Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtige Bildung eines Betriebsratsausschusses für Öffentlichkeitsarbeit

 

Leitsatz (amtlich)

§ 28 Abs. 1 S. 1 BetrVG ermöglicht nicht die Bildung eines Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Schon nach der sprachlichen Fassung des § 28 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bezieht sich die Ausschussbildung des Betriebsrats eher auf besondere inhaltlich festgelegte Themengebiete und nicht auf regelmäßig interne, verwaltungsmäßige, organisatorische und gegebenenfalls wiederkehrende Aufgaben des Betriebsrats wie etwa die Erledigung des Schriftverkehrs, Entgegennahme von Anträgen der Beschäftigten, die Einholung von Auskünften, die Vorbereitung von Betriebsratssitzungen sowie von Betriebs-, Teil- und Abteilungsversammlungen.

2. Die regelmäßige Information der Beschäftigten und die Kommunikation zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat sowie die Information über konkrete Rechte der Beschäftigten und die Abfassung von Rundschreiben für die Beschäftigten mit aktuell anstehenden Themen und Fragen sind keine fachspezifischen Inhalte sondern laufende Geschäfte des Betriebsrats, die vom Betriebsausschuss zu erledigen sind (§ 27 Abs. 2 Satz 1 BetrVG).

3. Auch eine Betriebsversammlung dient der Öffentlichkeitsarbeit des Betriebsrates, denn der Betriebsrat hat dort einen Tätigkeitsbericht zu erstatten (§ 43 Abs. 1 Satz 1 BetrVG).

 

Normenkette

BetrVG §§ 28, 27 Abs. 2 S. 1, § 28 Abs. 1 S. 1, § 43 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Potsdam (Entscheidung vom 29.03.2017; Aktenzeichen 4 BV 43/16)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Potsdam vom 29.03.2017 - 4 BV 43/16 - wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Bildung eins Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit.

Die Beteiligte zu 1) beschäftigt in ihrem Betrieb in Baruth/Mark etwas mehr als 500 Arbeitnehmer. Der Beteiligte zu 2) ist der im Betrieb der Beteiligten zu 1) gebildete Betriebsrat, der 11 Mitglieder hat. Der Beteiligte zu 2) hat einen Betriebsausschuss gebildet.

Am 25. und 26. Oktober 2016 hielt der Beteiligte zu 2) eine zweitägige Betriebsratssitzung ab, in der der Betriebsratsvorsitzende neu gewählt wurde. Ferner beschloss der Beteiligte zu 2) u. a., einen "Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit" zu bilden.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2016 informierte der Beteiligte zu 2) die Beteiligte zu 1) über die Neuwahl des Betriebsratsvorsitzenden, teilte mit, wie der Betriebsausschuss und weitere Ausschüsse (Arbeits-Gesundheits-Sicherheits-Ausschuss, Wirtschaftsausschuss und Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit) besetzt seien und wer als Mitglied des Konzernbetriebsrats gewählt worden sei (Abl. Bl. 15 - 16 d. A, Anl. ASt1). Mit Schreiben vom 1. November 2016 fragte die Beteiligte zu 1) den Beteiligten zu 2) nach näheren Einzelheiten zum "Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit" (Abl. Bl. 17 d. A., Anl. ASt2). Am 9. November 2016 teilte der Beteiligte zu 2) auf erneute Nachfrage der Beteiligten zu 1) mündlich mit, der Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit solle die Information der Belegschaft über sämtliche Betriebsratstätigkeiten übernehmen und über Neuigkeiten informieren.

Am 10. November 2016 verbreitete der Beteiligte zu 2) ein Flugblatt mit der Überschrift "Kommunikation" und teilte den Beschäftigten u. a. mit, der Beteiligte zu 2) habe die Informationsverteilung auf mehrere Personen verteilt und nannte die der Beteiligten zu 1) mit Schreiben vom 27. Oktober 2016 angegebenen Mitglieder des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit sowie zusätzlich Herrn K. Dieser war ebenfalls von Anfang Mitglied des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit.

Am 5. Januar 2017 legte Herr S., der Mitglied im Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit war, sein Betriebsratsamt nieder.

Mit der vorliegenden, am 2. Dezember 2016 beim Arbeitsgericht Potsdam eingegangenen Antragsschrift hat die Beteiligte zu 1) die Feststellung begehrt, dass die Bildung des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit nichtig ist.

Die Beteiligte zu 1) hat die Ansicht vertreten, Ausschüsse gem. § 28 Abs. 1 BetrVG könnten ausschließlich zur Übertragung von fachspezifischen Aufgaben gebildet werden. Mangels Zuweisung einer "fachspezifischen Aufgabe", sondern lediglich der Aufgabe der öffentlichkeitswirksamen "Nachbereitung" sämtlicher durch den Betriebsrat zuvor behandelten Themen handele es sich bei der Aufgabe des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit nicht um eine "fachausschusstaugliche Aufgabe". Die themenübergreifende Öffentlichkeitsarbeit sei Aufgabe des Betriebsrates bzw. des Seitens des Beteiligten zu 2) gebildeten Betriebsausschusses.

Die Beteiligte zu 1) hat zuletzt beantragt,

festzustellen, dass die mit Beschluss des Beteiligten zu 2) vom 25. und 26.10.2016 nach § 28 Abs. 1 BetrVG erfolgte Bildung eines "Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit" des Beteiligten zu 2) mit den Mitgliedern Beatrice Z., Tobias S. (bereits ausgeschieden), Antje R., Steffen K. und Reiner Sch. nichtig ist.

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