente 10% der pensionsfähigen Bezüge beträgt. Für die folgenden anrechenbaren Dienstjahre erhalten Lohnempfänger 0,37 % und Gehaltsempfänger 1,0 % der pensionsfähigen Bezüge für jedes anrechenbare Dienstjahr.

Schließlich gibt es eine Deckelung der Gesamtversorgung aus gesetzlicher Rentenversicherung und Versorgungsleistung auf 75% der pensionsfähigen Bezüge.

Nach der Berechnung der Versorgungsbezüge des Klägers mit 0,37% der pensionsfähigen Bezüge für jedes anrechenbare Dienstjahr ergibt sich die monatliche Betriebsrente in Höhe von 334,92 EUR brutto.

Mit einer Gesamtbetriebsvereinbarung vom 16. Dezember 1992 (Bl. 97-99 d.A.) wurde die betriebliche Altersversorgung neu gestaltet. Ziel war eine Angleichung der Altersversorgung für Arbeiter und Angestellte sowie die Einarbeitung der Auswirkungen des Rentenreformgesetzes 1992. Neben einheitlichen Steigerungssätzen für Arbeiter und Angestellte im Umfang von 0,4 bei nach dem 1. Januar 1993 eingestellten Arbeitnehmern, einer veränderten Ermittlung der Gesamtversorgung bei Pensionierung vor dem vollendeten 65. Lebensjahr und einer einmaligen Kapitalzahlung an Lohnempfänger, die in den normalen Ruhestand treten, wurde eine einmalige Abfindungszahlung zum Ausgleich der Differenz von 0,63 % (Ziffer 6 der GBV 92) für die Arbeitnehmer geregelt, die im Rahmen eines Pensionsprogramms ausscheiden.

Der Kläger begehrt die Berechnung seiner Beschäftigungsjahre nach dem 10 Jahr mit 1,0 % statt mit 0,37 % entsprechend einem monatlichen Differenzbetrag von 76,78 EUR für die Zeit vom 1.1.2004 bis 31.12.2007 und beruft sich in erster Linie auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Dezember 2002 – 3 AZR 3/02.

In dieser Entscheidung hatte das BAG die auch hier streitige Versorgungsordnung hinsichtlich der unterschiedlichen Behandlung von Arbeitern und Angestellten für unwirksam erachtet, weil hinreichende Gründe für eine Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten nicht vorgetragen seien. Allerdings bestehe bis einschließlich 30. Juni 1993 Vertrauensschutz für eine allein am Status orientierte unterschiedliche Behandlung.

Der Beklagte meinte, dass der unterschiedliche Versorgungsgrad bei Lohn- und Gehaltsempfängern durch die gesetzliche Rente der Prognose der Betriebsparteien Ende der 50er Jahre entsprochen habe. Deshalb sei eine unterschiedliche betriebliche Altersversorgung auch gerechtfertigt ...

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