Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung der Prozesskostenhilfe für Entschädigungsklage wegen Benachteiligung bei offensichtlich fehlender Eignung

 

Leitsatz (amtlich)

Sind sehr gute Sprachkenntnisse einer oder mehrerer bestimmter Sprachen Inhalt des Anforderungsprofils einer Stelle, so sind Bewerber, die diese Sprachkenntnisse nicht aufweisen, bereits offensichtlich fachlich ungeeignet iSd. § 164 Satz 4 SGB IX (ehem. § 82 Satz 3 SGB IX).

Werden diese Sprachkenntnisse im Rahmen eines Eignungstests ermittelt, handelt es sich nicht um einen von dem Stellenprofil unabhängigen Eignungstest, sondern um eine Feststellung der Erfüllung des Anforderungsprofils (Abgrenzung zu LAG Schleswig-Holstein 09.09.2015 - 3 Sa 36/15 -).

 

Normenkette

AGG § 15 Abs. 2; ZPO § 114; AGG § 22; SGB IX § 164; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 30.10.2017; Aktenzeichen 16 Ca 13265/17)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 30. Oktober 2017 -- 16 Ca 13265/17 -- wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Antragssteller begehrt Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Anwalts zur Durchführung eines beabsichtigten Klageverfahrens, mit dem er eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG von mindestens 11.892,00 EUR begehrt. Der Antragssteller hat einem GdB von 40 und ist einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Der Antragssteller verfügt über ein Fachhochschulstudium der Fahrzeugtechnik, Schwerpunkt Flugzeugbau, dass er mit der Abschlussnote gut abschloss.

Die Antragsgegnerin, die B. D., schrieb eine Stelle "Fremdsprachliche Mitarbeiter/Innen mit sehr guten Sprachkenntnissen in Türkisch und/oder Kurdisch aus. Die Stellenanzeige heißt es unter "Ihr Profil":

Sie verfügen über

* eine abgeschlossenes (Fach)hochschulstudium mit Relevanz für die vorgesehene Tätigkeit

* sehr gute Kenntnis in Wort und Schrift in

- der türkischen Sprache und/oder

- der kurdischen Sprache (Kurmanci, Sorani) oder eines kurdischen Dialektes (z.B. Zazaki) und

- der deutschen Sprache

Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Stellenausschreibung wird auf Bl. 15 d. A. verwiesen.

Der Antragssteller bewarb sich auf die Stelle. Er absolvierte im Rahmen eines schriftlichen Auswahlverfahrens einen Sprachtest mit zwei Abschnitten. Zunächst sollte ein vorbereiteter Text aus dem Türkischen ins Deutsche übersetzt werden. Als zweiter Teil sollte sodann eine Audiodatei aus dem Türkischen ins Deutsche übersetzt und niedergeschrieben werden. Die Ergebnisse des Klägers wurden von zwei Mitarbeiterinnen der Antragsgegnerin unabhängig voneinander ausgewertet. Die Mitarbeiterin T. hat alle Anforderungsdimensionen mit der Note 5 ("entspricht den Anforderungen nicht") bewertet, die Mitarbeiterin B. hat den Antragssteller drei Mal mit der Note 4 ("entspricht den Anforderungen nur teilweise") und einmal mit der Note 3 ("entspricht den Anforderungen im üblichen Maß") bewertet. Hinsichtlich der Auswertung der Ergebnisse wird auf Bl. 108 - 112 d. A. verwiesen. Für die Gesamtbewertung galt: "Die Bewerberin/der Bewerber gilt als ungeeignet, sofern in allen Teilaufgaben mindestens zwei der Anforderungsdimensionen mit 4 oder schlechter bewertet sind".

Mit Datum vom 18.08.2017 erhielt der Antragssteller ein Absageschreiben. Nachdem der Antragssteller mit Schreiben vom 20.08.2017 eine "Entschädigung wegen unterbliebener Einladung zu einem Vorstellungsgespräch" forderte, wurde dem Antragsteller mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 12.09.2017 erläutert, dass er das Anforderungsprofil der Stelle nicht erfülle, weil er nicht über die geforderten sehr guten Sprachkenntnisse verfüge.

Der Antragsteller ist der Auffassung, er hätte nach § 82 Satz 2 SGB IX zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen, da er das festgelegte Anforderungsprofil erfüllt habe. Er habe ein abgeschlossenes Fachhochschulstudium. Die Antragsgegnerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass er den Sprachtest nicht bestanden habe, weil dieser bereits Teil des Auswahlverfahrens sei. Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin sei auch nicht transparent und nachvollziehbar. Im Übrigen hätte der Antragsteller mit einem Mousepad bessere Ergebnisse in der Übersetzungsaufgabe erzielt.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 30.10.2017 zurückgewiesen. Die beabsichtigte Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Antragssteller habe keine hinreichenden Hilfstatsachen iSd. § 22 AGG vorgetragen, die für seine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung sprechen. Eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch habe nicht erfolgen müssen, da dem Antragsteller in Ermangelung der geforderten sehr guten Sprachkenntnisse die fachliche Eignung offensichtlich fehle. Dass und aufgrund welcher Tatsachen der Antragsteller mit einem Mousepad bessere Ergebnisse in den Übersetzungsaufgaben erzielt hätte, sei aus dem Vortrag nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Einzelheiten der Beschlussbegründung wird auf Bl. 51-52 d. A...

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