Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Interessenausgleichs. Aufrechnung als Anerkenntnis?

 

Leitsatz (amtlich)

Gibt ein Schuldner eine Aufrechnungserklärung ab, erklärt er damit, dass er vom Bestehen der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, ausgeht, da ansonsten die Aufrechnung unwirksam wäre. Er will damit nur für den Fall der Wirksamkeit der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, seine Erklärung abgeben. In diesem Fall liegt grundsätzlich ein konstitutives Schuldanerkenntnis nicht vor.

 

Normenkette

BetrVG §§ 111-112; BGB §§ 780-781

 

Verfahrensgang

ArbG Potsdam (Urteil vom 08.12.2009; Aktenzeichen 5 Ca 581/09)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Potsdam vom 08.12.2009 – 5 Ca 581/09 – die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtstreits.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine Abfindung von der Beklagten aus einem Interessenausgleich, hilfsweise stützt sie sich auf ein behauptetes Anerkenntnis der Beklagten.

Zwischen der Beklagten und dem bei ihr bestehenden Betriebsrat ist am 27. September 2005 ein Interessenausgleich geschlossen worden, der unter anderem einen Personalabbau und die Schließung des Geschäftsbereichs „Kaufmännischer Bereich” beinhaltet. Dazu heißt es unter anderem:

„…

I. Präambel

1. Die Parteien nehmen zunächst Bezug auf die beabsichtigte Sanierungsvereinbarung, über die die Parteien noch eine Regelung treffen wollen.

2. Aufgrund der gegenläufigen Auftrags- und Kostenentwicklung kann das Unternehmen in Gänze nur fortgeführt werden, wenn im Bereich der variablen Kosten, die im Wesentlichen die Personalkosten betreffen, erhebliche Einsparungen erfolgen. Darüber hinaus soll die negative Entwicklung der Auftragslage im „Kaufmännischen Bereich” durch die zurück gegangenen Abrechnungen von ursprünglich 270.000 auf 30.000 p.a. gestoppt werden.

Der kostenintensive Geschäftsbereich „Kaufmännischer Bereich”, bestehend aus der Verbrauchsabrechnung, kaufmännische Dienstleistung und EDV wird geschlossen und die Abrechnungsfälle ca. 30.000 werden unter Einhaltung der Werk- bzw. Honorarverträge gekündigt bzw. dem Unternehmen O. O. T. und A. GmbH (O.) angedient. Neben kosteneinsparenden Maßnahmen ist ein weiterer Personalabbau unumgänglich.

„Kaufmännischer Bereich”

§ 1 Gegenstand

Um die Überlebensfähigkeit des Unternehmens zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit wieder zu erlangen, werden folgende Maßnahmen ergriffen:

  1. Schließung des „Kaufmännischen Bereichs” ersatzlos zum 31.12.2005 unter Absicherung der bis dahin vorzunehmenden Abrechnungen mit Auslaufzeit zum 31.03.2006.
  2. Schließung des Bereichs EDV unter Andienung einer Geschäftsbesorgung für Herrn T. B. unter Sicherstellung seiner wirtschaftlichen Nettokonditionen als freier Mitarbeiter (Geschäftsbesorgungsvertrag zunächst befristet bis zum 31.12.2007).
  3. Abbau des Personalbestands um 13 Mitarbeiter von derzeit insgesamt 37 Arbeitnehmern des Unternehmens auf nunmehr 24.

§ 2 Durchführung

1. Das Unternehmen (bestehend aus den in der Anlage 1 aufgeführten Mitarbeitern) wird den namentlich in einer Anlage 2 bezeichneten Mitarbeitern den Abschluss von Aufhebungs-/Abwicklungsverträgen unter Zahlung einer Abfindung anbieten. Den Mitarbeitern wird unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist die Beendigungskündigung ausgesprochen. Eine Vergleichbarkeit mit den Arbeitsplätzen anderer Mitarbeiter ist auf Grund der Betriebsteilstilllegung nicht gegeben.

3. Die in der Anlage 2 angegebenen Mitarbeiter C., S., Sp., M., Mö., D., T., L., werden nach Möglichkeit in Abstimmung mit der O. ein neues Arbeitsverhältnis nach Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse begründen. Ziel des Unternehmens ist es, insoweit eine Vereinbarung mit der O. herbeizuführen, die unter Verzicht auf die Rechte eines Betriebsüberganges den vorgenannten Mitarbeitern, die weitere Tätigkeit in ihrem Beruf – gegebenenfalls mit Gehaltseinbußen zu ermöglichen. Die Verhandlungen hierzu sollen bis zum 31.10.2005 abgeschlossen sein.

§ 4 Zukünftiger Sozialplan

1. Die Parteien haben die Grundzüge eines zukünftig abzuschließenden Sozialplanes bereits ausführlich für die von dem stillgelegten „Kaufmännischen Geschäftsbereich” betroffenen Mitarbeiter erörtert. Einigkeit besteht insoweit, bereits wie folgt:

2. Abfindung

2.1. Das Unternehmen zahlt an alle infolge der Stilllegung ausscheidenden Mitarbeiter eine Abfindung nach § 112 BetrVG, § 9 KSchG.

2.2. Die Abfindung ist nach § 3 Nr. 9 EstG steuerfrei, soweit die gesetzlichen Freibeträge nicht überschritten werden. Eine Anrechnung der Abfindung auf das zu zahlende Arbeitslosengeld wird gem. § 117 AFG nicht erfolgen, auch wenn das Unternehmen hierfür keine Garantie übernimmt.

2.3. Die Bemessung der Abfindung richtet sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Lebensalter, dem Familienstand und den Unterhaltsverpflichtungen, sowie sonstigen sozialen Belangen gem. einem gewählten Punktesystem. Stichtag für die Errechnung der Betriebszugehörigkeit und des L...

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