Entscheidungsstichwort (Thema)

Grenzen der

 

Leitsatz (amtlich)

Grenzen der Rückwirkung der PKH-Bewilligung

 

Normenkette

ZPO §§ 114-115, 117-118

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 22.05.2002; Aktenzeichen 50 Ca 5322/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 6. Juni 2002 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. Mai 2002 – 50 Ca 5322/02 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte mit der am 21. Februar 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung in Anspruch. Zugleich mit der Klageschrift hat sie den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt und erklärt, die erforderlichen Prozesskostenhilfeunterlagen würden zeitnah nachgereicht. Am 14. März 2002 wurde bei Gericht eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht, der keinerlei Angaben zu Einkünften der Antragstellerin enthielt. Am 23. April 2002 wurde die Klage zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 24. April 2002 hat das Gericht der Klägerin mitgeteilt, dass über den PKH-Antrag entschieden werde, sobald die Klägerin das derzeit gültige PKH-Formular vollständig ausgefüllt (insbesondere mit Angaben darüber, wovon sie zur Zeit lebe) zu den Akten reiche. Mit Schreiben vom 21. Mai 2002, bei Gericht eingegangen am 22. Mai 2002 legte die Klägerin eine ergänzte Fassung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor.

Mit Beschluss vom 22. Mai 2002 hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin trotz gerichtlicher Aufforderungen nicht dargelegt habe, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreite. Ihr Bedürftigkeit könne daher nicht überprüft werden. Darüber hinaus sei die Instanz zwischenzeitlich beendet und eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur möglich, wenn der vollständige Antrag vor Prozessende bei Gericht eingegangen sei, was nicht der Fall gewesen sei.

Gegen diesen am 4. Juni 2002 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 6. Juni 2002, die sie damit begründet, dass die Prozesskostenhilfeunterlagen zweifach eingereicht worden seien, und zwar zum einen am 14. März 2002 und zum anderen am 21. Mai 2002, und dass es darüber hinaus im Anschluss an die zweite Einreichung ein Gespräch mit dem Vorsitzenden der Kammer des Arbeitsgerichts gegeben habe, indem dieser erklärt habe, sie habe nicht mitgeteilt, was sie verdiene. Zur Antwort habe er die Mitteilung erhalten, dass sie nichts verdiene.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 24. Juni 2002 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die gemäß §§ 127 Abs. 2, 567 Abs. 1 ZPO statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden, § 569 ZPO. Sie ist daher zulässig.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, so dass durch das Landesarbeitsgericht zu entscheiden war.

2. Die Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet.

2.1 Dabei ist im Grundsatz davon auszugehen, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß §§ 114 ff. ZPO einen ordnungsgemäßen Antrag voraussetzt. Gemäß § 117 Abs. 2 ZPO muss der Antrag eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) enthalten, der entsprechende Belege beigefügt werden müssen. Gemäß § 117 Abs. 4 ZPO sind hierzu die entsprechenden Vordrucke zu benutzen.

Grundsätzlich beginnt die Prozesskostenhilfe mit dem Wirksamwerden des Bewilligungsbeschlusses. Gleichwohl wird im Hinblick auf die Bearbeitungsdauer bei Gericht und diesbezüglich möglichen Verzögerungen es für zulässig erachtet, Prozesskostenhilfe auch rückwirkend zu bewilligen. Die Möglichkeit der rückwirkenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist jedoch durch den Zeitpunkt der Einreichung des Gesuches begrenzt. Für die Zeit vor Antragstellung kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden. Indes ist für die Frage einer etwaigen Rückwirkung nicht bereits auf die (bloße) Antragstellung zu rekurrieren; vielmehr kommt eine (rückwirkende) Bewilligung frühestens zu dem Zeitpunkt in Betracht, in welchem eine Entscheidung über den Antrag hätte ergehen können. Dies ist derjenige Zeitpunkt, zu dem der Antragsteller alle Voraussetzungen für eine Entscheidung geschaffen hatte, insbesondere also die gemäß § 117 Abs. 2 ZPO erforderlichen Erklärungen und Unterlagen eingereicht hatte (vgl. bereits LAG Berlin vom 1.12.1992 – 10 Ta 13/92 –; LAG Berlin vom 19.3.2001 – 2 Ta 555/01 –).

Das Gericht hat allerdings – bei Unvollständigkeit der Angaben oder fehlender Glaubhaftmachung – regelmäßig auf eine Ergänzung – sowohl der Angaben als auch ggf. der Glaubhaftmachung – hinzuwirken, § 118 Abs. 2 ZPO.

Diesbezüglich ist eine Frist zu setzen, nach deren fruchtlosem Ablauf der Antrag regelmäßig abweisungsreif ist (OLG Frankfurt/Main v. 17.4.2001 – 3 WF 261/99).

Eines solchen Hinweises bedarf es nicht, wenn die Partei ...

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