Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtserhebliches Ausmaß der Beschäftigung bei Eingruppierung. Schwierige Tätigkeit in der Justiz

 

Leitsatz (amtlich)

Bildet die Tätigkeit einer/s Beschäftigten in einer Serviceeinheit bei einem Gericht oder bei einer Staatsanwaltschaft einen einheitlichen Arbeitsvorgang, bestimmt sich die Eingruppierung nach § 12 TV-L nach dem Umfang der in Teil II Nr. 12 Entgeltordnung TV-L geregelten "schwierigen Tätigkeiten". Es genügt nicht, dass diese Tätigkeiten im "rechtserheblichen Ausmaß" anfallen (entgegen BAG vom 28.02.2018 - 4 AZR 816/16 -).

 

Normenkette

TV-L § 12; EntgO TV-L Teil II Nr. 12; ArbGG § 72

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 10.12.2019; Aktenzeichen 58 Ca 2786/19)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10.12.2019 - 58 Ca 5786/19 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision der Klägerin wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin.

Das beklagte Land beschäftigt die Klägerin seit dem 01.09.2011 als vollbeschäftigte Mitarbeiterin in einer Serviceeinheit der Geschäftsstelle des A. Berlin. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung u.a. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung.

Die Aufgaben der Geschäftsstelle sollen gemäß § 6 Abs. 1 der Gemeinsamen Geschäftsstellenordnung für das A. Berlin und das L. Berlin-Brandenburg vom 14.05.2016 (GGO) (ABl. Nr. 18 vom 08.05.2016) in ganzheitlicher Bearbeitung von Servicekräften wahrgenommen werden, soweit die Aufgaben nicht dem gehobenen Dienst vorbehalten sind. Klagen und Anträge werden von der Rechtsantragsstelle aufgenommen, die Zuordnung zu den einzelnen Spruchkörpern erfolgt durch die Eingangsregistratur, die Bearbeitung von Verfahren mit Auslandsberührung obliegt speziell qualifizierten Mitarbeitern, die Berechnungsstelle bearbeitet Entschädigungsanträge nach dem JVEG und schwierige Kostenbearbeitungen und Teile der Aufgaben der Geschäftsstelle in Prozesskostenhilfeverfahren werden von Kostenbeamten übernommen.

Die Klägerin wurde auf der Grundlage einer "Beschreibung des Aufgabenkreises" (BAK) vom 22.06.2004 (Kopie Bl. 27 ff. der Akten) in die Entgeltgruppe 6 der Anlage A zum TV-L (Entgeltordnung) eingruppiert. Nach der BAK besteht die Tätigkeit eines/einer Mitarbeiter/in in Serviceeinheiten aus zwei Arbeitsvorgängen, wobei der Arbeitsvorgang "Schwierige Tätigkeiten" einen zeitlichen Anteil von 28,43 v.H. an der monatlichen Arbeitszeit hat.

Die Klägerin forderte das beklagte Land mit Schreiben vom 06.07.2018 erfolglos auf, sie mit Wirkung ab dem 01.01.2018 in die Entgeltgruppe 9, hilfsweise 8 Entgeltordnung einzugruppieren. Sie hat dieses Begehren mit ihrer Klage unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.02.2018 - 4 AZR 816/16 - AP Nr. 47 zu §§ 22, 23 BAT-O mit der Begründung weiterverfolgt, ihre Gesamttätigkeit stelle einen einheitlichen Arbeitsvorgang dar, wobei in rechtlich nicht ganz unerheblichem Umfang schwierige Tätigkeiten im Tarifsinn anfielen. Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten. Von der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sachverhalts wird abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch ein am 10.12.2019 verkündetes Urteil abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die tatsächlichen Voraussetzungen der begehrten Eingruppierung könnten nicht festgestellt werden. Die Klägerin könne sich nicht ohne weiteres auf das genannte Urteil des Bundesarbeitsgerichts beziehen. Danach bildeten nicht alle Tätigkeiten von Beschäftigten in einer gerichtlichen Serviceeinheit einen Arbeitsvorgang. Einem derartigen Ergebnis stehe auch die Auslegung der tariflichen Vorschriften entgegen, die eine Eingruppierung der genannten Beschäftigten in die Entgeltgruppen 6, 8 und 9 vorsehe. Die zwingende Annahme eines "großen" Arbeitsvorgangs würde wegen der regelmäßig anfallenden schwierigen Tätigkeiten dazu führen, dass eine Eingruppierung in die Entgeltgruppen 6 und 8 nicht mehr möglich sei; dies widerspreche dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien. Die Klägerin hätte daher differenziert zu den einzelnen ihr übertragenen Tätigkeiten und deren Bewertung in Bezug auf ein abgrenzbares Arbeitsergebnis vortragen und darstellen müssen, dass sie zu mehr als 50 v.H. ihre Gesamttätigkeit Arbeitsvorgänge leiste, die in rechtlich erheblichem Umfang schwierige Tätigkeiten beinhalteten oder dass ihre Einzeltätigkeiten einen einheitlichen Arbeitsvorgang darstellten; dies sei nicht geschehen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses ihr am 18.12.2019 zugestellte Urteil richtet sich die am 17.01.2020 eingelegte Berufung der Klägerin, die sie mit einem am 14.02.2020 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat; die Berufungsbegründungsschrift enthält keine ausformulierten Berufungsanträge.

Die Klägerin hält ihre Klage weiterhin für begründet. Ihre Tätigk...

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