Entscheidungsstichwort (Thema)

Informationspflichten von Betriebsratsmitgliedern im Rahmen von § 37 Abs. 2 BetrVG. Mitbestimmungsrecht für Umfang und Verfahren der Information

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es bleibt offen, wie eine aus § 37 Abs. 2 BetrVG abgeleitete Informationspflicht der Betriebsratsmitglieder bei einzelnen Fällen der Befreiung von der Arbeitspflicht dem Umfange nach zu bestimmen wäre; es erscheint jedenfalls fraglich, ob die Betriebsratsmitglieder insoweit schriftliche Aufzeichnungen über jeden konkreten Befreiungsfall führen müssen.

2. Umfang und Verfahren der Information im Rahmen von § 37 – Abs. 2 BetrVG unterliegen dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.

 

Normenkette

BetrVG § 37 Abs. 2, § 87 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 13.07.1987; Aktenzeichen 19 BV 3/87)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 14.02.1990; Aktenzeichen 7 ABR 13/88)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Betriebsrates wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 13.07.1987 – 19 BV 3/87 – aufgehoben:

Es wird festgestellt, daß die Betriebsratsmitglieder nicht verpflichtet sind, die für die Betriebsratstätigkeit aufgewendeten Zeiten in jedem Einzelfall in einem Zeiterfassungsbogen oder in vergleichbarer Weise schriftlich aufzuführen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Betriebsratsmitglieder verpflichtet sind, die für die Betriebsratstätigkeit aufgewendeten Zeiten in jedem Einzelfall in einem Zeiterfassungsbogen oder in vergleichbarer Weise schriftlich aufzuführen. Diesem Streit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Aufgrund einer im Juni 1985 abgeschlossenen Betriebsvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit (vgl. Kopie Bl. 9 ff. d.A.) müssen die im Betrieb der Antragsgegnerin beschäftigten Arbeitnehmer einen Zeiterfassungsbogen führen, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (vgl. Bl. 19 d.A.).

Mit einem an sämtliche Betriebsratsmitglieder gerichteten gleichlautenden Schreiben vom 24. April 1987 (vgl. Bl. 8 d.A.) hat die Antragsgegnerin verlangt, daß das jeweilige Betriebsratsmitglied in der Spalte 7 des Zeiterfassungsbogens seinen Zeitaufwand für die Betriebsratstätigkeit in jedem Einzelfall angibt und dies mit einem auf den gleichen Tag datierten Schreiben an den Antragsteller (vgl. Bl. 6 d.A.) näher begründet.

Der Antragsteller hat auf die jahrelange Übung verwiesen, wonach Betriebsratsmitglieder, die Betriebsratstätigkeiten wahrnehmen, sich vor dem Verlassen ihres Arbeitsplatzes beim zuständigen Abteilungsleiter abmelden, und in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten, darüber hinaus treffe die Betriebsratsmitglieder keine weitere Aufzeichnungspflicht. In jedem Falle könnten entsprechende Anordnungen über derartige Aufzeichnungen nur mit seiner – des Betriebsrats – Zustimmung getroffen werden.

Der Betriebsrat hat seine Bereitschaft erklärt, der Antragsgegnerin monatlich sämtliche durch die Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeiten aufgewendeten Zeiten ohne Bezug zu den einzelnen Betriebsratsmitgliedern aufzulisten.

Der Antragsteller hat beantragt

festzustellen, daß die Betriebsratsmitglieder nicht verpflichtet sind, die für die Betriebsratstätigkeit aufgewendeten Zeiten in jedem Einzelfall in einem Zeiterfassungsbogen aufzuführen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Mit einem Beschluß vom 13. Juli 1987 hat das Arbeitsgericht Berlin den Antrag zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Gegen diesen dem Antragsteller am 22. Juli 1987 zugestellten Beschluß hat er mit einem am 18. August 1987 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit einem am 18. September 1987 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Antragsteller tritt dem angefochtenen Beschluß mit Rechtsausführungen entgegen.

Zuletzt haben beide Beteiligten erklärt, es gehe ihnen nicht allein um die Frage, ob die durch Betriebsratstätigkeit veranlaßte Befreiung von der Arbeitspflicht der einzelnen Betriebsratsmitglieder speziell in dem durch die Gleitzeitvereinbarung eingeführten Zeiterfassungsbogen aufgeführt werden müsse, sondern generell darum, ob schriftliche Informationen in der vom Arbeitgeber verlangten Weise erteilt werden müßten.

Der Antragsteller beantragt,

den angefochtenen Beschluß aufzuheben und festzustellen, daß die Betriebsratsmitglieder nicht verpflichtet sind, die für die Betriebsratstätigkeit aufgewendeten Zeiten in jedem Einzelfall in einem Zeiterfassungsbogen oder in vergleichbarer Weise schriftlich aufzuführen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß auch der konkretisierte reststellungsantrag zurückgewiesen wird.

Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde mit Rechtsausführungen entgegen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde, die formgerecht im Sinne von § 89 Abs. 1, 2 ArbGG und fristgemäß im Sinne von §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt...

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