Entscheidungsstichwort (Thema)

Stoffbeschränkung

 

Leitsatz (amtlich)

Im Verfahren über eine nachträgliche Klagezulassung wird nicht mit Bindungswirkung für das Verfahren zur Hauptsache darüber entschieden, ob eine vorsorglich mit einem Kündigungsschutzantrag angegriffene Kündigung überhaupt ausgesprochen worden ist, weshalb es darüber in der Beschwerdeinstanz keiner weiteren Beweisaufnahme bedarf.

 

Normenkette

KSchG § 5

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 24.06.2004; Aktenzeichen 49 Ca 29530/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. Juni 2004 – 49 Ca 29530/03 und 7402/04 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Das Arbeitsgericht Berlin hat nach Beweisaufnahme über den Zugangszeitpunkt eines Kündigungsschreibens der Beklagten vom 15. Oktober 2003 den vom Kläger im Rahmen seiner am 13. November 2003 eingereichten allgemeinen Feststellungsklage vorsorglich gestellten „Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage” zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Vernehmung eines von der Beklagten als Boten eingesetzten Angestellten habe seine Überzeugung begründet, dass dem Kläger das Kündigungsschreiben durch Einwurf in den Hausbriefkasten des von ihm bewohnten Hauses in Br. a.d.H. am 15. Oktober 2003 zugegangen sei. Da der Inhaber eines Hausbriefkastens dafür Vorsorge treffen müsse, dass die für ihn bestimmten und dort eingeworfenen Brief auch zu seiner Kenntnis gelangten, könne ein Arbeitnehmer die nachträgliche Zulassung seiner Klage nicht allein mit der Begründung erreichen, das Kündigungsschreiben sei aus ungeklärten Gründen nicht zu seiner Kenntnis gelangt. Etwas anderes könne nur bei Vorliegen besonderer Umstände gelten, die der Kläger indessen nicht glaubhaft gemacht habe.

Gegen diesen ihm am 02. August 2004 zugestellten Beschluss richtet sich die am 11. August 2004 beim Landesarbeitsgericht eingelegte und zugleich begründete sofortige Beschwerde des Klägers. Er tritt der Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts im Einzelnen entgegen, bestreitet nunmehr auch, dass sich in dem angeblich von einem Boten überbrachten Kuvert eine formgerechte Kündigungserklärung befunden habe, und meint, das Arbeitsgericht habe keine Pflichtwidrigkeit seinerseits festgestellt. Es sei zwar möglich gewesen, dass sich ein Kuvert zwischen zwei mittwochs erscheinenden Anzeigenzeitungen versteckt habe, was er aber nicht wisse.

Die Beklagte behauptet, dass ihrem Boten am 15. Oktober 2003 ein Kündigungsschreiben in einem Briefumschlag von einer Mitarbeiterin der Personalabteilung übergeben worden sei.

Durch Beschluss des Arbeitsgerichts P. vom 18. August 2004 – … – ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden. Mit Schreiben vom 22. September 2004 hat die Insolvenzverwalterin den Kläger ermächtigt, das Verfahren fortzuführen.

2. Der sofortigen Beschwerde des Klägers konnte kein Erfolg beschieden sein.

2.1 Über die gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Klägers, die fristgemäß und formgerecht eingelegt worden ist, konnte nach zwischenzeitlicher Unterbrechung des Verfahrens wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers gemäß § 240 Satz 1 ZPO entschieden werden, nachdem die Insolvenzverwalterin den Kläger zur Fortsetzung des Rechtsstreits in gewillkürter Prozessstandschaft ermächtigt hat.

Aufgrund der prozessualen Besonderheiten des Zulassungsverfahrens gemäß § 5 KSchG erschien es vertretbar, von der Einholung einer Abhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts nach § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 78 Satz 1 ArbGG ebenso abzusehen (dafür LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.08.2003 – 11 Ta 205/03 – zu II 1 der Gründe), wie aufgrund dessen durch § 574 Abs.1 Nr. 2 ZPO auch keine Rechtsbeschwerdeinstanz eröffnet sein soll (so BAG, Beschluss vom 20.08.2002 – 2 AZB 16/02 – BAGE 102, 213 = AP KSchG 1969 § 5 Nr. 14 zu B I 2 d und e der Gründe).

2.2 Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Es konnte nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger nach erfolgter Kündigung seines gemäß §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG unter Kündigungsschutz stehenden Arbeitsverhältnisses trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, seine Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben (§ 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG).

2.2.1 Für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde bedurfte es keiner weiteren Beweisaufnahme zur Frage, ob dem Kläger am 15. Oktober 2003 überhaupt eine schriftliche Kündigungserklärung der Beklagten zugegangen ist. Dies zu klären, muss vielmehr dem Hauptverfahren vorbehalten bleiben (a.A. LAG Hamm, Beschluss vom 07.11.1985 – 8 Ta 34/85 – AP KSchG 1969 § 5 Nr. 8 zu A Ii b der Gründe). Sollte sich dort der Zugang einer Kündigungserklärung nicht beweisen lassen, wird bereits dem allgemeinen Feststellungsantrag des Klägers zu entsprechen sein und wäre eine Klagefrist gemäß §§ 4 Satz 1, 13 Ab...

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