Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 20.06.2001; Aktenzeichen 43 Ca 10999/01)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. Juni 2001 – 43 Ca 10999/01 – aufgehoben.

Die Kündigungsschutzklage des Klägers wird nachträglich zugelassen.

 

Gründe

Der Kläger, der vom 8. Januar bis 19. Januar 2001 Erholungsurlaub hatte und für den 20. Januar und den 21. Januar 2001 von der Arbeit freigestellt worden war, flog am 15. Januar 2001 nach Pakistan und kehrte von dort am 3. April 2001 nach Berlin zurück. Bei seiner Rückkehr fand er ein Schreiben vom 7. Februar 2001 vor, in dem die Beklagte erklärte, sie kündige das Arbeitsverhältnis aufgrund seines unentschuldigten Fehlens seit dem 22. Januar 2001 fristlos, hilfsweise fristgemäß zum 31. Juli 2001. Mit seiner am 12. April 2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung der Nichtbeendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung begehrt und zugleich beantragt, die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen. – Wegen der Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien zu dem Zulassungsantrag in der ersten Instanz wird auf die dort überreichten Schriftsätze der Parteien und auf Teil I. der Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Durch den am 24. Juli 2001 zugestellten, hier angefochtenen Beschluss hat das Arbeitsgericht Berlin den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 7. August 2001 eingegangenen

sofortigen Beschwerde,

wegen deren Begründung auf die Beschwerdeschrift vom 6. August 2001 verwiesen wird.

Die Beklagte beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen ihres Vorbringens dazu wird auf den Schriftsatz vom 17. August 2001 Bezug genommen.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG) und auch im übrigen zulässig (§§ 577 Abs. 2 Satz 1, 569 ZPO).

Das Rechtsmittel des Klägers hat auch in der Sache selbst Erfolg. Die Kündigungsschutzklage ist nachträglich zuzulassen.

Der Kläger war trotz aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung zu erheben (§ 5 Abs. 1 KSchG). Die Kündigung ist dem Kläger am 7. Februar 2001 zugegangen; denn an diesem Tage ist ihm das Kündigungsschreiben in den zu seiner Wohnung in Berlin gehörenden Hausbriefkasten eingeworfen worden. Zu diesem Zeitpunkt hielt sich der Kläger aber nicht in Berlin, sondern in seinem durch die von ihm behauptete Arbeitsunfähigkeit verlängerten Urlaub in Pakistan auf. Das hinderte den Kläger ohne sein Verschulden daran, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung zu erheben.

Die Versäumung der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG ist unverschuldet und die Kündigungsschutzklage ist nachträglich zuzulassen, wenn der Arbeitnehmer erst nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist aus dem Urlaub zurückkehrt (Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz, 7. Aufl. 1999, Rz. 1135, S. 639; Hueck/von Hoyningen-Huene, Kündigungsschutzgesetz, 12. Aufl. 1997, Rz. 18 zu § 5; ErfKomm-Ascheid, 2. Aufl. 2001, Rz. 17 zu § 5 KSchG mit weiteren Nachweisen; KR – 5. Aufl. 1998 – /Friedrich, Rz. 60 zu § 5 KSchG). Zumindest ist das für den Fall zu bejahen, in dem der Arbeitnehmer keinen konkreten Anlass zu der Annahme hatte, dass ihm während der Ortsabwesenheit gekündigt werde (KR a.a.O./Friedrich, Rz. 59 zu § 5 KSchG). Der Arbeitnehmer, der sich auf eine Urlaubsreise begibt, braucht auch dann, wenn er diese Reise wegen einer im Urlaub beginnenden Arbeitsunfähigkeit verlängert oder verlängern muss, im Allgemeinen nicht sicherzustellen, dass ihn rechtsgeschäftliche Erklärungen des Arbeitgebers auch während des Urlaubs erreichen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ihm während seiner Abwesenheit kündigen werde, hatte der Kläger nicht. Allein aus der Tatsache, dass er schon in den vergangenen Jahren häufig wegen Krankheit gefehlt hatte und vom 22. Januar 2001 an nicht wieder zur Arbeit erschienen war, konnte der Kläger nicht den Schluss ziehen, die Beklagte werde sich nicht gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 EntgeltFZG auf die Nichtzahlung des Lohnes beschränken, sondern ihm kündigen. Anhaltspunkte dafür, dass eine mit Blumengießen, Briefkastenleeren oder Wohnungshüten beauftragte Person, die der Kläger mit der Weiterleitung des Kündigungsschreibens oder mit Schritten gegen die Kündigung hätte beauftragen können, vorhanden war, sind nicht ersichtlich. Der Kläger selbst hat das Vorhandensein solcher Personen in Abrede gestellt.

Ob der Kläger die ärztlichen Bescheinigungen überhaupt oder jedenfalls rechtzeitig von Pakistan aus an die Beklagte in Berlin gesandt hat und ob er der Beklagten in anderer Weise sein krankheitsbedingtes Fehlen hätte mitteilen müssen, sind Umstände, die nichts mit seinem möglichen Verschulden bei der Versäumung der Klagefrist zu tun haben, sondern zur Frage der Begründetheit der Kündigung gehören.

Danach erweist sich die sofortig...

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