Entscheidungsstichwort (Thema)

Wesentliche Merkmale eines Arbeitsverhältnisses. Ordentliche Gerichtsbarkeit für Streitigkeiten von Mitgliedern des Vertretungsorgans mit der juristischen Person. Stellvertretender Direktor kein Vorstand oder Organ einer Stiftung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Rechtsweg zur Arbeitsgerichtsbarkeit ist für gem. § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG für den Vorstand einer Stiftung als Organ der Stiftung nicht eröffnet. Eine Regelung in dem Gesetz zur Gründung der Stiftung und/oder der Satzung der Stiftung, wonach der Direktor der Stiftung "der Vorstand ist" begründet allein noch keine Stellung eines stellvertretenden Direktors als Vorstand und damit Organ der Stiftung.

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 21.11.2018; Aktenzeichen 60 Ca 13111/18)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. November 2018 - 60 Ca 13111/18 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen und in der Hauptsache über die Wirksamkeit einer Kündigung. Die Beklagte rügt, der Rechtsweg zur Arbeitsgerichtsbarkeit sei nicht eröffnet, da der Kläger Organmitglied sei.

Der Kläger und die Beklagte, eine Stiftung des öffentlichen Rechts, schlossen unter dem 9./11. März 2010 einen Arbeitsvertrag und unter dem 28. November 2014 einen weiteren Arbeitsvertrag zu Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses bei geringfügig geänderten Arbeitsbedingungen und weiterhin einer Tätigkeit als "Referent 'Politische Bildung'" sowie unter dem 8./9. Dezember 2015 eine Nebenabrede zu einer Änderung der Vergütung. Sämtliche Vereinbarungen sind für die Beklagte unterzeichnet durch "Dr. H. K., Direktor der Stiftung Gedenkstätte Berlin-H.".

Mit Schreiben vom 7. September 2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, es gebe Vorwürfe zu sexuellen und sonstigen Belästigungen gegenüber Frauen und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Schreiben vom 25. September 2018 erklärte die Beklagte eine Kündigung zum 31. Dezember 2018, hilfsweise nächstmöglich. Gegen diese wendet sich der Kläger mit seiner am 5. Oktober 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.

Im Gesetz zur Errichtung der Beklagten (Gesetz Stiftung Gedenkstätte H., im Folgenden HSHG) ist geregelt:

§ 4 Organe der Stiftung

(1) Die Organe der Stiftung sind

1. der Stiftungsrat,

2. der Vorstand und

3. der Beirat.

§ 6 Vorstand

(1) Der Vorstand führt die laufenden Geschäfte der Stiftung. Er ist dabei an die Beschlüsse und Weisungen des Stiftungsrats gebunden.

(2) Der Vorstand vertritt die Stiftung gerichtlich und außergerichtlich.

(3) Der Vorstand ist die Direktorin oder der Direktor der Gedenkstätte. Sie oder er wird vom Stiftungsrat bestellt und kann nicht dessen Mitglied sein. Der Stiftungsrat bestimmt auch die Vertretung des Vorstands.

(4) Näheres regelt die Satzung.

Die Satzung der Beklagten regelt u.a.:

§ 2 - Aufgaben des Stiftungsrats

...

16. die Bestellung des Vorstands und dessen Vertretung.

§ 3 - Verfahren innerhalb des Stiftungsrats

(1) Der Stiftungsrat tritt mindestens zweimal jährlich zu einer Sitzung zusammen. Auf Antrag von mindestens drei Mitgliedern oder auf Antrag des Vorstands tritt er zu weiteren Sitzungen zusammen. Der oder die Vorsitzende beruft den Stiftungsrat ein. Der Vorstand und der stellvertretende Vorstand können mit Rederecht teilnehmen.

Die Geschäftsordnung für den Vorstand der Beklagten in der Fassung vom 13.09.2001, geändert durch Stiftungsratsbeschluss vom 14.6.2007 sieht u.a. vor:

§ 1 Geschäftsführung

(1) Der Vorstand führt die Geschäfte der Stiftung nach Maßgabe von Stiftungsgesetz und Satzung. Er führt die Beschlüsse des Stiftungsrats aus. Der Vorstand ist der Direktor oder die Direktorin der Stiftung, seine Vertretung der stellv. Direktor / die stellv. Direktorin. Dienstvorgesetzter des Vorstands ist der / die Stiftungsratsvorsitzende.

(2) Der Vorstand und seine Vertretung stimmen sich beim Antritt von Erholungsurlaub, Dienstreisen ins In- u. Ausland und Dienstbefreiungen ab. Dienstreisen bedürfen der vorherigen Zustimmung des/der Stiftungsratsvorsitzenden.

(3) Über Angelegenheiten der Stiftung von grundlegender Bedeutung haben sich der Vorstand, seine Vertretung sowie die Verwaltungsleitung in gemeinsamen Sitzungen zu informieren und zu verständigen. Bei Meinungsverschiedenheiten ist der Sachverhalt dem Stiftungsrat vorzutragen.

(4) Hinsichtlich der Sorgfaltspflicht, der Geheimhaltungspflicht und der Verantwortlichkeit des Vorstands und dessen Vertretung gilt § 93 des Aktiengesetzes, soweit sich aus der Rechtsform der Stiftung öffentlichen Rechts nichts anderes ergibt.

(5) Der Vorstand erstellt gemeinsam mit der Verwaltungsleitung den Haushaltsplan und den Stellenplan sowie den Jahresabschluss. Der Vorstand ist verantwortlich für die Haushaltsführung.

Im Protokoll der Sitzung des Stiftungsrates am 16. Dezember 2010 ist u.a. festgehalten:

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