Entscheidungsstichwort (Thema)

Anpassung einer Betriebsrente. Einhaltung des Stichtags

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Bestimmung des § 167 ZPO findet grundsätzlich auch in den Fällen Anwendung, in denen durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden soll, die auch durch außergerichtliche Geltendmachung gewahrt werden kann (BGH - I ZR 109/05 - 17.07.2008). Gem. § 132 Abs. 1 S. 2 BGB, §§ 191, 192 Abs. 2 S. 1, 167 ZPO kann für jede Frist, die nicht durch gerichtliche Geltendmachung gewahrt werden muss, eine Rückwirkung der Zustellung auf den Zeitpunkt der Übergabe der zuzustellenden Erklärung an den Gerichtsvollzieher erreicht werden, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Dies gilt auch für die rechtzeitige Anbringung einer Anpassungsrüge in der betrieblichen Altersversorgung.

2. Bei der Berechnung des Anpassungsbedarfs einer Betriebsrente ist ein Prüfungszeitraum vom Rentenbeginn an zugrunde zu legen.

 

Normenkette

BetrAVG § 16; ZPO § 167

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 16.08.2011; Aktenzeichen 8 Ca 9793/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.10.2014; Aktenzeichen 3 AZR 690/12)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16.8.2011 - 8 Ca 9793/11 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2011 (36 Monate) in Höhe von

5.972,76 Euro (fünftausendneunhundertzweiundsiebzig 76/100)

zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtskraft der Entscheidung.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis 31. August 2011 (2 Monate) in Höhe von

333,64 Euro (dreihundertdreiunddreißig 64/100)

zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab Rechtskraft der Entscheidung.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für September 2011 eine gegenüber dem angenommenen Zahlbetrag von 1.505,83 Euro um 166,86 Euro und ab Oktober 2011 eine gegenüber dem angenommenen Zahlbetrag von 1.502,33 Euro um 170,36 Euro höhere monatliche Rente von insgesamt 1.672,69 Euro zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

IV. Die Revision gegen das Urteil durch die Beklagte wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Anpassung einer Betriebsrente.

Der Kläger bezieht von der Beklagten seit dem 1. Januar 1993 eine Betriebsrente, die zu Beginn 1.232,73 Euro pro Monat betrug und alle drei Jahre auf der Grundlage der Verbraucherpreisentwicklung angepasst worden ist. Die Anpassung zum 1. Juli 2008 um 1,57 % auf 1.452,83 Euro richtete sich erstmals nach der Nettolohnentwicklung der letzten drei Kalenderjahre. Die folgende Anpassung zum 1. Juli 2011 auf 1.505,83 Euro nahm die Beklagte wieder entsprechend der Verbraucherpreisentwicklung vor. Sie legte gemäß Schreiben vom 21. Juni 2011 einen prognostizierten Anstieg um 3,6 % zugrunde und erklärte, die Erhöhung gegebenenfalls rückwirkend gemäß dem offiziellen Wert anzupassen, sobald die Zahlen zur Verbraucherpreisentwicklung vorliegen. Die Anpassungen greift der Kläger mit der am 27. Juni 2011 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 6. Juli 2011 zugestellten Klage an.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass schon die Anpassung zum 1. Juli 2008 unverbindlich sei. Er hat zusammen mit der Berechnung der Beklagten und ihrem Zahlenwerk zur Reallohnobergrenze bestritten, dass die Steigerung der Bruttovergütungen keinen höheren Anstieg als 1,57 % erwarten lasse. Zudem sei nicht auf die vorausgegangenen abgeschlossenen Kalenderjahre, sondern auf die Zeit bis zum Anpassungszeitpunkt abzustellen. Tatsächlich sei nicht die Nettolohnentwicklung der letzen drei Jahre, sondern seit Rentenbeginn zu berücksichtigen. Unter Zugrundelegung eines Verbraucherpreisanstiegs vom 1. Januar 1993 bis zum 30. Juni 2008 um ca. 31,3 % sei die Betriebsrente ab 1. Juli 2008 um 165,91 Euro auf 1.618,74 Euro zu erhöhen. Hieraus ergebe sich für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2011 ein Rückstand in Höhe von 5.972,76 Euro. Der zum 30. Juni 2011 geschuldete Betrag sei auch der Erhöhung zum 1. Juli 2011 um 3,6 % zugrunde zu legen. Sie führe daher zu einer um 171,18 Euro erhöhten monatlichen Betriebsrente von 1.677,01 Euro.

Der erklärte Vorbehalt einer Anpassungskorrektur sei unerheblich. Die Indexentwicklung von Juni 2008 bis Juni 2011 in Höhe von 3,4 % sei seit dem 12.7.2011 bekannt. Zudem sei ihm mit Schreiben vom 19.7.2011 eine Anpassung gemäß der tatsächlichen Indexsteigerung in diesem Zeitraum zugesagt worden. Ihm stünde daher jedenfalls eine Anpassung um diesen Prozentsatz zu, der zu einer Erhöhung der Rente um 167,94 Euro auf 1,673. 77 Euro führen würde. Zumindest aber sei ihm ab dem 1.7.2011 wegen des erneuten Wechsels des Prüfungsmaßstabes unter Zugrundelegung der Teuerungsrate ab Rentenbeginn und...

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