Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur fristlosen Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes wegen Fehlens eines wichtigen Grundes

 

Normenkette

BetrVG § 103 II

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 08.08.2000; Aktenzeichen 25 BV 13247/00)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den am 8. 8. 2000 verkündeten Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin – 25 BV 13247/00 – wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligte zu 1), die Arbeitgeberin, betreibt ein Geld- und Werttransportunternehmen. In Berlin wird auch die Geldbearbeitung durchgeführt. Der Beteiligte zu 2) ist der bei der Beteiligten zu 1) gebildete Betriebsrat. Die Beteiligte zu 3), die seit dem 01.07.1993 bei der Beteiligten zu 1) als Geldbearbeiterin beschäftigt ist, ist Ersatzmitglied des Betriebsrats und hat in dieser Eigenschaft unter anderem an Betriebsratssitzungen am 20.11.1999 und im Februar 2000 teilgenommen, nicht jedoch an einer Betriebsratssitzung am 13.04. oder 14.04.2000.

Mit ihrem am 09.05.2000 beim Arbeitsgericht anhängig gemachten Antrag im vorliegenden Beschlußverfahren hat die Beteiligte zu 1) die Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 3) und hilfsweise den Ausschluß der Beteiligten zu 3) von ihrer Betriebsratstätigkeit verlangt.

Zur Begründung beider Anträge hat die Beteiligte zu 1) vorgetragen:

Die Beteiligte zu 3) habe gemeinschaftlich mit weiteren Betriebsratsmitgliedern zum 17.04.2000, 7 Uhr morgens eine große Anzahl von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu einem wilden Streik und der Besetzung des Betriebes in der Fr. Allee in Berlin-L. aufgefordert. Der Betrieb sei in der Art und Weise „besetzt” worden, daß die beiden hauptsächlichen Einfahrten und eine weitere Einfahrt in das umzäunte Betriebsgelände versperrt worden seien. Dadurch sei verhindert worden, daß ihre, der Beteiligten zu 1), Fahrzeuge das Betriebsgelände verlassen und daß Fahrzeuge anderer, für sie im Lohnauftrag tätiger Firmen auf das Gelände gelangen konnten. Im Zusammenhang mit und als Folge dieser Aktion, die die Beteiligte zu 3) verantwortlich geführt habe, habe ihr, der Beteiligten zu 1), Ansehen auf das äußerste gelitten und außerdem seien die danach erfolgten Kündigungen von Aufträgen wesentlich darauf zurückzuführen. Sie, die Beteiligte zu 1), habe erst wenige Tage vor dem Schriftsatz vom 04.07.2000 erfahren, daß es am 14.04.2000 eine Betriebsratssitzung gegeben habe, in der mit fünf gegen zwei Stimmen beschlossen worden sei, unter Einbeziehung der ÖTV am 17.04.2000 eine „Aktion” durchzuführen und den Betrieb morgens lahm zu legen.

Darüber hinaus habe die Beteiligte zu 3) zusammen mit dem Betriebsratsvorsitzenden Herrn K., zwei weiteren Betriebsratsmitgliedern und etwa 30 anderen Beschäftigten am 08.05.2000 die Räumlichkeiten der AWK A.O.- und V.-GmbH in der G. Str. … in Berlin-P. B. aufgesucht und dort die ultimative Forderung aufgestellt, daß der dort unter anderem für ihre, der G., Gehaltsabrechnungen zuständige leitende Mitarbeiter Herr W. bis Mittwoch, den 12.05.2000, 12 Uhr, die fehlende Differenz zwischen angeblich zu bezahlenden 216 Stunden und 184 Stunden nachzuzahlen habe. Vom Betriebsrat sei dabei geäußert worden, daß, falls diese Forderung nicht erfüllt werden würde, „die Luft brennen würde”. Die Beteiligte zu 3) sei auch anwesend gewesen, als der Betriebsratsvorsitzende geäußert habe, man werde alles unternehmen, „damit M. in Berlin keinen Fuß mehr auf den Boden kriegen werde”. Aus dem Kreis der Betriebsratsmitglieder sei Herr W. als „Handlanger” und „Knecht” bezeichnet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten zu 1) und wegen des Vorbringens der Beteiligten zu 2) und 3) in der ersten Instanz sowie wegen der dort von ihnen gestellten Anträge wird auf Teil I. der Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat durch am 08.08.2000 verkündeten Beschluß die Anträge zurückgewiesen. Wegen der Begründung wird auf Teil II. der Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Der Beschluß ist den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) am 15.09.2000 zugestellt worden. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist am 11.10.2000, die Beschwerdebegründung ist – nach Fristverlängerung bis zum 20.11.2000 – am 20.11.2000 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen.

Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt die Beteiligte zu 1) vor:

Am 15.07.1998 und am 10.08.1998 habe der Betriebsrat – in derselben Besetzung – sie, die Beteiligte zu 1), als Tarifaußenseiterin durch Warnstreiks zum Abschluß eines Tarifvertrages zwingen wollen. Der dann am 28.08.1998 mit der ÖTV vereinbarte Tarifvertrag habe zu monatlichen Gehaltssteigerungen der Mitarbeiter von bis zu 30 % brutto geführt. Diesen Tarifvertrag habe die ÖTV zum 31.12.1999 gekündigt. Im Januar 2000 sei es zu erheblichen Auftragskündigungen gekommen. Als begleitende Maßnahme in bis zu 20 Stunden dauernden Sitzungen habe der Betriebsrat de...

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