Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 20.04.2000; Aktenzeichen 97 Ca 74690/99)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. April 2000 – 97 Ca 74690/99 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 6.449,21 DM festgesetzt

 

Gründe

Der Kläger ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (im folgenden: ZVK). Er ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Er nimmt die Beklagte nach Maßgabe der für allgemeinverbindlich erklärten Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes auf Zahlung der tariflichen Beiträge für die gewerblichen Arbeitnehmer für den Zeitraum von Juni bis Dezember 1998 in Höhe von 6.449,21 DM in Anspruch. Die Beklagte war in dem betreffenden Zeitraum Inhaberin eines dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) Baugewerbebetriebes. Sie wendet sich gegen den geltend gemachten Anspruch in dem vorliegenden Rechtsstreit mit der Begründung, die Voraussetzungen für eine Allgemeinverbindlicherklärung des betreffenden Tarifvertrages lägen nach § 5 Abs. 1 TVG offensichtlich nicht vor, da die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht mindestens 50 % der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen würden, und begehrte die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe.

Das Arbeitsgericht Berlin hat den Antrag der Beklagten auf Prozeßkostenhilfe durch Beschluß vom 20. April 2000 zurückgewiesen, da die Rechtsverteidigung in Anbetracht der umfangreichen und gefestigten Rechtsprechungen zu den Einwendungen der Beklagten derzeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der am 8. Mai 2000 beim Arbeitsgericht eingereichten Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

Die gemäß den §§ 127 Abs. 2, 567, 569 ZPO statthafte und zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die von der Beklagten gegen den Zahlungsanspruch des Klägers vorgebrachten Einwendungen sind nicht als erfolgversprechend anzusehen und erscheinen mutwillig.

Der Baugewerbebetrieb der Beklagten wurde aufgrund der Allgemeinverbindlichkeitserklärung gemäß § 5 TVG von dem VTV in dem betreffenden Zeitraum erfaßt. Daran kann unter den vorliegenden Umständen kein Zweifel bestehen. Auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. u.a. BAG, Urteil vom 11.6.1997 – 10 AZR 525/96 – DB 1997, 2388; BAG, Urteil vom 11.3.1998 – 10 AZR 220/97 – NZA 1998, 949; BAG, Urteil vom 22.7.1998 – 10 AZR 204/97 –; BAG, Urteil vom 8.8.1998 – 10 AZR 274/97 – DB 1999, 386; BAG, Urteil vom 7.7.1999 – 10 AZR 582/98 –; BAG, Urteil vom 9.11.1999 – 3 AZR 690/98 – bisher n.v.) kann verwiesen werden. Bedenken gegen die Allgemeinverbindlicherklärung des VTV bestehen nicht. Sie ist mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerfG, Beschluß vom 15.7.1980 – 1 BvR 24/74 und 1 BvR 439/79 – AP Nr. 17 zu § 5 TVG).

Die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen ist im Verhältnis zu den ohne sie nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein Rechtssetzungsakt eigener Art zwischen autonomer Regelung und staatlicher Rechtssetzung, der seine eigenständige Grundlage in Art. 9 Abs. 3 GG findet. Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt entschieden, dass § 5 Abs. 1 TVG, auf den die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifnormen beruht, mit dem Grundgesetz vereinbar ist und der Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 Nr. 1 TVG die Voraussetzungen für die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend deutlich bestimmt hat und die Vorschrift verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei (BVerfG, Beschluß vom 15.7.1980, a.a.O.; BAG, Urteil vom 28.3.1990 – 4 AZR 536/89 – AP Nr. 25 zu § 5 TVG, m.w.N.).

Die Voraussetzung der Wirksamkeit und Umfang der aus dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag erwachsenden Rechte und Pflichten sind nur inzidenter – bezogen auf die maßgebliche Tarifnorm – im arbeitsgerichtlichen Verfahren überprüfbar. Dabei hat das Arbeitsgericht die allgemeinverbindlich erklärten Tarifnormen in jedem Verfahren von Amts wegen auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht ebenso zu überprüfen wie alle anderen Rechtsnormen im Range unterhalb des Gesetzesrechts (BAG, AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Gerüstbau; Wank, in: Wiedemann, TVG, 6. Aufl., § 5 Rdnr. 177; Kemper/Zachert, TVG, 3. Aufl., § 5 Rdnr. 35). Die Voraussetzungen der Allgemeinverbindlicherklärung sind jedoch nicht automatisch gerichtlich zu überprüfen, sondern nur dann, wenn die Parteien begründete Zweifel an ihrer formellen bzw. mat...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge