Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit einer betrieblichen Einigungsstelle im Verhältnis vom Einzel- zum Gesamtbetriebsrat betr. den Abschluß eines Sozialplanes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Begriff der „offensichtlichen” Unzuständigkeit i. S. von § 98 Abs. 1 ArbGG

2. In die Sachkompetenz des Gesamtbetriebsrates, § 50 Abs. 1 BetrVG fallen vornehmlich mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten im wirtschaftlichen Bereich, insbesondere der Abschluß von Sozialplänen für mehrere Betriebe des Unternehmens, die das ganze Unternehmen oder mehrere Betriebe des Unternehmens betreffen.

 

Normenkette

ArbGG §§ 98, 50 Abs. 1; BetrVG § 76 Abs. 2, § 112

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 24.03.1998; Aktenzeichen 41 BV 1864/98)

 

Tenor

Die befristete Beschwerde des Betriebsrats gegen den am 24. März 1998 verkündeten Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin – 41 BV 1864/98 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Nachdem der Vorstand der Deutschen Bahn AG am 4. Juli 1997 beschlossen hatte, im Geschäftsbereich B. bundesweit Bau- und Montageniederlassungen zu bilden, wurden zum 1. Januar 1998 sämtliche Betriebe der Niederlassungen Ingenieur- und Oberbau sowie Signal-, Telekom- und Elektrotechnik zu insgesamt sieben Bau- und Montageniederlassungen zusammengefaßt. In ihnen werden die Geschäftsaufgaben der bisherigen Niederlassungen weitergeführt und zu Komplettdienstleistungen für Fahrweganlagen weiterentwickelt.

Im Bereich der jetzigen Bau- und Montageniederlassung Ost (BNB-Ost) bestanden bis zum 31. Dezember 1997 zwei Niederlassungen mit insgesamt acht Wahlbetrieben und jeweils eigenen Betriebsräten. Die Niederlassung Signal-, Telekom- und Elektrotechnik (BSTE Berlin) bestand aus den Wahlbetrieben Berlin, Cottbus, Greifswald, Magdeburg und Schwerin. Zu der Niederlassung Ingenieurbau (BNI) gehörten die Wahlbetriebe Magdeburg, Prenzlau und die Oberbauleitung Berlin (OBL). Durch Tarifvertrag zur Zuordnung von Betriebsteilen und Nebenbetrieben (ZuordnungsTV DB AG) (Bl. 53 bis 57 d.A.) sowie einer diesen ergänzenden Regelungsabrede ist unter anderem bestimmt, daß unabhängig von der Bildung der neuen Bau- und Montageniederlassungen die gewählten Betriebsräte ihre Zuständigkeit bis zu den Neuwahlen behalten.

Am 26. September 1995 kam es zum Abschluß einer Gesamtbetriebsvereinbarung zum Umbau der Unternehmens- und Personalstrukturen in der DB AG (Bl. 92 bis 108 d.A.), in der es unter anderem heißt:

„…

§ 2 Verfahrensregelungen

  1. Die Regelungen dieser Vereinbarung begründen unmittelbare Rechtsansprüche der einzelnen Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer der DB AG sowie Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten und – soweit berührt – der sonstigen betrieblichen Interessenvertretungen.
  2. Die Regelungen dieser Vereinbarung werden für die einzelnen Geschäftsbereiche und die Zentralbereiche durch Regelungen zum Interessenausgleich ergänzt, die zwischen dem Vorstand der DB AG und dem Gesamtbetriebsrat kurzfristig ausgehandelt werden. Der Gesamtbetriebsrat ist berechtigt, die Verhandlungen auf Ausschüsse zu delegieren; im Falle der Einrichtung weiterer Gesamtbetriebsräte treten diese an die Stelle des Gesamtbetriebsrates und seiner Ausschüsse. Die ausgehandelten und vereinbarten Regelungen erhalten den Rang von Betriebsvereinbarungen und können nach dem Ermessen ihrer Vertragsparteien Ergänzungen und/oder Modifizierungen der Regelungen dieser Vereinbarung enthalten.
  3. Jede(r) im Gesamtprozeß der Umstrukturierung der Bahn einschließlich der Restrukturierung durch betrieblich veranlaßte personelle Maßnahmen bzw. durch eine Rationalisierungsmaßnahme gem. § 2 RSTV betroffene(r) Arbeitnehmerin/Arbeitnehmer hat Anspruch auf die Rechte aus dem dieser Vereinbarung als Anlage beigefügten Mustersozialplan. Dessen Regelungen sollen unter dem Vorbehalt spezifischer örtlicher Verhältnisse die erkennbaren typischen Nachteilsausgleichsnotwendigkeiten erfassen. Die DB AG verpflichtet sich, die Bestimmungen des Mustersozialplans zugunsten der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers unmittelbar anzuwenden, es sei denn, der Betriebsrat fordert auf der Grundlage von § 111 BetrVG örtlich abweichende Interessenausgleiche und/oder Sozialpläne. In diesem Fall gelten die materiellen Regelungen des Mustersozialplans nicht.

…”

Im Zusammenhang mit der Bildung der BNB-Ost unterzeichneten die Geschäftsführung des Geschäftsbereiches B. und der Gesamtbetriebsrat am 18. Dezember 1997 einen Teil-Interessenausgleich (TIA) zur Vermeidung und Milderung von sozialen Härten und wirtschaftlichen Nachteilen der von den durchzuführenden Rationalisierungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen betroffenen Beschäftigten (Bl. 89 bis 91 sowie 5 bis 9 d.A.).

Antragsteller und Beteiligter zu 1) ist der bestehende Betriebsrat für den Wahlbetrieb OBL Berlin der aufgelösten Niederlassung BNI Berlin. Nachdem die Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2) dem Betriebsrat im Oktober 1997 Projektunterlagen für die neu zu bildende BNB-Ost übergeben hatte, forderte der Betriebsrat mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 2...

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