Entscheidungsstichwort (Thema)

zur Frage der Wirksamkeit einer Versetzung, wenn das neue Tätigkeitsgebiet nur noch einen Teilbereich des Anforderungsprofils der bisherigen Tätigkeit umfasst

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die vertraglich vorbehaltene Berechtigung des Arbeitgebers, einem leitenden Angestellten andere, seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechende Aufgaben zu übertragen oder ihn an einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz oder Tätigkeitsort zu versetzen, kann nicht losgelöst von dem ihm bei seiner Einstellung übertragenen Aufgabenkreis beurteilt werden.

2. Die Versetzung eines ehemals für das gesamte Ausland zuständigen Leiters des Fachbereichs „Rechtsfragen 3 Ausland” innerhalb der Direktion Recht, dem über nahezu ein Jahrzehnt bis zu zwölf Juristen nebst Sekretariatspersonal unterstanden, auf die Position „Leitung Rechtsfragen Vertrieb”, verantwortlich für bestimmte Märkte und einige Spezialaufgaben, aber ohne jegliche Personalverantwortung, ist auch im Rahmen von erheblichen Organisationsänderungen im Unternehmen nicht mehr durch den vertraglichen Vorbehalt gedeckt.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 242, 315 Abs. 3, § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 08.05.2001; Aktenzeichen 16 Ca 546/01)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 08.05.2001 – Az.: 16 Ca 546/01 – abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass die durch Schreiben der Beklagten vom 03.11.2000 angeordnete Versetzung des Klägers auf die Position „Leitung Rechtsfragen Vertrieb (verantwortlich für die Märkte China, Korea, Japan ≪Ostasien≫, verschiedene MPC's, öffentliches Auftragswesen und Exportkontrolle)” unwirksam ist.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer Versetzung des Klägers und die Verpflichtung der Beklagten, ihm eine Position entsprechend seinen alten Arbeitsbedingungen zu übertragen.

Der am 11.11.1939 geborene Kläger ist im Unternehmen der Beklagten seit 01.10.1990 in leitender Position tätig. Zuvor war er bereits von 1977 bis 1984 bei der Beklagten, die damals noch als D AG firmierte, als Mitarbeiter der Rechtsabteilung angestellt, bis ihm die Leitung der Rechtsabteilung eines pharmazeutischen Unternehmens angeboten wurde.

Im Arbeitsvertrag vom 09.08.1990 (Arbeitsgerichtsakte Blatt 8 – 10) sind die näheren Arbeitsbedingungen festgelegt. Darin heißt es unter anderem:

„2. Art der Tätigkeit

Der Mitarbeiter ist als Leiter des Fachbereichs ‚Rechtsfragen 3 Ausland’ innerhalb der Direktion Recht tätig.

Die Firma ist berechtigt, ihm auch andere, seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechende Aufgaben zu übertragen oder ihn an einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz oder Tätigkeitsort zu versetzen.”

Die Vergütung des Klägers belief sich auf zuletzt EUR 10.788,26 monatlich zuzüglich einer variablen Bruttovergütung von ca. EUR 51.119,19 pro Jahr.

Bei seiner Einstellung im Oktober 1990 war der Kläger unmittelbar dem Chefsyndikus, dem Gesamtleiter der Rechtsabteilung, unterstellt. Die Stelle gehörte zur Ebene der sogenannten „Fachbereiche”. Dem Kläger unterstanden anfangs 5, in der Folgezeit bis zu 12 Juristen mit entsprechendem Sekretariatspersonal. Ab 1999 verringerte sich die Anzahl auf 3 Juristen.

Neben den Fachbereichsleitern gab es in der Rechtsabteilung Abteilungsleiter und Referenten. Der Kläger trug den Titel „Abteilungsdirektor” bzw. Associate General Counsel”. Der Titel eines Abteilungsleiters lautete lediglich „Assistant General Counsel”. 1993 wurden die Titel „Fachbereichsleiter” und „Abteilungsdirektor” abgeschafft, die Besitzstände jedoch gewahrt. Es wurde ab diesem Zeitpunkt von „Ebenen” gesprochen. Der Chefsyndikus ist „Ebene 1”. Die ehemaligen Fachbereichsleiter sind „Ebene 2”. Zusätzlich gab es in Ebene 2 auch Mitarbeiter ohne Personalführungsfunktion, mit reiner Expertenfunktion. Zur Unterscheidung eines Mitarbeiters der Ebene 2 mit und eines solchen ohne Personalführungsfunktion fügte man bei ersteren „L”, bei letzteren ein „E” dazu. Der Kläger war somit „Ebene 2 L”. Ab 1998 wurde dieser Zusatz bei der Beklagten nicht mehr geführt. Die Unterscheidung zwischen Mitarbeitern mit und Mitarbeitern ohne Personalführungsfunktion findet nicht mehr statt.

Nach dem Zusammenschluss der D AG mit dem amerikanischen Automobilkonzern C. wurde die Zuständigkeit der Rechtsabteilungen in S. und A. umorganisiert. Im Zuge dieser Neuorganisation wurde dem Kläger mit Schreiben vom 03.11.2000 (Anlage K3, Arbeitsgerichtsakte Blatt 14) die Stelle „Distribution 1” (Rechtsfragen Vertrieb) übertragen. Er berichtet nun dem neuen Leiter des Bereichs Rechtsfragen Vertrieb, ist dessen Stellvertreter und hat keine Personalführungsfunktionen mehr. Er ist für die Märkte China, Korea und Japan zuständig sowie für die Niederlassungen F:, D., M. und L. Sein...

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