Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Sachbearbeiterin im Sozial- und Jugendamt

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Arbeitsvorgang „Heranziehung Unterhaltspflichtiger bis zur gerichtlichen Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen, die nach dem Unterhaltsvorschussgesetz auf den Bund übergegangen sind”, hebt sich durch das Merkmal „besonders verantwortungsvoll” aus der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a BAT heraus.

 

Normenkette

BAT §§ 22-23

 

Verfahrensgang

ArbG Lörrach (Urteil vom 04.03.2002; Aktenzeichen 3 Ca 446/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.05.2004; Aktenzeichen 4 AZR 371/03)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach, Kammern Radolfzell, Az. 3 Ca 446/01, vom 04.03.2002 abgeändert:

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin rückwirkend ab 01.01.2000 nach der Vergütungsgruppe IV b BAT zu bezahlen und die Differenz zwischen Vergütungsgruppe V b und IV b mit 5 % p. a. über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank ab dem 01.08.2000 zu verzinsen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a BAT.

Die am 21.03.1959 geborene, verheiratete Klägerin ist seit 01.05.1991 als Verwaltungsangestellte bei der beklagten Stadt tätig.

Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesangestelltentarifvertrag – VKA – kraft Organisationszugehörigkeit beider Parteien Anwendung.

Die Klägerin wird nach Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a seit 1996 vergütet. Sie hat mit Schreiben vom 19.07.2000 begehrt, Vergütung nach Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a zu erhalten (Abl. 7). Anlass war für die Klägerin, dass sie seit 01.01.2000 die Befugnis erhalten hat, die auf das Land übergegangenen Ansprüche aus Unterhaltsvorschusssachen selbstständig, gegebenenfalls auch vor Gericht, gegenüber den Schuldnern geltend zu machen. Eine gerichtliche Geltendmachung von übergegangenen Ansprüchen gegenüber Unterhaltspflichtigen im Klagewege und der Wahrnehmung entsprechender Gerichtstermine kommt jährlich zwei- bis dreimal seit 01.01.2000 vor. Die Klägerin wird bei der beklagten Stadtgemeinde im Sozial- und Jugendamt in der Abteilung … „wirtschaftliche Jugendhilfe/Unterhaltsvorschuss” beschäftigt.

Die Klägerin bearbeitet jährlich etwa 180 laufende Unterhaltsfälle und 210 bis 220 Rückersatzfälle, bei denen die Klägerin zu prüfen hat, ob Ansprüche auf Erstattung von Unterhalt bestehen und wie dieser durchgesetzt werden kann. Auf das Sachgebiet der Klägerin entfielen etwa Unterhaltsleistungen im Jahr 2000 in Höhe von 550.000 DM, von Unterhaltsverpflichteten hat die Klägerin über strittigen und nicht streitigen Rückgriff ca. 37 Prozent, mithin etwa 200.000 DM wieder für den Dienstherrn bzw. den Vorschussleister erlangen können.

Die seit 01.01.2000 geltende Stellenbeschreibung für die Klägerin hat auszugsweise folgenden Inhalt (wegen der Einzelheiten Bl. 14/16).

3

Heranziehung Unterhaltspflichtiger

3.1

Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen

3.1.1

Einholen von Auskünften und Unterlagen des Unterhaltspflichtigen bei Dritten (z. B. Arbeitgeber, Arbeitsamt, Krankenkassen, Kraftfahrtbundesamt)

3.1.2

Auswertung der vorgelegten Unterlagen (Einkommensnachweise, Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Steuerbescheide)

3.2

Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem unterhaltsvorschussberechtigten Kind errechnen unter Berücksichtigung von weiteren Verpflichtungen

3.2.1

3.2.2

gegenüber anderen gesteigert unterhaltsberechtigten Kindern und unter Beachtung eines evtl. Unterhaltsanspruchs des Ehegatten und festsetzen

3.3

Erstattungsansprüche gegenüber Leistungsträgern (Arbeitsamt, Krankenkasse, Rententräger, Finanzamt) geltend machen

3.4

Unterhaltstitel erwirken

3.4.1

Festsetzung des Unterhalts im vereinfachten Verfahren einleiten oder

3.4.2

Mahnbescheid/Vollstreckungsbescheid beantragen. Bei Widersprüchen/Einsprüchen Durchsetzung der Unterhaltsansprüche im Prozessverfahren vor dem Amtsgericht/Familiengericht

3.4.3

Anspruch gegen Unterhaltspflichtigen im Klagewege (Erstattungsklage) durchsetzen und Wahrnehmung der Gerichtstermine

3.4.4

Antrag/Klage auf Umschreibung von Vollstreckungsklauseln bei bestehenden Unterhaltstiteln stellen

3.5

Pfändungsmaßnahmen einleiten (z. B. Lohn-, Fahrnis-, Taschen- und Kontenpfändung)

3.5.1

Drittschuldnerklagen einreichen und Ansprüche vollstrecken

3.5.2

Richterliche Durchsuchungsanordnungen und Arrest beantragen

3.5.3

Anträge zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung/Haftbefehl beantragen

3.6

Strafverfahren wegen Verletzung der Unterhaltspflicht einleiten und Zeugentermine wahrnehmen

3.7

Auseinandersetzungen/Einigungsgespräche mit Schuldnern, Rechtsanwälten und Drittschuldnern führen.

60 %

Die Aufgaben/Tätigkeiten der Klägerin, wie sie sich aus dieser Beschreibung ergeben, sind dabei zwischen den Parteien nicht streitig. Streitig ist die Zusammenfassung dieser Tätigkeiten zu Arbeitsvorgängen und die tarifliche Wertun...

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