Entscheidungsstichwort (Thema)

Entscheidung des Arbeitsgerichts bei Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer Eingruppierung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Arbeitsgericht darf im Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG nur prüfen, ob die vom Betriebsrat innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG vorgebrachten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegen. Das gilt auch bei einer verweigerten Zustimmung zu einer beabsichtigten Eingruppierung. Deshalb kann die Zustimmungsersetzung nicht mit der Begründung abgelehnt werden, eine andere als die vom Betriebsrat für richtig gehaltene Entgeltgruppe sei einschlägig, selbst wenn diese nicht der vom Arbeitgeber beabsichtigten Eingruppierung zugrunde liegt.

2. Zur Eingruppierung von im textilen Einzelhandel beschäftigten "Visual Commercials" und Auslegung der Begriffe "erweiterte Fachkenntnisse" im Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 4, 1 S. 1, Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 23.03.2017; Aktenzeichen 4 BV 9046/16)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. März 2017 - 4 BV 9046/16 - wie folgt abgeändert:

Die Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur Umgruppierung der Mitarbeiter Frau N. K., Frau M. Sch., Herr B. U., Frau O. Sh., Frau B. Kl. und Herr C. G. in die Gehaltsgruppe 2b des Gehaltstarifvertrages für den Hamburger Einzelhandel wird ersetzt.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur Eingruppierung von 6 Arbeitnehmern.

Die Beteiligte zu 1. betreibt bundesweit 80 Filialen des textilen Einzelhandels, darunter die Filiale in Berlin, T.str. 7a (im Folgenden: Filiale T) mit über 80 Arbeitnehmern. Für diese Filiale ist der Beteiligte zu 2. als Betriebsrat gewählt.

Die Beteiligte zu 1. schloss am 31.03.2014 mit der Gewerkschaft ver.di einen Anerkennungstarifvertrag, wonach bundesweit für die Beteiligte zu 1. die Tarifverträge für den Hamburger Einzelhandel Anwendung finden. Dazu gehören der Manteltarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel (im Folgenden: MTV) und der Gehaltstarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel (im Folgenden: GTV, Bl. 116 - 133 d. A.). Der GTV enthält in § 2 Regelungen über die Gehaltssätze, welche auf verschiedene Gehaltsgruppen (im Folgenden: Ggr) entfallen. Auf diese Tarifverträge nehmen die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1. Bezug.

Die Beteiligte zu 1. beschäftigt bestimmte Arbeitnehmer als Visual Commercials. Die Visual Commercials der Filiale T sind für die Bearbeitung der zweimal wöchentlich erfolgenden Warenanlieferungen in die Filiale und die Platzierung der Ware auf der Verkaufsfläche zuständig. Dabei haben sie jeweils am Tag vor der Anlieferung erstellte Listen der anzuliefernden Neuwaren und von der Beteiligten zu 1. auf ausgedruckten oder mittels einer zur Verfügung gestellten Software abrufbaren Listen wiedergegebene Verkaufs-/Umsatzzahlen bestimmter Artikel und sich daraus ergebende "Rankings" (z. B.: "Top-50-Report", Anlage ASt 4, Bl. 258 d. A.) zu berücksichtigen. Ferner stellt ihnen die Beteiligte zu 1. Fotos von Kombinationen und Platzierungen bestimmter Artikel zur Verfügung (Anlage ASt 3, Bl 252 - 257 d. A.). Die Beteiligte zu 1. beschäftigt zudem "Regional Commercial-Manager", die die Verantwortung für mehrere Filialen tragen, zu Weisungen gegenüber den Visual Commercials berechtigt sind und die Filialen in regelmäßigen Zeitabständen besuchen. Als Visual Commercial beschäftigte Arbeitnehmer werden von der Beteiligten zu 1. in mehrere Tage bis mehrere Wochen dauernden Veranstaltungen, Workshops und "Trainings on the Job" für ihre Aufgaben geschult.

Mit Schreiben vom 28.06.2016 (Bl. 35 - 42 d. A.) teilte die Beteiligte zu 1. dem Beteiligten zu 2. mit, die befristete Umgruppierung der in der Filiale T als Visual Commercials beschäftigten Arbeitnehmer Sch., K., J., Sh., U., Kl., N. und G. solle in eine unbefristete Eingruppierung in die Ggr 2 b übergehen. Der Beteiligte zu 2. erklärte hierzu mit Schreiben vom 01.07.2016 (Bl. 43 - 58 d. A.), er verweigere die Zustimmung u. a. deswegen, weil die Ggr 3 einschlägig sei. Ferner sei er nicht über die Gründe für die Eingruppierung in die Ggr 2 b unterrichtet worden.

Mit am 08.07.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Beteiligte zu 1. die Ersetzung der Zustimmung zur Eingruppierung der vorgenannten Arbeitnehmer in die Ggr 2 b beantragt. Der Beteiligte zu 2. sei auch mündlich durch eine Personalreferentin und eine ehemalige Filialleiterin über die der Eingruppierung in die Ggr 2 b zugrunde liegenden Umstände unterrichtet worden. Die betroffenen Arbeitnehmer übten neben ihrer originären Verkäufertätigkeit die Funktion von Visual Commercials aus. Bei der Gestaltung der Warenpräsentation auf der Verkaufsfläche seien sie an detaillierte Richtlinien und Musterfotos der Zentrale der Beteiligten zu 1. gebunden. Eine Unterteilung der Vera...

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